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HERZ/476: Nachrichten vom Europäischen Kardiologenkongress in Stockholm (idw)


Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung - 29. und 30.08.2010

Pressemitteilung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zum Europäischen Kardiologenkongress in Stockholm


→  Deutsche Studie - Auch sehr alte Patienten profitieren von implantierbaren Defis
→  Neue Bio-Marker verbessern Voraussage des akuten Nierenschadens bei Herzschwäche-Patienten
→  Neue Studie aus Homburg/Saar
      EKG ermöglicht Prognoseabschätzung bei Patienten mit Verdacht auf Herzmuskelentzündung
→  Neue Studie aus Wien
      Blut-Harnstoff-Test verbessert Risikoabschätzung bei stabiler Herzschwäche
→  SHIFT-Studie - Weniger Herzschläge verringern bei Herzschwäche das Infarkt-Risiko
→  Brustschmerz-Studie - Neuer Marker schließt Herzinfarkt rasch aus und verringert Kosten
      für Notfallstation um 30 Prozent
→  Deutsche Studie - Auch alte Menschen mit chronischer Herzschwäche profitieren
      von körperlichem Ausdauertraining

Raute

Deutsche Studie: Auch sehr alte Patienten profitieren von implantierbaren Defis

Coburg, Stockholm, Sonntag, 29. August 2010 - Auch sehr alte Patienten mit schweren Herzproblemen profitieren von implantierbaren Cardioverter Defibrillatoren (ICD) und der kardialen Resynchronisationstherapie (CRT). Selbst Über-80-Jährige weisen während der Operation oder in der Nachbeobachtung keine signifikant höhere Komplikationsrate auf als jüngere Patienten mit einem solchen Implantat. Das zeigt eine Auswertung des 'Deutsche Aggregate Register', das die Patientencharakteristiken und Komplikationen während der Implantation und im Rahmen der Nachsorge in 68 deutschen Zentren erfasst. Eingeschlossen waren 3261 Patienten mit einem Durchschnittsalter von 68 Jahren. "Somit scheinen alle untersuchten Altersgruppen gleichermaßen von der ICD- und Resynchronisationstherapie zu profitieren", so Dr. Harald Rittger (II. Medizinische Klinik des Klinikums Coburg) auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC; 28. August bis 1. September) in Stockholm "Deshalb sollte älteren Patienten eine solche Therapie nicht alleine wegen des fortgeschrittenen Alters vorenthalten werden."

Der Einsatz von Implantierbaren Cardioverter Defibrillatoren (ICD) hat seit Jahren einen festen Stellenwert in der Prävention des plötzlichen Herztodes. Auch die kardiale Resynchronisationstherapie (CRT) hat sich als Therapie der Wahl bei Patienten mit Herzinsuffizienz, reduzierter linksventrikulärer Funktion und Erregungsausbreitungs-Störungen etabliert. "Der Nutzen einer solchen Therapie für ältere Patienten mit einem höheren Risiko für sowohl perioperative, als auch für im Rahmen der Nachsorge auftretende Komplikationen wurde allerdings bislang nicht hinreichend untersucht", so Dr. Rittger.


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Neue Bio-Marker verbessern Voraussage des akuten Nierenschadens bei Herzschwäche-Patienten

Münster, Stockholm, Sonntag, 29. August 2010 - "Aufgrund aktueller Daten muss angenommen werden, dass neue Biomarker die Voraussage des akuten Nierenschadens bei Herzinsuffizienz (HI)-Patienten deutlich verbessern können", so Professor Dr. Günter Breithardt (Münster) auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC; 28. August bis 1. September) in Stockholm. Die enge Wechselwirkung zwischen Herz- und Nierenfunktion gewinnt zunehmend an Bedeutung. Prof. Breithardt: "Es ist heute zum Beispiel nachgewiesen, dass HI-Patienten, die bei Eintritt ins Krankenhaus eine eingeschränkte Nierenfunktion aufweisen, ein signifikant erhöhtes Sterblichkeits-Risiko aufweisen. Darüber hinaus ist der akute Nierenschaden eine häufige Komplikation in der Behandlung der akuten HI. Ungefähr 20 bis 40 Prozent aller Patienten, die aufgrund einer akuten HI hospitalisiert werden, erleiden im Krankenhaus einen akuten Nierenschaden. Dieser geht mit einem signifikant erhöhten Krankenhausaufenthalt, Behandlungskosten und Sterblichkeit einher."

