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INSTRUMENTE/236: Ein neues Fenster zum Kosmos - Gamma-Astronomie mit HESS (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 3/09 - April 2009
Zeitschrift für Astronomie

Ein neues Fenster zum Kosmos - Gamma-Astronomie mit HESS

Von Werner Hofmann und Christopher van Eldik


In kosmischen Beschleunigern erreichen Teilchen weit höhere Energien als in den derzeit weltgrößten Teilchenbeschleunigern. Die HESS-Teleskope in Namibia tragen wesentlich dazu bei, diese rätselhaften Quellen durch die Beobachtung hochenergetischer Gammastrahlung zu identifizieren und ihre Beschleunigungsmechanismen genauer zu verstehen.



In Kürze

In Pulsarnebeln, Supernova-Überresten, Aktiven Galaktischen Kernen und zum Teil noch unverstandenen »dunklen Quellen« werden geladene Teilchen auf hohe Energien beschleunigt und emittieren infolgedessen charakteristische Gammaquanten.
Diese hochenergetischen Gammaquanten lösen in der Erdatmosphäre Teilchenschauer aus, die ihrerseits sichtbares Licht (»Tscherenkow-Strahlung«) emittieren.
Diese »Tscherenkow-Strahlung« lässt sich mit bodengebundenen Teleskopen nachweisen und liefert so Informationen über die rätselhaften kosmischen Beschleuniger.

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Fast unser gesamtes Wissen über das Universum entstammt der Beobachtung der elektromagnetischen Strahlung, die uns aus dem Kosmos erreicht. In den zurückliegenden Jahrhunderten war die Astronomie dabei auf den sichtbaren Teil des Spektrums beschränkt, also auf den Wellenlängenbereich von etwa 400 bis 700 Nanometer (1 nm = 10-9 m), entsprechend einer Energie von wenigen Elektronvolt (eV). Erst in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts begannen Astronomen, den Himmel mit Hilfe von Radiowellen zu erforschen. Zusammen mit der Infrarotastronomie erweitern diese Beobachtungen das zugängliche Spektrum im Bereich langwelliger Strahlung, bis hin zu Meterwellen beziehungsweise zu niedrigen Energien im Bereich von einem Mikroelektronvolt (1 μeV = 10-6 eV). Die Beobachtungen in diesem Spektralbereich haben zu teils spektakulären Entdeckungen - etwa der Existenz von Radiogalaxien und kosmischer Hintergrundstrahlung - geführt. Bei höheren Energien, jenseits der Ultraviolett-Strahlung, im Energiebereich einiger Kiloelektronvolt (1 keV = 103 eV), ermöglichte 1962 das erste Röntgenteleskop die Entdeckung intensiver Strahlung von einem Binärsystem, in welchem ein Neutronenstern Material eines Begleitsterns aufsaugt: Beim Absturz auf den Neutronenstern wird Gravitationsenergie in Wärme umgesetzt; dabei werden so hohe Temperaturen erreicht, dass die thermische Strahlung der erhitzten Materie im Röntgenbereich liegt.

Noch höhere Energien sind seit den 1960er Jahren durch die satellitengestützte Gamma-Astronomie zugänglich, welche Photonen mit Energien jenseits von 1 MeV (106 eV) und - mit Hilfe der modernen Tscherenkow-Teleskope - bis hin zu 100 TeV (1014 eV) nachweist. Astronomische Beobachtungen decken heute also mindestens 20 Größenordnungen in Photonenenergie ab, und jeder Wellenlängenbereich ermöglicht einen neuen, andersartigen Blick auf das Universum.

