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ARTIKEL/383: Klinikum Itzehoe - Erfolg für psychiatrisches Modellprojekt (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 12/2008

Klinikum Itzehoe
Erfolg für psychiatrisches Modellprojekt

Von Arno Deister


Das seit mehr als fünf Jahren in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin des Klinikums Itzehoe laufende Modellprojekt eines Regionalen Budgets für die Psychiatrie hat sich als großer Erfolg erwiesen. Das zeigte jetzt der Abschlussbericht der Universität Leipzig, die eine wissenschaftliche Begleituntersuchung des Modellprojektes durchgeführt hat.

Durch dieses bundesweit erste Modellprojekt ist es gelungen, eine qualitativ hochwertige individuelle psychiatrische, psychotherapeutische und psychosomatische Behandlung für die Bevölkerung der Region bei stabilen Kosten sicherzustellen.

Mit diesem Projekt konnte erstmals in Deutschland gezeigt werden, dass ein Finanzierungssystem, das die starren Grenzen zwischen stationärer und ambulanter Versorgung überwindet, zu einer verbesserten medizinischen Versorgung führen kann.

Das hier entwickelte und erprobte neue Finanzierungssystem ist bundesweit in der Gesundheitspolitik und in Fachöffentlichkeit auf großes Interesse und Zustimmung gestoßen und wurde inzwischen in weiteren Regionen übernommen.

Zum Hintergrund des Modellprojektes

Aktuell wird die Frage, welches Finanzierungssystem im Gesundheitswesen am Besten geeignet ist, die grundlegenden Veränderungen in der medizinischen Versorgung am besten abzubilden, in Deutschland intensiv und kontrovers diskutiert. Dabei kommt den teilweise massiv steigenden Kosten eine besondere Bedeutung zu.

In der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin des Klinikums Itzehoe wurde in Zusammenarbeit mit allen Krankenkassen in Schleswig-Holstein sowie dem Sozialministerium des Landes ein völlig neues Finanzierungskonzept entwickelt, das als Modellprojekt Anfang 2003 gestartet ist und das zunächst auf fünf Jahre befristet war, jetzt aber fortgeführt wird.

Im Rahmen dieses Modellprojektes wird die Arbeit der Klinik nicht mehr danach bezahlt, wie viele Tage Patienten in der Klinik liegen und auch nicht danach, wie viele Krankheitsepisoden (Fälle) aufgetreten sind. Maßstab der Finanzierung ist einzig und allein, ob eine umfassende und qualitätsgesicherte Versorgung der Bevölkerung in der Region sichergestellt wurde. Die Ausgaben für die Krankenkassen wurden einvernehmlich über einen Zeitraum von fünf Jahren begrenzt, sodass auch für die Kostenträger Planungssicherheit bestand.

Die Entscheidung über die jeweilige Art der Behandlung lag dabei alleine in der Hand der behandelnden Therapeuten. Die Behandlung konnte je nach individuellen Erfordernissen stationär in der Klinik, in der Tagesklinik oder auch längerfristig ambulant durchgeführt werden. Dieses Modellprojekt war darüber hinaus Bestandteil des Gemeindepsychiatrischen Verbundes im Kreis Steinburg und mit allen weiteren Leistungsanbietern in diesem Bereich abgesprochen.

Das Modellprojekt hat gezeigt, dass dadurch die Zeit, die ein Patient zur psychiatrischen und psychotherapeutischen Behandlung vollstationär im Krankenhaus verbringen muss, um mehr als ein Viertel gesenkt werden konnte. Gleichzeitig konnte das ambulante Behandlungsangebot massiv verbessert werden. Diese Entwicklung ist gegenläufig zur Entwicklung der psychiatrischen Versorgung in Schleswig-Holstein und in Deutschland, die eher durch eine Ausweitung der stationären Behandlung und damit eine Zunahme der Bettenkapazitäten in Krankenhäusern gekennzeichnet ist.

Als das "Itzehoer Modell" hat das Modellprojekt bundesweit sehr großes Interesse hervorgerufen. Es wurde im politischen Bereich, im Bereich der Krankenkassenverbände und insgesamt etwa 100 Kliniken, Institutionen und Berufsverbänden in Deutschland, der Schweiz und Österreich vorgestellt.

Für dieses Projekt wurde eine wissenschaftliche Begleitforschung durch die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Leipzig durchgeführt. Diese Institution führt solche Untersuchungen europaweit durch. Die Begleitforschung hat jetzt belegen können, dass durch dieses Vorgehen die Qualität der psychiatrischen Versorgung eindeutig gesichert ist. Darüber hinaus konnten deutliche Kostenvorteile belegt werden.

Die Ergebnisse dieses Modellprojektes werden auch in die neuen gesetzlichen Überlegungen bezüglich eines Finanzierungssystems für die Psychiatrie eingehen.

Prof. Dr. Arno Deister, Robert-Koch-Str. 2, 25524 Itzehoe, E-Mail a.deister@kh-itzehoe.de

Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 12/2008 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2008/200812/h081204a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Dezember 2008
61. Jahrgang, Seite 45 - 46
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Karl-Werner Ratschko (V.i.S.d.P.)
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Januar 2009

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