Hoffnungsträger Neutrophil gelatinase-associated lipocalin (NGAL) und Neopterin Renale Biomarker gewinnen deshalb an Bedeutung, weil sie die Voraussage des akuten Nierenschadens vereinfachen könnten. Die Arbeitsgruppe um Prof. Breithardt hat den Nutzen des Bio-Markers Neutrophil gelatinase-associated lipocalin (NGAL) bei 87 Patienten mit akuter HI untersucht. Alle Patienten klagten über Atemnot (NYHA III/IV), zeigten radiologische Zeichen einer akuten HI und hatten einen BNP-Wert über 500pg/ml. NGAL-Werte wurden bei Eintritt und danach sechsstündlich bis 48 Stunden nach Eintritt, Kreatinin-Werte täglich bis Tag 3 abgenommen. Insgesamt erlitten 20 Prozent der Patienten einen Nierenschaden während der ersten drei Tage. Diese Patienten waren signifikant häufiger Diabetiker und litten unter einer chronischen Niereninsuffizienz. Dennoch konnten andere Parameter (Eintritts-Kreatinin, GFR-Werte, GFR-Klassen oder Eintritts-NGAL-Werte) das Auftreten eines Nierenschadens voraussagen. "Bei Berücksichtigung der seriellen NGAL-Messungen zeigte sich jedoch, dass die NGAL-Werte 12 Stunden vor dem definierendem Kreatinin-Anstieg deutlich zunahmen", so Prof. Breithardt. "Diese Werte waren in der Lage, das Auftreten eines Nierenschadens signifikant vorauszusagen."

In einer ähnlichen Studie mit 330 Atemnot-Patienten (2/3 HI-Patienten) sagte die Einmalmessung von Neopterin, einem weiteren vielversprechenden Biomarker, ebenfalls das Auftreten eines akuten Nierenschadens voraus. "Erneut war die Voraussage des neuen Biomarkers gängigen Nierenparametern überlegen", so Prof Breithardt. Der genaue zeitliche Vorsprung durch die neuen Biomarker und der Erfolg einer Biomarker-geleiteten Therapie zur Vermeidung des Nierenschadens "sind Fragen aktuell laufender Studien, die mit Spannung erwartet werden."


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Neue Studie aus Homburg/Saar: EKG ermöglicht Prognoseabschätzung bei Patienten mit Verdacht auf Herzmuskelentzündung

Homburg/Saar, Stockholm, Sonntag, 29. August 2010 - Bestimmte Ergebnisse eines Elektrokardiogramms (EKG) ermöglichen bei Patienten mit Verdacht auf Herzmuskelentzündung ('Myokarditis') eine Prognose des Krankheitsverlaufes: Bei Patienten mit Verdacht auf Myokarditis und verlängerter QRS tritt signifikant häufiger der Herztod ein oder muss eine Herztransplantation vorgenommen werden. Der QRS-Komplex ist ein Kurvenbestandteil des EKG, der den Erregungszustand im Herzmuskel des Herzens wiedergibt. "Eine Verlängerung des QRS-Intervalls ist ein unabhängiger Hinweis ('Prädiktor') für kardialen Tod oder Herztransplantation bei Patienten mit Verdacht auf Myokarditis", so Prof. Dr. Michael Böhm, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (Klinik für Innere Medizin III, Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar). Diese Studienergebnisse wurden auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC; 28. August bis 1. September) in Stockholm vorgestellt.

