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FORSCHUNG/538: Phytopharming birgt Chancen und Risiken (aid)


aid - PresseInfo Nr. 14/09 vom 1. April 2009

Die Apotheke auf dem Feld

Phytopharming birgt Chancen und Risiken


(aid) - Neu ist es nicht, dass der Mensch pflanzliche heilungsfördernde oder präventive Wirkstoffe aus der Natur nutzt. Doch "Phytopharming" geht als relativ neue Wissenschaft einen Schritt weiter. Erforscht wird die Produktion pharmazeutisch wirksamer Stoffe in Pflanzen, die diese natürlicherweise nicht produzieren würden. In Laborexperimenten konnten beispielsweise Bananenpflanzen durch Gentransfer dazu angeregt werden, Impfstoffe zu produzieren - die "Impfbanane" war geboren. In Süd-Afrika werden Ansätze getestet, in Maispflanzen Antikörper gegen HIV zu erzeugen, die anschließend isoliert und gespritzt werden könnten, um die Menschen vor der Infektion zu bewahren. Besonders verlockend klingt auch die Idee, Bananenpflanzen per Phytopharming mit Antikörpern gegen Durchfallerkrankungen "auszurüsten", um breite Bevölkerungsschichten auf einfachem Wege zu immunisieren.

Während Gegner des Phytopharming einwenden, dass ein möglicher Drift der Gene oder eine Vermischung des Saatgutes mit Lebensmittel- oder Futterpflanzen dazu führen könne, dass diese irgendwann in der Futtermittelkette oder in der Natur landen, schwärmen Forscher von immer mehr Anwendungsmöglichkeiten. Die Europäische Akademie zur Erforschung und Beurteilung von Folgen wissenschaftlich-technischer Entwicklungen in Bad Neuenahr-Ahrweiler legte in 2008 eine Studie zu den Chancen und Risiken der neuen Herstellungsmöglichkeiten von Biopharmazeutika vor. Danach könnten solche Arzneimittel schneller, günstiger und flexibler hergestellt werden. Man geht von einem potenziellen Marktwert von 56 Milliarden Euro aus. Doch werfe die Technik auch eine Reihe Fragen auf im Hinblick auf Ökologie, Ethik sowie gesellschaftliche und juristische Gesichtspunkte, die ebenso in der Studie analysiert und diskutiert werden. Kritiker weisen aber darauf hin, dass ungleich viel mehr finanzielle Mittel in die Förderung dieser Technologien fließt und Gegner wesentlich geringere Mittel zur Erforschung möglicher negativer Folgen zur Verfügung stünden. Auch an dieser Stelle scheint es besonders wichtig zu sein, die Chancen und Risiken möglichst ideologiefrei zu diskutieren: Niemand weiß, ob eher die Unterlassung einer Chance die Menschheit gefährdet oder ob es eher die Anwendung einer Technik ist, deren Folgen heute noch nicht absehbar sind.

aid, Friederike Eversheim


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Quelle:
aid PresseInfo Nr. 14/09 vom 1. April 2009
Herausgeber: aid infodienst
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. April 2009