In der Kombination von Beobachtungen in unterschiedlichen Wellenlängenbereichen liegt heutzutage der Schlüssel zu einem tieferen Verständnis kosmischer Prozesse. Von besonderem Interesse ist hier die Beobachtung hochenergetischer Gammastrahlung - im GeV- und TeV-Energiebereich und darüber. Während die Strahlung bei niedrigeren Energien, etwa im Röntgenbereich, häufig von heißer Materie erzeugt wird, gibt es keine bekannte Strahlungsquelle, welche so heiß ist, dass sie Photonen mit GeV- oder gar TeV-Energien aussenden könnte. Man spricht deshalb in diesem Zusammenhang von nicht thermischer Strahlung. Die Quellen nicht thermischer Strahlung unterscheiden sich von den Quellen thermischer Strahlung in der Energieverteilung ihres Strahlungsflusses, welcher beschreibt, wie viele Photonen welcher Energie eine Quelle aussendet: Die spektrale Energieverteilung thermischer Quellen besitzt ein Maximum, dessen Energie in erster Näherung nur von der Temperatur des Körpers abhängt und zu niedrigeren und höheren Energien stark abfällt; dagegen folgt die spektrale Energieverteilung nicht thermischer Quellen üblicherweise einem so genannten Potenzgesetz, mit großem Photonenfluss bei niedrigen Energien und zunehmend kleinerem Fluss bei höheren Energien. Die meisten nicht thermischen Quellen zeigen eine mit steigender Energie dramatische Abnahme des Strahlungsflusses: Pro Verzehnfachung der Energie reduziert sich die Zahl der nachgewiesenen Photonen auf typischerweise unter ein Prozent. Wegen der Ähnlichkeit ihrer Energieverteilungen und trotz individueller Unterschiede zwischen einzelnen Quellen liegt die Vermutung nahe, dass der von ihnen produzierten Gammastrahlung ein allgemein gültiger Produktionsmechanismus zu Grunde liegt.

Was aber sind die Quellen dieser hochenergetischen Gammastrahlung? Es gilt als gesichert, dass in kosmischen Teilchenbeschleunigern geladene Teilchen - Elektronen, Positronen und Atomkerne - auf sehr hohe Energien beschleunigt werden. Mit der Entdeckung der kosmischen Strahlung, eines steten Flusses geladener Teilchen aus dem All, durch den österreichischen Physiker Victor F. Hess im Jahr 1912 beginnt eine intensive Suche nach den Quellen dieser Teilchen, von denen einige wenige mit extrem hohen Energien von mehr als 1020 eV nachgewiesen wurden.

Wir wissen heute, dass die kosmische Strahlung fast vollständig aus Protonen und schwereren Atomkernen besteht. Ihre Energieverteilung folgt oberhalb von etwa 10 GeV (oder 1010 eV) bis hin zu den höchsten nachgewiesenen Energien einem Potenzgesetz, und ihr Teilchenfluss nimmt über diese 10 Größenordnungen in der Energie um fast 30 Größenordnungen ab. Die Quellen der kosmischen Strahlung sind jedoch auch fast 100 Jahre nach ihrer Entdeckung nicht zweifelsfrei identifiziert. Nun werden die geladenen Teilchen im interstellaren Raum durch Magnetfelder abgelenkt, und zwar umso stärker, je geringer die Energie der Teilchen ist - der Krümmungsradius selbst eines Teilchens mit 1015 eV beträgt nur etwa ein Lichtjahr und ist damit kleiner als der Abstand zum nächsten Stern. Deshalb sagt die beobachtete Einfallsrichtung eines Teilchens der kosmischen Strahlung nichts mehr über die Position seiner Quelle am Himmel aus. Man kann daher mit der geladenen kosmischen Strahlung keine abbildende Astronomie betreiben, außer vielleicht bei allerhöchsten Energien, jenseits von 1019 eV, wo die Ablenkung durch die interstellaren Magnetfelder hinreichend gering ist.

Die starke Ablenkung ist der Grund dafür, dass Teilchen unterhalb einer Energie von einigen 1015 eV nur schwer aus der Galaxis entweichen können und deshalb vermutlich aus unserer Heimatgalaxie stammen. Studien haben gezeigt, dass sie im Durchschnitt für etwa zehn Millionen Jahre im Milchstraßensystem umherirren, bevor sie in den intergalaktischen Raum hinausdiffundieren. Daraus ergibt sich, dass die Energiedichte der kosmischen Strahlung innerhalb des Milchstraßensystems vergleichbar groß ist wie diejenige des Sternlichts oder des interstellaren Magnetfelds - die kosmische Strahlung ist also ein wichtiger Bestandteil des galaktischen »Lebens«. Obwohl immer wieder Teilchen die Galaxis verlassen, zeigen Untersuchungen von Meteoren, dass diese Energiedichte seit mindestens einer Milliarde Jahren praktisch konstant ist. Daraus folgt, dass die kosmische Strahlung kontinuierlich nachproduziert werden muss, um den stetigen Teilchenverlust zu kompensieren.

