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PFLEGE/377: Kompetenznetz Pflege und Pharmakotherapie - Damit Medikamente nicht krank machen (idw)


Hochschule Fulda - 15.04.2009

Damit Medikamente nicht krank machen


Der Fachbereich Pflege und Gesundheit der Hochschule Fulda forscht für mehr Lebensqualität im Alter und baut in Nordhessen ein Kompetenznetz Pflege und Pharmakotherapie (KomPP) auf.

Mit steigendem Lebensalter erhöht sich das Risiko von Krankheit und Pflegebedürftigkeit. Die Wahrscheinlichkeit, mehrere Erkrankungen gleichzeitig zu haben und unterschiedliche Medikamente regelmäßig einnehmen zu müssen, nimmt zu. Arzneimittel können lebenserhaltend sein, Lebensqualität verbessern und schwerwiegende Krankheitsfolgen verhindern. Ihre Wirkungen auf einen durch Alterungsprozesse individuell veränderten Stoffwechsel, Wechselwirkungen verschiedener Präparate oder Fehler bei der Medikamenteneinnahme können aber auch dazu führen, dass erwünschte Wirkungen ausbleiben, dass unerwünschte Wirkungen entstehen oder verstärkt werden und die Risiken neuer Erkrankungen steigen.

Mit dem Projekt "Kompetenznetz Pflege und Pharmakotherapie Nordhessen (KomPP)" soll die arzneimittel(mit)bedingte Morbidität alter und hochbetagter pflegebedürftiger Menschen reduziert werden, um zum Erhalt ihrer Lebensqualität und ihrer sozialen Teilhabechancen beizutragen. Dazu werden Pflegekräfte aus der ambulanten und stationären Versorgung in Nordhessen für Fragen rund um die Einnahme und die Wirkung von Arzneimitteln sensibilisiert. Ziel ist, ihre Kompetenzen in der Beobachtung, in der Dokumentation von ausbleibenden, eintretenden und unerwünschten Wirkungen, in der Kommunikation ihrer Beobachtungen an die medizinische und pharmazeutische Versorgung sowie ihre Fähigkeiten in der Anleitung Betroffener und Angehöriger weiterzuentwickeln. KomPP ist eines der 22 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekte im Rahmen der Ausschreibung "Soziale Innovationen für die Lebensqualität im Alter" (SILQUA) und wird mit 250.000 Euro für drei Jahre gefördert.

Während 40-Jährige durchschnittlich etwa 180 Tagesdosen verschreibungspflichtiger Arzneimittel im Jahr einnehmen, sind dies bei 80-Jährigen mehr als 1.200 Tagesdosen. Herzmedikamente (Betarezeptorenblocker), Blutdruck senkende (Antihypertonika) sowie entwässernde Mittel (Diuretika) zählen zu dem am stärksten verbreiteten Medikamentengruppen in dieser Altersgruppe. Durchschnittlich nehmen hochbetagte Menschen täglich mehr als drei Medikamente ein, die sich wechselseitig in ihrer Wirkung beeinflussen, erwünschte, ausbleibende und unerwünschte Wirkungen haben können und nur dann die beabsichtigte Wirkung entfalten, wenn sie richtig eingenommen werden. 150.000 bis 300.000 Krankenhauseinweisungen pro Jahr in Deutschland haben ihre Ursache in unerwünschten Arzneimittelwirkungen. Betroffen sind überwiegend ältere Menschen. Gleichzeitig werden gerade bei älteren Menschen Erkrankungen oftmals nicht hinreichend erkannt und behandelt, was für die Betroffenen schwerwiegende Folgen haben kann.

"Wir wissen noch zu wenig über die angemessene Einnahme und Verabreichung von Arzneimitteln bei älteren Menschen", erläutert Prof. Dr. H. med. Annette Grewe, die das Vorhaben gemeinsam mit der Pflegewissenschaftlerin Prof. Dr. Helma Bleses und der Präventionsexpertin Prof. Dr. Beate Blättner leiten wird. "Aber auch die Fragen, wie sich unerwünschte Arzneimittelwirkungen, ausbleibende therapeutische Wirkungen oder Wechselwirkungen von Medikamenten erkennen lassen - auch bei Selbstmedikation - und vor allem wie die Akteure in der ambulanten und stationären Pflege sowie in der gesundheitlichen Versorgung damit umgehen sollten, sind noch nicht hinreichend erforscht und berücksichtigt."

Ziel ist, ein Kompetenznetz ambulanter, teilstationärer und stationärer Pflege in der Region Nordhessen aufzubauen und dieses in die Lage zu versetzen, sich kontinuierlich selbständig weiter zu qualifizieren. Das Kompetenznetz soll eng mit Ärztinnen und Ärzten sowie mit Apothekerinnen und Apothekern der Region kooperieren. Eine systematische und strukturell abgesicherte Verankerung dieser Kooperation wird angestrebt. Die Kommunikation zwischen den unterschiedlichen Akteursgruppen soll ein Dokumentationssystem verbessern. Außerdem werden Schulungen für Pflegekräfte und qualitätsgesicherte Informationsmaterialen für Pflegebedürftigte und ihre Angehörigen entwickelt. Koordinierender Kooperationspartner ist das Gesundheitsamt der Region Kassel.


Ansprechpartnerin:
Prof. Dr. med. Henny Annette Grewe (Projektleitung)
E-Mail: grewe@hs-fulda.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung:
http://idw-online.de/pages/de/institution118


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Hochschule Fulda, Dr. Antje Mohr, 15.04.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 17. April 2009