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FORSCHUNG/1120: Wirkstoffe aus der Natur - kleine Mengen mit großer Vielfalt (idw)


Goethe-Universität Frankfurt am Main - 06.12.2016

Wirkstoffe aus der Natur: kleine Mengen mit großer Vielfalt


Die Natur produziert oft ein ganzes Arsenal an Wirkstoffen, um für den Ernstfall gut vorbereitet zu sein. Daran nehmen sich Pharmazeuten und Mediziner inzwischen ein Beispiel, denn gegen einzelne Wirkstoffe entwickeln Erreger leichter Resistenzen. Die Arbeitsgruppe von Prof. Helge Bode hat jetzt eine ganze Klasse neuartiger Peptid-Wirkstoffe entdeckt, mit denen Bakterien Insektenlarven töten.

FRANKFURT. Die als Rhabdopeptid/Xenortid-Peptide (RXP) bezeichneten Peptide werden ausschließlich von Bakterien der Gattungen Photorhabdus und Xenorhabdus produziert. Diese leben in Symbiose mit Fadenwürmern, mit denen sie in Insektenlarven gelangen und diese töten. Da viele RXPs für Zellen höherer Lebewesen (z.B. Insektenzellen oder generell Eukaryonten) giftig sind und von vielen Xenorhabdus- und Photorhabdus-Arten produziert werden, spielen sie vermutlich bei der Infektion eine sehr wichtige Rolle.

Eine einzige Bakterienart kann bis zu 40 RXP-Derivate produzieren. Wie die Gruppe von Prof. Helge B. Bode, Merck-Stiftungsprofessur für Molekulare Biotechnologie an der Goethe-Universität, in der aktuellen Ausgabe von Nature Chemistry berichtet, ist das Besondere daran, dass dazu nur maximal vier Enzyme notwendig sind. Bode vergleicht sie mit klassischen chemischen Katalysatoren für die Bildung von Polymerketten. Seiner Gruppe gelang es, die Mechanismen für die Erzeugung der ungewöhnlich hohen chemischen RXP-Vielfalt aufzuklären.

Warum die Bakterien gleich eine ganze Bibliothek von RXPs produzieren, erklären die Forscher damit, dass diese nicht kontrollieren können, in welche Insektenlarve sie von ihrem Nematodenwirt gebracht werden. Um überleben zu können, müssen die aber in der Lage sein, dieses Insekt schnell und effektiv zu töten und adressieren dazu mit der Mischung an Substanzen vielleicht ganz unterschiedliche Wirkorte in den Insektenzellen gleichzeitig. "Man kann sich das so vorstellen, wie den Schuss mit einem Schrotgewehr" erklärt Bode, "auch wenn man kein so guter Schütze ist, hat man durch die Streuung der vielen Kugeln eine große Chance, dass mindestens eine Kugel das Ziel trifft!"

In Zukunft geht es nun darum, den genauen Wirkort der RXPs zu identifizieren und über Struktur-Wirkungsanalysen besonders potente Derivate zu identifizieren, die dann biotechnologisch oder chemisch erzeugt und möglicherweise als Insektizide eingesetzt werden können.


Publikation:
Xiaofeng Cai, Sarah Nowak, Frank Wesche, Iris Bischoff, Marcel Kaiser, Robert Fürst and Helge. B. Bode: Entomopathogenic bacteria use multiple mechanisms for bioactive peptide library design, in: Nature Chemistry, DOI: 10.1038/NCHEM.2671

Informationen:
Prof. Dr. Helge Bode
Merck-Stiftungsprofessur für Molekulare Biotechnologie
H.Bode@bio.uni-frankfurt.de

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Goethe-Universität Frankfurt am Main, Dr. Anne Hardy, 06.12.2016
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E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Dezember 2016

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