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DEPRESSION/078: Wenn Frauen zu viel grübeln - Die Geschlechterfrage der Depression (idw)


Ruhr-Universität Bochum - 27.04.2009

Wenn Frauen zu viel grübeln
RUB-Psychologen bieten neue Behandlung an

Die Geschlechterfrage der Depression


Frauen leben mit dem doppelten Risiko, eine depressive Störung zu entwickeln: Jede fünfte Frau erkrankt einmal in ihrem Leben, dagegen nur jeder zehnte Mann. Grübeln erhöht das Risiko dafür und auch für einen Rückfall nach einer überwundenen Depression - und Frauen neigen eher zum Grübeln. In einer neuartigen Gruppentherapie an der Ruhr-Universität können Patientinnen und Patienten jetzt lernen, das Grübeln zu überwinden. Interessentinnen und Interessenten, die depressive Phasen erlebt haben und noch unter einer Restsymptomatik leiden, können sich unter Tel. 0234/32-22323 informieren und einen Termin für ein erstes Gespräch vereinbaren.

Die Gruppentherapie findet wöchentlich insgesamt elf Mal statt.



Hirnphysiologie und Erziehung lassen Frauen mehr grübeln

Warum mehr Frauen als Männer depressiv werden, beschäftigt Forscher schon lange. Eine relativ neue Antwort lautet: Frauen grübeln mehr als Männer. Biologische Gründe in der Hirnphysiologie, aber auch Ursachen in der Erziehung werden als Gründe dafür gesehen. Mädchen werden z. B. eher als Jungen darin bestärkt, sich mit negativen Gefühlen und Ereignissen auseinanderzusetzen und darüber zu sprechen. Möglicherweise gibt es für Frauen auch mehr Anlässe zum Grübeln; viele Forscher nehmen an, dass Frauen aufgrund von Doppelbelastungen und Rollenkonflikten zwischen Mutterschaft und Berufstätigkeit mehr Stress erleben als Männer.


Grübler drehen sich im Kreis

Anders als beim intensiven Nachdenken drehen sich Grübeleien meist im Kreis, wiederholen sich ständig, ohne eine Problemlösung zu erreichen. Grübelgedanken suchen eher nach Erklärungen als nach Lösungen und beschäftigen sich mehr mit der Vergangenheit als mit der Zukunft: Was ist bloß schiefgelaufen? Warum gerade ich? Warum hat mein Chef mich so komisch angesehen? Schließlich kann auch das Grübeln selbst zum Gegenstand des Grübelns werden: Warum kann ich nicht aufhören zu grübeln?


Selbst entscheiden, woran man denkt

Die neue Gruppenbehandlung an der Ruhr-Universität unterstützt Patienten darin, die grüblerische Auseinandersetzung mit sich selbst zu überwinden. Es geht darum, Möglichkeiten aufzuzeigen, die Aufmerksamkeit selbst zu lenken, selbst zu entscheiden, worauf man sich konzentrieren will. Außerdem werden positive Annahmen über das Grübeln bewusst gemacht und hinterfragt, etwa die Annahme, das Grübeln würde helfen, Probleme zu lösen. "Wir setzen uns im Gegensatz zu anderen Therapien mehr mit dem Prozess des Grübelns selbst auseinander als mit den Inhalten der Grübelei", erklärt Dipl.-Psych. Tobias Teismann, der die Behandlungsstudie gemeinsam mit Prof. Dr. Ulrike Willutzki leitet.


Depressionen

Mindestens vier Millionen Menschen in Deutschland leiden unter Depressionen, mindestens zwei Drittel davon sind Frauen. Betroffene sind über längere Zeit fast ständig niedergeschlagen, können kaum noch Freude oder Genuss erleben und ziehen sich oft von Familie und Freunden zurück. Grübeln, Selbstzweifel und Schuldgefühle gehören genauso zur Depression wie Appetitmangel, Schlafstörungen, Antriebsmangel und ein ständiges Gefühl von Erschöpfung und Müdigkeit.


Weitere Informationen:

Dipl.-Psych. Tobias Teismann
Zentrum für Psychotherapie der Ruhr-Universität
44780 Bochum
Tobias.Teismann@kli.psy.ruhr-uni-bochum.de

Redaktion: Meike Drießen

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution2


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Ruhr-Universität Bochum, Dr. Josef König, 27.04.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. April 2009