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PFLEGE/533: Transparenz über Dekubitus in den Kliniken - Pflege schweigt (SHÄB)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 1/2012

Dekubitus
Transparenz über Dekubitus in den Kliniken - Pflege schweigt

Von Dirk Schnack


Der Hamburger Krankenhausspiegel veröffentlicht Daten zum Thema. Experten sehen in anderen Sektoren noch Versorgungs- und Informationslücken.


Von einer "Allianz des Schweigens" in der Pflege sprach Prof. Klaus Püschel, Direktor der Rechtsmedizin am UKE. In manchen Altenheimen und in privaten Pflegeeinrichtungen werde nicht transparent gearbeitet, nicht jedes Dekubitus-Risiko registriert und zu wenig Engagement zur Vermeidung betrieben.

Schuldzuweisungen an einzelne Einrichtungen oder Berufsgruppen in der Versorgung vermied Püschel. "Es ist ein Versagen unserer Gesellschaft und der Politiker, wenn wir die äußeren Umstände nicht so einrichten, dass eine ausreichende Pflege ermöglicht wird", mahnte Püschel im Rahmen eines Pressegesprächs in der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft (HKG) zur Präsentation des Krankenhausspiegels. In dem haben die Kliniken bundesweit als erste ihre Fallzahlen zum Dekubitus offen gelegt. Damit wird deutlich, wie viele Druckgeschwüre in welchem Schweregrad in welchem Krankenhaus aufgetreten sind. Zugleich lässt eine risikoadjustierte Bewertung einen Rückschluss zu, warum manche Kliniken mehr Fälle aufweisen. Von den fast 95.000 Patienten, die 2010 in Hamburger Kliniken in stationärer Behandlung waren, haben sich nur rund ein Prozent ein Druckgeschwür zugezogen. Damit liegt Hamburg knapp unter dem Bundesdurchschnitt von 1,1 Prozent. Zehn Patienten hatten sich gefährliche Druckgeschwüre des Grades vier zugezogen.

Püschel hält die Situation in Hamburg inzwischen für besser als in anderen Städten und Regionen. In der Vergangenheit hatte er nach routinemäßigen Leichenschauen schwere Druckgeschwüre festgestellt und kritisiert, dass Dekubitus zu wenig beachtet wird. Nach seinen Mahnungen hatte sich 2009 ein Aktionsbündnis in der Hansestadt gegründet, um die Dekubitus-Zahlen zu senken. Diesem Ziel ist man in Hamburgs Krankenhäusern durch Kontrolle, aber auch durch Wundmanager näher gekommen. Während auf Bundesebene Kliniken neu entstandene Druckgeschwüre nur im ersten Quartal eines Jahres dokumentieren müssen, haben sich die Krankenhäuser in der Hansestadt verpflichtet, nach einem einheitlichen Verfahren das ganze Jahr über zu dokumentieren und an die Landesgeschäftsstelle Externe Qualitätssicherung zur Auswertung zu geben. Außerdem wird jedes Krankenhaus zwei Mal im Jahr überprüft. Bei starken Verschlechterungen über zwei Grade bei einzelnen Patienten gibt es Sonderprüfungen.

Entwarnung gab Püschel bei der Präsentation der Zahlen in der Hamburger Krankenhausgesellschaft aber nicht. Denn neben den in den Kliniken aufgetreten Dekubitusfällen kamen weitere 4.684 Patienten, die schon bei der Aufnahme ein Druckgeschwür aufwiesen. Um solche Patienten besser versorgen zu können, überlegt man etwa, schon in der Aufnahme Spezialmatrazen vorzuhalten. Um die Koordination der Versorgung kümmern sich in den Kliniken der Hansestadt flächendeckend weitergebildete Wundmanager, die ab Stufe zwei eingeschaltet werden. Tamara Leske, Pflegedienstleiterin im Hamburger Marienkrankenhaus, hält die Wundmanager auch für wichtig, um Vertrauen auch zu anderen Beteiligten in der Versorgung zu schaffen. Nach ihren Erfahrungen sind Ärzte und Pflegeeinrichtungen in aller Regel froh über die Unterstützung durch Wundmanager, die als Schnittstelle zwischen den Sektoren agieren. HKG-Geschäftsführerin Claudia Brase hofft nun auf mehr Transparenz in den anderen Sektoren: "Ich wüsste auch gern, wie es im Vertragsarztbereich und in den Pflegeheimen aussieht. Vielleicht sind bald auch Pflegeeinrichtungen bereit, ihre Daten offen zu legen, so wie es jetzt die Kliniken tun." Marco Tergau, Sprecher des Hamburger Krankenhausspiegels, setzt sogar auf einen "Hamburger Gesundheitsspiegel", der sektorenübergreifend Behandlungsergebnisse offen legt. Nach den bisherigen Erfahrungen ist dieses Ziel aber nur langfristig realistisch.


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Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 1/2012 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2012/201201/h12014a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de


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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Januar 2012
65. Jahrgang, Seite 51
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz Bartmann (V.i.S.d.P.)
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
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Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Februar 2012