Zur Überprüfung der Diagnose wurden die insgesamt 201 Studienteilnehmer einer Gewebeuntersuchung ('Biopsie') des Herzmuskels unterzogen und im Durchschnitt 55 Monate nachbeobachtet. Prof. Böhm: "Zeichen einer myokardialen Ischämie, die häufig bei Myokarditis beobachtet werden, hatten in der vorliegenden Studie keine prognostische Wertigkeit." Bei einer myokardialen Ischämie wird der Sauerstoffbedarf des Herzmuskels durch die aktuelle Sauerstoffzufuhr nicht ausreichend gedeckt. Das EKG Kriterium könnte also in die Liste der Dringlichkeitsparamter für eine Herztransplantation aufgenommen werden.

Die Studienergebnisse im Detail: Die durchschnittliche Dauer des QRS-Intervalls lag bei 90,3 Millisekunden (ms). Insgesamt wiesen 158 Patienten eine normale QRS-Dauer (<120 ms) und 21 Patienten ein verlängertes QRS-Intervall (-120 ms) auf. Während des Beobachtungszeitraums erreichten 43% der Patienten mit verlängerter QRS-Dauer verglichen mit 16% der Patienten mit normaler QRS-Dauer den primären Endpunkt (Herztod oder Herztransplannation). Eine Verlängerung des QTc-Intervalls -440ms sowie eine ventrikuläre Extrasystolie waren signifikante Prädiktoren des primären Endpunkts. Weder Zeichen einer myokardialen Ischämie (Q-Zacken und T-Inversionen), noch die PQ-Dauer oder atriale Arrhythmien hatten eine prognostische Bedeutung hinsichtlich des Auftretens eines kardialen Todes oder einer Herztransplantation.


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Neue Studie aus Wien: Blut-Harnstoff-Test verbessert Risikoabschätzung bei stabiler Herzschwäche

Wien, Stockholm/ Montag 30. August 2010 - Bei Patienten mit stabiler Herzschwäche (Herzinsuffizienz, HI) ist Blut-Harnstoff (blood-urea nitrogen, BUN), ein alt bekannter und universell und rasch verfügbarer Nierenfunktionswert, als starker und unabhängiger Parameter zur Risikoabschätzung der Sterblichkeit und erneuten Einweisung in ein Krankenhaus (Re-Hospitalisierung) geeignet. Das ist das Ergebnis einer auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC, 28. August bis 1. September in Stockholm) vorgestellten Studie aus Österreich mit 184 teilnehmenden HI-Patienten, die über 914 Tage nachbeobachtet worden waren.

Das Überleben von Patienten mit Herzinsuffizienz ist eng mit deren Nierenfunktion verbunden. Ein Wiener Forscherteam um Univ.-Prof. Dr. Kurt Huber (3. Med. Abteilung mit Kardiologie und internistischer Notaufnahme, Wilhelminenspital, Wien) wollte herausfinden, ob BUN-Erhöhungen zusätzlich zu etablierten Markern für abgestorbenes Herzmuskelgewebe (TroponinT, cTnT) und hämodynamische Überlastung zum Beispiel bei arterieller Hypertonie oder Herzklappenfehlern (N-terminales B-Typ natriuretische Peptid, Nt-proBNP) für eine bessere Risikoabschätzung bei stabilen HI-Patienten herangezogen werden können. Fazit: "Selbst zusätzlich zu den bekannten Risikoprädiktoren Nt-proBNP und cTnT trägt Blut-Harnstoff zu einer besseren Risikoeinschätzung bei Patienten mit chronisch stabiler HI bei", so Prof. Huber.

