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BUCHTIP/010: "Hubble - 15 Jahre auf Entdeckungsreise" (MaxPlanckForschung)


MaxPlanckForschung - Das Wissenschaftsmagazin der Max-Planck-Gesellschaft 3/2006

In den Tiefen des Kosmos

von Thorsten Naeser


Lars Lindberg Christensen, Bob Fosbury,
HUBBLE - 15 JAHRE AUF ENTDECKUNGSREISE,
120 Seiten mit Abbildungen, Verlag Wiley-VCH,
Berlin 2006, 24,90 Euro.


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Glühendes Gas, dunkle Staubwolken und rundherum junge heiße Sterne - das schillernde Geflecht einer Sternengeburt in unserer Nachbargalaxie ist ein Farbspektakel, das seinesgleichen sucht. Unzählige solcher gewaltigen Ereignisse hat das Weltraumteleskop Hubble mittlerweile dokumentiert und die faszinierenden Bilder aus den Tiefen des Weltraums zur Erde übermittelt. Die ereignisreiche Geschichte Hubbles haben Lars Lindberg Christensen von der europäischen Raumfahrtagentur (ESA) und Bob Fosbury von der europäischen Südsternwarte (ESO) in ihrem neuen Buch nachgezeichnet.

Im Jahr 1990 wurde Hubble von den Astronauten des Space Shuttles Discovery in einer 600 Kilometer hohen Umlaufbahn um die Erde stationiert. Der Start des ambitionierten Projekts enttäuschte die Experten: Das Teleskop lieferte nur unscharfe Bilder. Ursache dafür war eine Linse, die um ein Fünfzigstel der Breite eines menschlichen Haars falsch geschliffen war. Doch im Jahr 1993 verpassten die NASA-Ingenieure dem Teleskop einen Satz "Kontaktlinsen". Als nach der Reparatur die ersten scharfen Fotos zu sehen waren, brach weltweit Jubel unter den Wissenschaftlern aus. Das Teleskop war nun endlich voll betriebsfähig. Seitdem hat sich Hubble als ausdauernder und verlässlicher Späher erwiesen - es liefert eine nicht enden wollende Flut an spektakulären Bildern und astronomischen Erkenntnissen aus dem Kosmos.

Christensen und Fosbury erzählen die Entstehungsgeschichte des Teleskops, dessen Anfänge bis ins Jahr 1970 zurückreichen. Sie beschreiben Funktionsweise und Technik des Geräts, ohne sich in technischen Details zu verstricken.

Die spannendsten Kapitel jedoch sind jene, die sich mit den Planeten, mit den Sternen und Galaxien des Universums beschäftigen. Über sie liefert Hubble täglich neue Daten. Die Autoren stellen dar, wie Sterne aus sanft glühenden, staubgeschwängerten Molekülwolken geboren werden und erläutern, wie gewaltige Galaxien zusammenstoßen. Und sie erklären, was es mit den Schwarzen Löchern auf sich hat; denn Hubble wies nach, dass diese Schwerkraftmonster in den Zentren nahezu aller Milchstraßen lauern. Sämtliche Erläuterungen werden von den einprägsamen Bildern illustriert, die das Observatorium im Orbit während der vergangenen 15 Jahre aufgenommen hat.

Eine der besonders ergiebigen Beobachtungskampagnen starteten die Astronomen zu Weihnachten 1995, als sie das Weltraumteleskop fast ununterbrochen mehrere Tage lang auf dieselbe Stelle im Universum richteten. Damit wollten die Forscher besonders leuchtschwache Objekte sichtbar machen, ähnlich wie bei einer Langzeitbelichtung mit einem Fotoapparat. Das Unternehmen war ein großer Erfolg: Hubble lieferte bei diesen so genannten Tiefenfeldbeobachtungen Bilder von Galaxien und Sternen, die sich schon kurz nach dem Urknall gebildet haben müssen. Das Buch zeigt auf einer Doppelseite diesen extrem tiefen Blick ins Universum. Mit ihrem Buch ist Christensen und Fosbury ein Werk gelungen, das vor allem durch seine Bildzusammenstellung besticht und damit einen nicht unerheblichen künstlerischen Aspekt beinhaltet. Jedoch vermitteln auch die - bisweilen einen Tick zu poetischen - Texte umfassende Informationen über die Arbeit der Astronomen und die Ingenieurskunst, die unsere Wahrnehmung bis in die dunkelsten Ecken des Weltalls erweitert hat. Ergänzt wird die Lektüre durch eine rund 83-minütige DVD, die nochmals die Geschichte des Weltraumteleskops nachzeichnet und cineastische Impressionen der Forschungsergebnisse zeigt, die Hubble bis heute erzielt hat. Der Zuschauer lernt die astronomischen Grundlagen des Aufbaus unseres Universums kennen und bekommt Informationen über Phänomene, deren Erklärung der Kosmos uns bis heute vorenthält. Doch vor allem die Filmsequenzen, die die Astronauten bei den Aufbau- und Wartungsarbeiten des Hubble-Teleskops im tiefschwarzen Weltraum drehten, hinterlassen einen bleibenden Eindruck.


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Quelle:
MaxPlanckForschung - Das Wissenschaftmagazin der Max-Planck-Gesellschaft
Ausgabe 3/2006, S. 76
Herausgeber: Referat für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der
Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.
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Das Heft als PDF: www.magazin-dt.mpg.de

Das Heft erscheint in deutscher und englischer Sprache
(MaxPlanckResearch) jeweils mit vier Ausgaben pro Jahr.
Der Bezug des Wissenschaftsmagazins ist kostenlos.

veröffentlicht im Schattenblick am 21. November 2006