Es spricht viel dafür, dass die Überreste galaktischer Supernovae einen Großteil dieser Produktion leisten. Beobachtungen bei Radio-, Röntgen- und Gamma-Energien haben gezeigt, dass diese Objekte geladene Teilchen - Elektronen, Positronen oder Atomkerne - bis auf TeV-Energien beschleunigen können. Die elektromagnetische Strahlung, welche zu deren Nachweis dient, entsteht entweder bei Wechselwirkungen der beschleunigten Teilchen mit Magnetfeldern, Sternlicht oder der kosmischen Hintergrundstrahlung, oder aber durch Kollisionen mit Umgebungsmaterial, etwa diffusem interstellarem Gas oder dichten Molekülwolken. In allen Fällen spiegelt die Energieverteilung der Photonen diejenige der geladenen Teilchen wider, das heißt, mit steigender Energie nimmt die Zahl der Photonen ähnlich schnell ab wie die Zahl der geladenen Teilchen. Aber während die Teilchen durch Ablenkung im galaktischen Magnetfeld bei ihrer Ankunft auf der Erde jede Richtungsinformation verloren haben, durchqueren die ungeladenen Photonen die Galaxis auf geradem Weg und zeigen deshalb auf den Ort ihrer Entstehung zurück. Im Licht der Gammastrahlung lassen sich also kosmische Beschleuniger direkt abbilden, um dann die Quellen der hochenergetischen Teilchen zu identifizieren und die zu Grunde liegenden Beschleunigungsmechanismen zu untersuchen [1].


Tscherenkow-Teleskope: Augen für hochenergetische Strahlung

Da die Atmosphäre für Gammastrahlung undurchlässig ist, kann diese nicht unmittelbar vom Erdboden aus nachgewiesen werden. Messungen bis zu einer Energie von etwa zehn GeV werden deshalb mit Instrumenten auf Satelliten durchgeführt. Da der Photonenfluss typischer Quellen aber wie oben beschrieben mit zunehmender Energie rasch abnimmt, sind Messungen bei höheren Energien wegen der relativ kleinen Nachweisflächen dieser Instrumente nicht möglich. In diesem für das Verständnis hochenergetischer Prozesse äußerst interessanten Energiebereich ist jedoch mit der Tscherenkow-Technik in den letzten Jahren ein Durchbruch erzielt worden [2].

Tscherenkow-Teleskope sind bodengebundene Instrumente, welche die Erdatmosphäre als Nachweismedium nutzen. Bei der Absorption eines hochenergetischen Photons in der Atmosphäre entsteht nämlich eine ausgedehnte Lawine weiterer Teilchen: Das Photon konvertiert in der Nähe eines Atomkerns der Lufthülle in ein Elektron-Positron-Paar. Diese geladenen Teilchen werden im elektrischen Feld weiterer Kerne abgebremst und erzeugen dabei neue Photonen, welche ihrerseits wieder in Elektron-Positron-Paare konvertieren. Dieser Prozess setzt sich kaskadenartig fort, und die Energie des ursprünglichen Photons wird so auf viele sekundäre Teilchen verteilt (Bildunterschrift 2). Wenn die Energie dieser Teilchen nicht mehr ausreicht, weitere Teilchen zu erzeugen, stirbt die Lawine aus. Solch ein Teilchenschauer erreicht sein Maximum in etwa zehn Kilometer Höhe, und selbst bei einer Energie des ursprünglichen Photons von 100 TeV erreicht kaum ein Schauerteilchen die Erdoberfläche. Wie kann ein solcher Schauer also vom Boden aus nachgewiesen werden?

