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JUSTIZ/8411: Kriminalität und Rechtsprechung - 26.02.2020 (SB)


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Prozeßauftakt vor dem EGMR zum Massaker von Kundus

Vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg hat das Verfahren gegen Deutschland begonnen, welches der Afghane Abdul Hanan im Zusammenhang mit dem Massaker in der Nacht zum 4. September 2009 bei Kundus angestrengt hat. Der Kläger hat damals seinen achtjährigen und seinen zwölfjährigen Sohn verloren, als amerikanische Kampfflieger auf ausdrücklichen Befehl des deutschen Obersten Georg Klein zwei kerosingefüllte Tanklastzüge beschossen, bei denen zahlreiche Zivilisten zusammengekommen waren. In dem Feuer starben unterschiedlichen Angaben zufolge 142 Menschen. Die Bundeswehr kam auf 91 Tote und Verletzte. Ohne jegliches Schuldeingeständnis zahlte die Bundesregierung den Familien von Hinterbliebenen und Opfern jeweils 5000 Dollar als humanitäre Hilfe. Hanan und weitere Hinterbliebene hatten vor deutschen Gerichten vergeblich auf Entschädigung geklagt. Die Ermittlungen gegen Oberst Klein wurden eingestellt, dieser selbst wurde zum Brigadegeneral befördert. Laut Bundesgerichtshof (BGH) ist das deutsche Amtshaftungsrecht nicht auf Auslandseinsätze der Bundeswehr anwendbar. Hanan wird von dem Anwalt Karim Popal vertreten. Seinen Angaben zufolge will der EGMR klären, ob es sich bei den damaligen Angriffen um Verstöße gegen die europäische Menschenrechtskonvention durch die Bundeswehr gehandelt hat. Der EGMR rechnet mit einer Entscheidung dazu in einem Jahr.

26. Februar 2020


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