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LEBER/160: Alkoholische Hepatitis - Wenn die Leber "in Flammen" steht (Thieme)


Thieme Verlag / FZMedNews - Montag, 28. Oktober 2013

Alkoholische Hepatitis: Wenn die Leber "in Flammen" steht



Die allmähliche Vernarbung der Leber, die Zirrhose, ist nicht die einzige Folge eines langjährigen Alkoholmissbrauchs. Einige Patienten erkranken innerhalb kurzer Zeit an einer schweren Entzündung des zentralen Stoffwechselorgans, der alkoholischen Hepatitis. Ein Experte stellt in der Fachzeitschrift "DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift" (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2013) die Behandlungsmöglichkeiten vor.

Etwa ein Drittel aller Alkoholiker erkrankt an einer alkoholischen Hepatitis. Anders als die Hepatitis A, B oder C ist die Entzündung nicht Folge einer Virusinfektion. Verantwortlich sind laut Professor Helmut Seitz vom Salem Klinikum Heidelberg, das Alkoholkranke betreut, die Kupffer-Zellen. Es handelt sich um Abwehrzellen, die in der Leber das aus dem Darm eintreffende Blut auf Krankheitserreger hin prüfen. Bei einem Alkoholschaden sind die Kupffer-Zellen besonders gefordert. "Der Alkoholkonsum verändert die Besiedlung des Darms mit Bakterien und über eine Schädigung der Darmschleimhaut gelangen vermehrt Lipopolysaccharide ins Blut", so Professor Seitz. Lipopolysaccharide sind Bestandteile der Bakterienwände, auf die Kupffer-Zellen besonders heftig reagieren. Sie setzen dann vermehrt Botenstoffe frei, die andere Abwehrzellen alarmieren und eine schwere Entzündung der Leber auslösen. Die Folge ist häufig das Absterben, die sogenannte Nekrose, von Leberzellen.

Die Kenntnis der Botenstoffe und ihrer Rezeptoren könnte künftig neue Ansatzpunkte für die Therapie der alkoholischen Hepatitis bieten, hofft Professor Seitz, ein international renommierter Alkoholforscher. Erste Studien mit dem Antikörper Infliximab, der den Botenstoff TNF alpha, also den Tumornekrosefaktor, hemmt, verliefen allerdings enttäuschend. Andere Therapieansätze wie der Toll-like-Rezeptor 4, TLR-4, sind laut Professor Seitz noch nicht abschließend untersucht.

Häufig ist die Entzündung in der Leber so schwach, dass den Ärzten Zeit bleibt, den Zustand des Patienten zu stabilisieren. Die wichtigste Maßnahme ist ein Alkoholverbot. Außerdem versuchen die Ärzte, den Ernährungszustand ihres Patienten zu verbessern, notfalls über eine Magensonde. Zusätzlich werden die Alkoholkranken hochdosiert mit Medikamenten behandelt, die wie N-Acetylcystein den Leberschaden begrenzen oder wie Pentoxifyllin eine zusätzliche Schädigung der Nieren verhindern sollen.

Manchmal bleibt den Ärzten hierfür wenig Zeit. Die Entzündung der Leber kann so heftig sein, dass die Mehrheit der Patienten innerhalb eines Monats stirbt. In diesem Fall greifen die Mediziner zu einer Notmaßnahme. Die Patienten werden hochdosiert mit Kortison behandelt. Das Medikament kann die Entzündung im Körper effektiv unterdrücken, erhöht aber die Gefahr von schweren Infektionen. Die Therapie wird laut Professor Seitz nach wenigen Tagen wieder abgesetzt, wenn sie keine Wirkung zeigt. Wenn Kortison nicht hilft, könnte nur eine Lebertransplantation das Leben der Patienten retten. Auf die Warteliste für ein neues Organ werden Alkoholkranke erst aufgenommen, wenn sie sechs Monate lang abstinent sind. Für die meisten Patienten mit alkoholischer Hepatitis ist dies zu spät. In Studien wird deshalb untersucht, ob Alkoholkranke, soweit verfügbar, schon früher eine neue Leber erhalten können.


H. K. Seitz und F. Stickel:
Alkoholische Hepatitis
DMW Deutsche Medizinische Wochenschrift 2013; 138 (40); S. 2041-2044

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Quelle:
FZMedNews - Montag, 28. Oktober 2013
Georg Thieme Verlag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 31. Oktober 2013