Die Tscherenkow-Technik nutzt hierzu aus, dass sich die meisten Schauerteilchen mit Geschwindigkeiten fortbewegen, die größer sind als die Lichtgeschwindigkeit in Luft. Dies steht nicht im Widerspruch zum einsteinschen Postulat, dass sich kein Körper schneller als das Licht fortbewegen könne, denn dieses bezieht sich auf den luftleeren Raum. In zehn Kilometer Höhe beträgt die Lichtgeschwindigkeit in Luft indes (nur) etwa 99,99 Prozent der Vakuum-Lichtgeschwindigkeit, so dass sich Teilchen durchaus schneller fortbewegen können, ohne das einsteinsche Postulat zu verletzen. Die Luftmoleküle entlang der Teilchenspur senden in diesem Fall so genanntes Tscherenkow-Licht im sichtbaren Spektralbereich aus, das in einem Kegel von etwa einem Grad Öffnungswinkel zur Flugrichtung der Teilchen abgestrahlt wird. Am Erdboden leuchtet der Tscherenkow-Lichtkegel eines Teilchenschauers eine Fläche von etwa 50 000 Quadratmetern aus, eine gegenüber Satellitenexperimenten deutlich vergrößerte Nachweisfläche. Mit einem Teleskop, das sich innerhalb dieser Fläche befindet, lässt sich das Tscherenkow-Licht auf einen sehr lichtempfindlichen Detektor fokussieren und nachweisen. Bei Gamma-Energien von einem TeV beträgt die Lichtintensität etwa 100 Photonen pro Quadratmeter - sie ist so gering, dass große Spiegelflächen benötigt werden, um hinreichend viel Licht zu sammeln. Hochempfindliche Photosensoren und schnelle Elektronik erlauben eine Belichtungszeit von etwa zehn Nanosekunden (1 ns = 10-9 s); sie wird benötigt, um den kurzlebigen Tscherenkow-Lichtblitz vom übrigen Licht des Nachthimmels zu unterscheiden.

Moderne Tscherenkow-Teleskope verfügen über segmentierte Photosensoren und können damit ein direktes Abbild des Luftschauers aufzeichnen. Aus der Intensität des Bilds kann auf die Energie des ursprünglichen kosmischen Photons geschlossen werden und aus der Bildorientierung in der Kamera auf dessen ursprüngliche Richtung. Leider wird die überwiegende Zahl atmosphärischer Teilchenschauer jedoch nicht von Photonen, sondern von den geladenen Teilchen der kosmischen Strahlung erzeugt. Diese Schauer unterscheiden sich in ihrer Form von den photoninduzierten Schauern und können deshalb durch Bildanalyseverfahren wirkungsvoll unterdrückt werden.

Vier solcher abbildenden Systeme sind zurzeit weltweit im Einsatz; auf der Nordhalbkugel sind dies das MAGIC-Instrument auf La Palma und das VERITAS-Teleskopsystem im US-Bundesstaat Arizona. Das Cangaroo-III-Instrument beobachtet den Himmel von Australien aus, während das HESS-System seine vier Tscherenkow-Teleskope von Namibia aus auf den Südhimmel richtet. Alle Instrumente werden von Forschungsinstituten und Universitäten in internationaler Zusammenarbeit betrieben. Bei HESS etwa arbeiten Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Kernphysik in Heidelberg und der Universitäten Berlin, Bochum, Erlangen, Hamburg, Heidelberg und Tübingen mit Arbeitsgruppen aus Frankreich, England, Irland, Polen, Armenien, Südafrika und Namibia zusammen.

HESS - das High Energy Stereoscopic System - ist Vertreter einer neuen Generation von Instrumenten, bei denen der Teilchenschauer mit mehreren Teleskopen aus verschiedenen Blickwinkeln beobachtet wird. Mit einem einzelnen Teleskop ist es nämlich nicht ganz einfach, die exakte Orientierung der Kaskade im Raum und damit die genaue Richtung des Primärphotons zu bestimmen - schließlich sieht man nur die Projektion des Schauers in einer Ebene. Mehrere Teleskope dagegen bieten eine stereoskopische Sicht des Schauers und erlauben eine eindeutige Rekonstruktion der Geometrie, in Analogie zum räumlichen Sehen mit zwei Augen. Man kann damit die Richtung eines einfallenden Photons mit einer Genauigkeit von besser als 0,1 Grad bestimmen. Durch die geometrische Rekonstruktion ist auch die Entfernung des Schauers von den Teleskopen bekannt, wodurch eine verbesserte Energiebestimmung erreicht wird; allerdings ist die Genauigkeit der Energiebestimmung mit 15 Prozent relativ bescheiden im Vergleich zu Spektrometern in anderen Wellenlängenbereichen. Ferner wird durch Stereoskopie sowohl der Untergrund durch Teilchen der kosmischen Strahlung als auch der Einfluss des Nachthimmelslichts reduziert.

