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EPIDEMIE/101: Unsichtbare Angreifer (2) - "Der Verunsicherung die Stirn bieten" (research*eu)


research*eu - Nr. 59, März 2009
Magazin des Europäischen Forschungsraums

"Der Verunsicherung die Stirn bieten"

Interview mit François d'Aubert geführt von Christine Rugemer


Im Nordosten von Paris liegt die Stadt der Wissenschaften, die "Cité des Sciences et de l'Industrie". Sie sieht sich selbst als ein allen offenstehendes Zentrum für die Verbreitung einer Wissenschaftskultur. Ganz aktuell auf der Tagesordnung steht ein ausführliches Programm zum Thema Gesundheit, das mit der außergewöhnlichen Ausstellung "Epidemik" beginnt, die, wie der Name verrät, den Epidemien gewidmet ist. Ein Gespräch mit François d'Aubert, Präsident der Cité.


Sie eröffnen eine große Ausstellung zum Thema Epidemien(1), ein Thema, das die Gemüter erregen könnte. Befürchten Sie nicht, bei Ihren Besuchern Bedenken hervorzurufen?

Wovor wir uns nicht fürchten, ist der Versuch, Antworten auf Fragen aus dem Bereich der Wissenschaft und der Forschung zu geben, die Laien sich stellen, und auch die dazugehörige soziale Dimension zu betrachten. Epidemien rufen Ängste hervor, denn sie können ganz plötzlich auftreten und sich sehr schnell verbreiten - und dies weltweit. Es handelt sich damit um ein reales Problem der Gesellschaft, das zur Globalisierung gehört. Dabei ist es ein Thema, das man sowohl wissenschaftlich als auch politisch beherrschen kann. Impfung - falls eine solche möglich ist -, Vorbeugung, Information, Verantwortung und das Verhalten des Einzelnen können die Folgen mildern.

Sie setzen stark auf Interaktivität, insbesondere mithilfe eines Spiels, das völlig neuartig und innovativ erscheint.

Wir haben uns vorgenommen, komplexe Begriffe durch eine einfache Kommunikationsform verständlich zu machen. Das Fundament der Ausstellung bildet die Interaktivität, was an und für sich keine Neuerung ist, aber sie wird auf sehr originelle Weise eingesetzt. Der Besucher kann durch die Bewegung seines eigenen Körpers mit anderen Besuchern interagieren. Dieses Spiel, das mithilfe wissenschaftlicher Berater entwickelt wurde, schlägt fünf Epidemieszenarien vor, die verschiedene Informationen über Ansteckungsgefahr, Schutzmaßnahmen und manchmal recht einfach durchzuführende Hygienemaßnahmen liefern, die bei unserem heutigen Lebensstil jedoch meist vergessen werden. Wir hoffen, dass die Besucher die Ausstellung mit einer klaren Vorstellung davon verlassen, was Epidemien sind, und wissen, wie sie reagieren und sich schützen können.

Soll diese Ausstellung auch anderswo gezeigt werden?

Viele europäische Wissenschaftszentren haben sich bereits für diese Arbeit interessiert. Wenn wir eine Veranstaltung dieser Größenordnung planen, achten wir von Anfang an darauf, dass sie ganz oder teilweise exportierbar ist. Wir veröffentlichen auch Teile des Inhalts im Internet, sodass interessierte Personen ihr Wissen leicht erweitern können. Außerdem wird das internationale Kolloquium Gesundheit und Globalisierung, das bei der Eröffnung von "Epidemik" organisiert wird, online zugänglich sein.

Die Cité befindet sich inmitten von Wohngebieten, die sich durch eine breite soziale und ethnische Vielfalt auszeichnen. Erreichen Sie auch die Anwohner?

Absolut. Die Cité ist eng mit ihrer nahen Umgebung verknüpft. Außer den Ausstellungen findet man dort auch verschiedene thematische Bereiche, die auf reelle gesellschaftliche Erwartungen eingehen sollen. Etwa die Stadt der Berufe, Cité des métiers genannt, in der man sich über berufliche Ausrichtungen informieren kann, die Zahlenkreuzung Carrefour numérique, ein Mittel im Kampf gegen die digitale Kluft, das den Zugang zu Computern und dem Internet fördern soll, oder auch die Stadt der Gesundheit, Cité de la Santé, mit Beratung und Information in unserem Sinn. Wir besitzen auch eine der größten wissenschaftlichen Bibliotheken Europas.

Unsere Rolle besteht darin, den Zugang zur Kultur der Wissenschaft und Technologie zu demokratisieren, indem wir versuchen, die Fragen der Bürger zu beantworten. Und wir sind nicht allein, das gesamte Netz europäischer Wissenschaftszentren Ecsite teilt diese Bestrebungen mit uns.

Wie bewerten Sie Ihre Arbeit?

Unser Besucherservice unternimmt regelmäßig Umfragen mit qualitativen Bewertungs - methoden. Wir bewerten vor allem das empfundene Vergnügen, wie das, was wir zeigen, beim Besucher ankommt, aber auch wie unsere Botschaften aufgenommen werden. Die wichtige Frage der Bewertung wird auch auf der Ebene der Koordinierung zwischen den europäischen Wissenschaftszentren diskutiert. Um einen Maßstab für die Nachverfolgung zu erhalten, würden wir gern ein Protokoll erstellen, das auch auf internationaler Ebene Anwendung finden könnte.

Interview geführt von Christine Rugemer


Anmerkung

(1) Siehe Wissenschaft griffbereit, Seite 40.


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Quelle:
research*eu - Nr. 59, März 2009, Seite 9
Magazin des Europäischen Forschungsraums
Copyright: Europäische Gemeinschaften, 2009
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GD Forschung der Europäischen Kommission
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research*eu erscheint zehn Mal im Jahr und wird auch
auf Englisch, Französisch und Spanisch herausgegeben.


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Juli 2009