Die Ergebnisse im Detail

Die Ergebnisse im Detail: Während der 'Follow-Up'-Periode traten 112 Ereignisse (60,9 Prozent) auf, 39 Patienten verstarben und bei 73 Patienten kam es zur Re-Hospitalisierung bedingt durch Herzinsuffizienz. Patienten mit einem klinischen Endpunktereignis hatten signifikant höhere Plasma-Konzentrationen von Nt-proBNP, cTnT, BUN sowie Krea und eine signifikant reduzierte eGFR. Mittels ROC Analyse errechnete sich für BUN eine Fläche unter der Kurve von 0,704 hinsichtlich der Vorhersage des kombinierten Endpunktes. Dieser Wert war signifikant besser als der des Serum-Krea oder der eGFR. In einer multivariablen Regressionsanalyse, korrigiert für Alter, Geschlecht, Nt-proBNP und cTnT, zeigte sich, dass nur ein erhöhtes BUN signifikant mit den klinischen Endpunktereignissen assoziiert war, während das für erhöhtes Krea oder bei niedrigem eGFR nicht der Fall war.

Darüber hinaus war ein erhöhter BUN-Wert auch bei Patienten mit einer normalen eGFR (>60ml/min/1.73m²) mit klinischen Endpunktereignissen korreliert. Für die Kombination aus Nt-proBNP und BUN zeigte sich im Speziellen bei Patienten mit relativ niederen Nt-proBNP Werten (-1759pg/ml), dass sich das Risiko für Re-Hospitalisierungen und Tod ab einem BUN-Wert von >33mg/dl deutlich erhöht. Aber auch bei Patienten mit höheren Nt-proBNP Werten (>1759pg/ml) war ein erhöhtes BUN mit einem markant schlechteren klinischem 'Outcome' assoziiert.


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SHIFT-Studie: Weniger Herzschläge verringern bei Herzschwäche das Infarkt-Risiko

Saarland, Stockholm/ Montag, 30. August 2010 - Der Wirkstoff Ivabradin reduziert die Herzfrequenz (HF; = Anzahl der Herzschläge) und verringert damit signifikant die gefährlichen Folgen einer Herzinsuffizienz (HI, Herzschwäche). Prof. Michel Komajda (Pitié Salpetri're hospital, Paris), Leiter der SHIFT Studie: "Die Ergebnisse zeigten, dass Ivabradin die Zahl der Herz-Kreislauf-Sterblichkeit (primärer Endpunkt der Studie) um 18 Prozent verringerte. Ivabradin war auch assoziiert mit einer 26-prozentigen Verringerung von HI-bedingten Ereignissen, die zu Krankenhaus-Einweisungen ('Hospitalisation') oder Tod führten."

Ivabradin blockiert selektiv den so genannten Funny-Kanal (If) in den Schrittmacherzellen des Sinusknotens des Herzens und senkt dadurch selektiv die Herzfrequenz, ohne dass es zu unerwünschten kardialen Nebeneffekten kommt. Die auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC; 28. August bis 1. September) in Stockholm vorgestellte Studie untersuchte allfällige günstige Effekte von Ivabradin auf Patienten mit erhöhter Ruhe-Herzfrequenz. Rund 6500 Patienten mit Herzinsuffizienz, die alle von ihren Ärzten empfohlenen HI-Therapien bekamen und eine Ruhe-Herzfrequenz von mindestens 70 Schlägen pro Minute hatten, wurden in eine Ivabradin- und eine Placebo-Gruppe geteilt, und im Durchschnitt 23 Monate kontrolliert.

"Die Ergebnisse dieser Studie sind sehr bedeutsam", kommentiert DGK-Präsident Prof. Dr. Michael Böhm (Universitätsklinikum des Saarlandes), deutscher Studienleiter von SHIFT und Mitautor der im 'Lancet' veröffentlichten Arbeit zum Thema. "Die positiven Effekte wurden zusätzlich zu den Wirkungen anderer Medikamente erzielt. Herzinsuffizienz und erhöhte Herzfrequenz sind sehr weit verbreitet, und es ist für Ärzte und Patienten eine wichtige positive Nachricht, dass auch bei Anwendung der besten Medikamente der Einsatz von Ivabradin das Risiko des Todes oder der Hospitalisation zusätzlich um mehr als 25 Prozent verringert."

HI geht normaler Weise mit einem hohen Sterblichkeits-Risiko einher. Etwa 50 Prozent der Patienten sterben innerhalb der ersten fünf Jahre, und sie müssen häufige und längere Krankenhaus-Aufenthalte sowie eine Verschlechterung der Lebensqualität ertragen. Weltweit nimmt die Häufigkeit von HI zu.

Bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollte grundsätzlich die Herzfrequenz bestimmt und bei der Therapie berücksichtigt werden, so Prof. Böhm. "Auf die Herzfrequenz wurde bei Koronarpatienten lange Zeit zu wenig geachtet. Bereits frühere Studien haben gezeigt, dass eine erhöhte Herzfrequenz definitiv ein kardiovaskulärer Risikofaktor ist, der konsequent behandelt werden sollte. Bereits eine Herzfrequenz im höheren Normbereich ist für jeden Aspekt des kardiovaskulären Kontinuums ein unabhängiger Risikofaktor."

"Grund für den engen Zusammenhang zwischen Herzfrequenz und Lebenserwartung sei, so Prof. Böhm, der hohe Energieverbrauch des Herzmuskels ('Myokard'): Das menschliche Herz verbraucht pro Schlag 300 Milligramm Adenosin-Triphosphat. Pro Tag macht das 30 Kilogramm des Energieträgers aus. Mit einer Reduktion der Minutenfrequenz um zehn Schläge können 5 Kilogramm Adenosin-Triphosphat pro Tag eingespart werden. Diese Einsparung von Energie und Sauerstoff spiegelt sich in klinischen Endpunkten wider."


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Brustschmerz-Studie: Neuer Marker schließt Herzinfarkt rasch aus und verringert Kosten für Notfallstation um 30 Prozent

Basel, Stockholm/ Montag, 30. August 2010 - Die zusätzliche Verwendung des Markers Copeptin zur Diagnose oder zum Ausschluss eines akuten Herzinfarktes bei Patienten mit akutem Brustschmerz soll die Totalkosten für die Notfallstation um bis zu 30 Prozent verringern. Das sind die Ergebnisse einer Untersuchung von Dr. Raphael Twerenbold (Innere Medizin, Universitätsspital Basel) die auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC; 28. August bis 1. September) in Stockholm vorgestellt wurde.

Akuter Brustschmerz ('Thoraxschmerz') ist das zweithäufigste Leitsymptom in Notfallstationen. Bei betroffenen Patienten gilt es vor allem, den akuten Herzinfarkt frühzeitig und zuverlässig zu diagnostizieren bzw. auszuschließen. Der Großteil dieser Patienten mit akuten Brustschmerzen leiden jedoch nicht an einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Dr. Twerenbold: "Doch der Ausschluss von akutem Herzinfarkt ist zeitaufwändig und teuer, da er eine Überwachung des Patienten mit seriellen Messungen von kardialem Troponin T (Marker für abgestorbenes Herzmuskelgewebe) während 6 bis 12 Stunden erfordert und damit zu dem wachsenden Problem überfüllter Notfallstationen beiträgt."

Kürzlich konnte das Team von Dr. Twerenbold zeigen, dass die Kombination von kardialem Troponin T mit einem anderen Marker für endogenen Stress wie Copeptin den schnellen und zuverlässigen Ausschluss von akutem Herzinfarkt bei Patienten mit akutem Brustschmerz bereits bei Eintritt in das Krankenhaus ermöglicht - und das ohne die Notwendigkeit serieller Troponin-Messungen. Copeptin, als Marker für akuten endogenen Stress, zeigt die höchsten Spiegel zu Beginn der Symptomatik.

Als nächster Schritt wurde eine internationale Multizenter-Studie mit 1247 Patienten gestartet, die über akute Brustschmerzen oder andere für einen akuten Herzinfarkt typische Symptome klagten. Bei allen wurden kardiales Troponin T und Copeptin bestimmt. Für jeden einzelnen Patienten erfolgte die Berechnung der effektiven Kosten für die Notfallstation. "Die Anwendung unseres neuen, simulierten Ablauf-Schemas ('Algorithmus') mit Copeptin erlaubte eine vorzeitige Entlassung vom Notfall in 712 (57%) Patienten. Die mittlere Zeit bis zur Entlassung vom Notfall konnte von 350 auf 90 Minuten reduziert werden", bilanziert Dr. Twerenbold. "Die durchschnittlichen Kosten für den Notfall beliefen sich auf 1285 US $ unter Verwendung des Richtlinien-basierten Algorithmus. Durch die zusätzliche Verwendung von Copeptin entsprechend unserem neuen Algorithmus konnte eine Kostenersparnis von 386 US $ erzielt werden, also von rund 30 Prozent."