Die stereoskopische Nachweistechnik wurde mit dem Teleskopsystem HEGRA auf La Palma in den Jahren 1987 bis 2002 erstmals eingesetzt, mit HESS weiter perfektioniert, und die Messempfindlichkeit um den Faktor zehn gesteigert. Dabei muss man sich vergegenwärtigen, dass auf Grund des steilen Potenzspektrums auch eine starke Quelle nur wenige hochenergetische Photonen zur Erde sendet: Aus Richtung des Krebsnebels, einer der stärksten Quellen am Himmel, sind das beispielsweise weniger als zehn TeV-Photonen pro Quadratmeter und Jahr. Eine Quelle mit dieser Intensität wird von HESS nach einer Beobachtungszeit von etwa 30 Sekunden nachgewiesen; das HEGRA-System benötigte hierzu noch etwa 20 Minuten.

Bei HESS kommen vier Spiegelteleskope mit je 107 Quadratmeter Spiegelfläche zum Einsatz. Aus Kostengründen sind die Spiegel aus je 382 einzelnen Fassetten aufgebaut, welche das Tscherenkow-Licht auf Kameras aus je 960 Photosensoren abbilden. Um einen Teilchenschauer sicher nachzuweisen, muss jeder Spiegel etwa 1000 Tscherenkow-Photonen aufsammeln. Daraus ergibt sich, dass HESS Gammastrahlung oberhalb einer Energie von etwa 100 GeV vermessen kann. Während diese so genannte Energieschwelle des Instruments von der Größe der Spiegelfläche, ihren Reflektivitätseigenschaften und der Empfindlichkeit der Photosensoren bestimmt ist, wird der Messbereich bei hohen Energien im Wesentlichen dadurch begrenzt, dass bei den höchsten Energien auf Grund der steilen Potenzspektren nicht mehr genug Gammastrahlung für einen statistisch sicheren Nachweis in der Nähe der Teleskope auf die Atmosphäre trifft. Bei HESS liegt diese obere Nachweisgrenze bei einigen zehn TeV.

Etwa tausend Stunden pro Jahr, immer dann, wenn der Mond untergegangen ist und sein Licht nicht die empfindlichen Messungen stört, beobachtet HESS den Himmel auf der Suche nach kosmischen Teilchenbeschleunigern. Dabei nehmen die zurzeit etwa 130 an dem Projekt beteiligten Forscher Objekte sowohl außerhalb als auch innerhalb unserer Galaxis ins Visier. Einige besonders interessante Objekte möchten wir im Folgenden etwas näher beleuchten.


Die Milchstraße im Gammalicht

Man erwartet, im schmalen Band der Milchstraße zahlreiche Gammaquellen, wie etwa die oben erwähnten Supernova-Überreste, zu finden. Deshalb wurde sie mit HESS systematisch nach Gammaquellen durchmustert. Der Standort von HESS in Namibia ist dazu besonders geeignet, weil der zentrale Bereich der Milchstraße dort nahe dem Zenit kulminiert, im Südwinter gegen Mitternacht. Da für zenitnahe Quellen das Tscherenkow-Licht weniger Atmosphäre zu durchqueren hat und damit weniger abgeschwächt wird, ist die Energieschwelle in diesem Fall deutlich niedriger als bei Beobachtung in Richtung des Horizonts. Das große Gesichtsfeld von HESS, mit etwa fünf Grad Durchmesser etwa 100-mal so groß wie die scheinbare Fläche des Vollmonds, ist ein Schlüssel für den Erfolg dieser Kartierung, für welche die Milchstraße mit einer typischen Schrittweite von einem Grad in überlappende Beobachtungsfelder aufgeteilt wurde.

Waren vor einigen Jahren lediglich drei galaktische Gammaquellen bekannt, so liegt nun mit dieser Durchmusterung die erste Karte der Milchstraße im Hochenergie-Gammalicht vor. Sie enthält insgesamt mehr als 40 Gammaquellen - jede von ihnen ist ein kosmischer Teilchenbeschleuniger. Oben ist ein Ausschnitt dieser Karte im inneren Teil der Milchstraße gezeigt, das Ergebnis von fast 1000 Stunden Datenaufnahme verteilt über mehrere Jahre (siehe Bildunterschrift 3). Fast alle diese galaktischen Gammaquellen sind ausgedehnte und strukturierte Objekte mit einer typischen Größe von einigen zehntel Grad, entsprechend einem Durchmesser von einigen zehn Lichtjahren bei Entfernungen von typischerweise 10 000 Lichtjahren. Je nach Himmelsregion kann sich die Identifikation der Quellen als schwierig erweisen, jedoch kann etwa eine Hand voll eindeutig Supernova-Überresten zugeordnet werden, zirka 20 sind höchstwahrscheinlich mit Pulsarwindnebeln assoziiert, eine mit einem Binärsystem. Bei weiteren 20 Objekten ist die Identifikation unsicher. Eine besonders interessante Klasse bildet ein knappes Dutzend so genannter dunkler Quellen, bei denen auf Röntgen- und Radiokarten kein plausibles Gegenstück zu finden ist.


