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ALLERGIE/283: Allergien bei Kindern - Na, reizend! (welt der frau)


welt der frau 3/2011 - Die österreichische Frauenzeitschrift

Na, reizend!

Von Katrin Rupp


Immer mehr Kinder leiden unter allergischen Erkrankungen. Oft sind schon die Jüngsten betroffen, was aber nicht immer erkannt wird. Die Ausprägungsformen sind dabei sehr unterschiedlich. Was man im Fall des Falles tun kann und welchen präventiven Schutz es für Kinder gibt.


Eine gerötete, juckende Haut mit Schwellungen im Gesicht, eine rinnende Nase sowie Bauchschmerzen oder Durchfall - die Symptome von allergischen Reaktionen sind so vielfältig wie die einzelnen Erkrankungen selbst. Der Körper reagiert dabei überempfindlich auf den Kontakt mit einem an sich harmlosen Stoff, der ihm zu schaffen macht und den er zu bekämpfen versucht.

Das ist so weit normal und eine natürliche Abwehrreaktion. Beunruhigend ist jedoch, wie weit verbreitet Allergien heute sind. Denn in Österreich leidet bereits jedes vierte Kind an einer allergischen Erkrankung. Wobei die Anzahl der Fälle in den vergangenen zehn Jahren stark gestiegen ist. ExpertInnen sind davon überzeugt, dass das Plateau jetzt erreicht ist, d. h. mit einer weiteren Zunahme nicht gerechnet wird.


Angeboren & erworben

Der Grund, warum allergische Erkrankungen entstehen, ist nicht vollständig erforscht. Grundsätzlich hängt der Ausbruch einer Erkrankung von verschiedenen Faktoren ab. "Es gibt angeborene und erworbene Allergien", erklärt die Allergiespezialistin Dr.in Beatrix Tichatschek vom Allergie-Zentrum Wien West. "Während bei der ersten Gruppe eine Bereitschaft von Anfang an vorhanden ist, kann bei der zweiten Gruppe eine Allergie erst später entstehen. Beim ersten Kontakt ist davon oft nichts zu bemerken. In der Folge entwickeln sich allerdings Antikörper und erst beim zweiten Kontakt tritt eine allergische Reaktion auf."


Risikofaktoren

Ein Indiz für den Ausbruch einer Allergie liefert die Genetik - die Vererbung spielt also eine wichtige Rolle. Wenn ein Elternteil allergisch ist, besteht für das Kind eine 30-prozentige Wahrscheinlichkeit, ebenso eine Allergie zu entwickeln. Sind beide Elternteile betroffen, steigt das Risiko sogar auf mehr als 60 Prozent.

Auch der moderne Lebensstil, die Ernährung, weniger Infektionskrankheiten und veränderte Hygienestandards haben Einfluss auf die Entwicklung von Allergien. "Unser Immunsystem ist in den vergangenen 40 bis 50 Jahren zu wenig stimuliert worden. Dabei ist der natürliche Umgang mit Keimen ganz wichtig. Das stärkt unseren Organismus und hilft ihm, mit Infektionen zurechtzukommen", betont Prim. Univ.-Prof. Dr. Josef Riedler, Leiter der Abteilung Kinder- und Jugendheilkunde im Kardinal Schwarzenberg'schen Krankenhaus im Salzburger Schwarzach.


Altersfrage

Seiner Ansicht nach ist das heutige "zu hygienische System" oft schuld an den vermehrten allergischen Erkrankungen. Denn zu sterile Bedingungen stellen schwere Herausforderungen an das Immunsystem dar, das auf diese Weise geprägt und programmiert wird.

Gemessen an der Häufigkeit sind Heuschnupfen (15-20%), oft auch in Verbindung mit Asthma (10-15%), und Neurodermitis (5-7%) die wichtigsten Allergien bei Kindern. Nahrungsmittelallergien liegen bei einem bis drei Prozent. "Bei Säuglingen und kleinen Kindern handelt es sich vor allem um Kuhmilchallergien, durch die Umstellung von Muttermilch auf künstliche Milch. Meist sind das keine bleibenden Allergien, sie vergehen wieder mit dem achten oder neunten Lebensjahr", beobachtet Dr.in Tichatschek. "Von Allergien gegen Hausstaubmilben und Tierhaar sind dagegen oft Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr betroffen, weil sie nicht selten noch krabbelnd unterwegs sind und sich eher im Haus als draußen aufhalten. Im Kindergarten- und Volksschulalter wiederum kommen spezielle Pollenallergien dazu. Und Nahrungsmittelallergien nehmen zwar generell bei Kindern zu, eine ausgeprägte Form erreichen sie aber erst bei Jugendlichen und Erwachsenen."


Schutz & Abklärung

Und wie kann man nun Kinder schützen bzw. kann man eine Allergie überhaupt verhindern? "Es ist schwierig vorzubeugen. Einen guten Schutz bietet das Stillen bis zum vierten bis sechsten Lebensmonat. Ist das nicht möglich, sollte auf eine hypoallergene Babynahrung (Anm.: HA Nahrung) umgestellt werden", empfiehlt die mobile Kinderärztin Dr.in Petra Eisterhuber in Linz. Das bestätigt auch Prof. Riedler, der als Vorteil beim Stillen die gute Infektabwehr nennt. "Ein zweiter, wichtiger Aspekt ist die Vermeidung von Passivrauch. Denn der kann das Allergierisiko erhöhen und in weiterer Folge die Entwicklung von Asthma bronchiale begünstigen."

Bei Verdacht auf eine Allergie ist frühzeitiges Handeln gefragt, um eine chronische Erkrankung und weitere Allergien zu verhindern. "Wichtig ist, nicht selbst herumzudoktern, sondern einen Spezialisten aufzusuchen, etwa in einem Allergiezentrum oder in einer darauf spezialisierten Ambulanz", rät Dr.in Tichatschek. "Im Mittelpunkt stehen hier das klärende Gespräch und die Beratung durch den Experten oder die Expertin. Das nimmt nicht zuletzt oft unbegründete Ängste."


ALLERGIE ODER UNVERTRÄGLICHKEIT?

Nicht immer muss es sich um eine Allergie handeln. Oft kann auch eine Unverträglichkeit eines bestimmten Nahrungsmittels der Grund für Beschwerden sein. Die Unterschiede:

Nahrungsmittelallergie
Das Immunsystem arbeitet nicht ordnungsgemäß. Der wiederholte Verzehr eines Lebensmittels bewirkt eine allergische Reaktion mit Symptomen wie Schleimhautschwellungen, leichtes Asthma, Hautausschlag oder Juckreiz. Nur etwa 1-2% der Bevölkerung leiden darunter. Häufige Allergien: Erdnuss, Soja, Schalen-/Krebstiere (mitunter lebensbedrohlich), Eier.

Nahrungsmittelunverträglichkeit (Intoleranz)
Die Verdauungsprozesse laufen im Körper nicht störungsfrei ab bzw. die Spaltung der Nahrung in winzige Teilchen und der Abtransport. Beschwerden wie Müdigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, Blähungen, Bauchschmerzen, Verstopfung oder Durchfall sind die Folge. Ca. 50-80% der Bevölkerung sind betroffen. Häufige Intoleranzen: Fruktose (Fruchtzucker) 30%, Laktose (Milchzucker) 15%.


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Quelle:
welt der frau - Die österreichische Frauenzeitschrift,
März 2011, Seite 50-51
mit freundlicher Genehmigung der Redaktion und der Autorin
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juni 2011