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Deutsche Studie: Auch alte Menschen mit chronischer Herzschwäche profitieren von körperlichem Ausdauertraining

Leipzig,Stockholm/ Montag, 30. August 2010 - Ein vierwöchiges Ausdauertraining verbessert auch bei älteren Menschen die Leistungsfähigkeit des Herzens, selbst wenn sie an chronischer Herzschwäche (Herzinsuffizienz, HI) leiden. Das sind die Ergebnisse einer Untersuchung (120 Studienteilnehmer) von Dr. Marcus Sandri (Klinik für Kardiologie des Herzzentrums Leipzig), die auf dem Europäischen Kardiologenkongress (ESC; 28. August bis 1. September in Stockholm) vorgestellt wurde. Untersucht wurde der Einfluss des Trainings auf die Erweiterung der Blutgefäße ('flussmediierte Vasidilatation') und die Anzahl so genannter zirkulierender endothelialer Vorläuferzellen (EPC), die zum Beispiel für die Regeneration und Leistungsfähigkeit der Gefäßinnenwände verantwortlich sind und zur Bildung funktionell kompetenter Gefäße beitragen. Gemessen wurde mittels hochauflösendem Ultraschall und Durchflusszytometrie (FACS)

"Ein vierwöchiges Training führt bei älteren gesunden Probanden zu einer Verbesserung der Funktion des Endothel (innerste Wandschicht von Blutgefäßen) sowie zu einer signifikanten Verbesserung der EPC-Funktion. Bei Patienten mit Herzschwäche aller Altersgruppen führte die Trainingsintervention zu einer effektiven Verbesserung der Endothel-Funktion und einer signifikanten Zunahme der EPC-Anzahl mit einer Steigerung der funktionellen Kapazität der Zellen", so Dr. Sandri in Stockholm. All diese Effekte waren bei älteren Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz nicht vermindert, "so dass das Potential von Trainingsinterventionen in einer Altersgruppe, in der die Häufigkeit der chronischen Herzschwäche besonders groß ist, zu unterstreichen ist."

Das Endothel spielt zum Beispiel eine wichtige Rolle beim Sauerstoffaustausch zwischen Gewebe und Blut, beeinflusst die Fließfähigkeit des Blutes und spielt eine Rolle bei Entzündungsvorgängen. Funktionsstörungen des Endothels haben pathologische Folgen. Endotheliale Dysfunktion wurde bereits als ein wichtiger Prädiktor zukünftiger Herz-Kreislauf-Erkrankungen erkannt und geht makroskopischen Gefäßveränderungen zeitlich voraus.

Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz, die mit Sport beginnen möchte, sollte allerdings einige Punkte beachten, empfiehlt Dr. Sandri: Als erstes sollte man sich einen Termin in der kardiologischen Sprechstunde geben lassen. Dort sollte überprüft werden, ob die aktuelle medikamentöse Behandlung tatsächlich optimal auf die jeweilige HI abgestimmt ist. Außerdem ist ein Belastungstest erforderlich (Ergometrie oder Spiroergometrie), um die momentane Belastbarkeit zu überprüfen sowie den maximalen Puls unter körperlicher Anstrengung zu bestimmen (maximale Herzfrequenz), was später für die Wahl der Trainingsintensität im Sport wichtig ist.


Weitere Informationen finden Sie unter:
http://www.dgk.org

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution737

Raute

Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie - Herz- und Kreislaufforschung e.V.
Christiane Limberg, 29.08.2010 und 30.08.2010
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. September 2010