Supernova-Überreste - die Quellen der kosmischen Strahlung?

Bei einer Supernova-Explosion wird ein Großteil der Materie des Vorgängersterns eruptionsartig in den interstellaren Raum hinausgeschleudert. Hierbei werden Geschwindigkeiten bis zu einigen tausend Kilometern pro Sekunde erreicht, welche die Schallgeschwindigkeit im interstellaren Medium üblicherweise bei Weitem übersteigen: Eine Stoßwelle breitet sich aus, die das interstellare Material vor sich herschiebt. Geladene Teilchen können durch turbulente Magnetfelder im Bereich vor und hinter der Stoßwelle abgelenkt und gestreut werden und die Stoßfront in beide Richtungen überqueren. Ein Teilchen, das aus dem ruhenden Material vor der Stoßwelle in den Bereich hinter der Stoßfront gelenkt wird, findet sich plötzlich in einer Strömung wieder und wird »mitgerissen« - dabei erhöht sich seine Energie. Analoges passiert, wenn das Teilchen wieder vor die Stoßwelle gestreut wird. Eine Beschleunigung bis zu Energien im TeV-Bereich kann 100 bis 1000 Jahre in Anspruch nehmen, weil die Teilchen bei jeder Überquerung der Stoßfront üblicherweise nur wenige Prozent an Energie gewinnen. Die Maximalenergie, welche die Teilchen erreichen können, hängt von Details der Supernova und ihrer Umgebung ab, wird aber vor allem von der Geschwindigkeit der Stoßwelle und der Stärke des Magnetfelds in der Beschleunigungsregion beeinflusst.

Modellrechnungen zeigen, dass Selbstverstärkungseffekte das Magnetfeld um bis zu einen Faktor 100 gegenüber dem üblichen galaktischen Wert ansteigen lassen können, was Teilchenbeschleunigung bis nahe zum »Knie« in der Energieverteilung der kosmischen Strahlung (einige 1015 eV) ermöglichen sollte. Nur wenige Teilchen erreichen jedoch die Maximalenergie des Beschleunigers; durch Diffusion aus der Region um die Stoßwelle herum entziehen sich immer wieder einige von ihnen der weiteren Beschleunigung. Auf diese Weise entstehen Potenzspektren, die in ihrer Form der beobachteten Energieverteilung der kosmischen Teilchenstrahlung ähneln.

Sind denn nun Supernova-Überreste eine Quelle der kosmischen Strahlung, das heißt, werden an ihren Stoßfronten tatsächlich Atomkerne beschleunigt, oder handelt es sich bei diesen Teilchen um Elektronen, die nur einen verschwindenden Anteil der kosmischen Strahlung ausmachen? Mit der Beobachtung des Supernova-Überrests RX J1713.7-3946 im Sternbild Skorpion hat HESS einen wichtigen Beitrag geleistet, das Szenario der Stoßwellenbeschleunigung in diesen Objekten zu überprüfen. Zum ersten Mal konnte die Schockwelle eines Supernova-Überrests als Quelle hochenergetischer Gammastrahlung abgebildet werden (Bildunterschrift 4). Überhaupt war dies das erste Mal, dass die Struktur einer TeV-Quelle räumlich aufgelöst werden konnte. Die ringförmige Struktur der sich ausbreitenden Stoßwelle weist im Gammalicht einen Durchmesser von etwa einem Grad auf. Annähernd dieselbe Form und Helligkeitsverteilung zeigt die Quelle im Röntgenbereich, ein Hinweis darauf, dass die geladenen Teilchen, welche die Röntgen- und Gammastrahlung erzeugen, in denselben Regionen der Stoßwelle beschleunigt werden. Die Synchrotron-Röntgenstrahlung wird dabei von den Elektronen erzeugt, die in Magnetfeldern in und hinter der Stoßwelle abgelenkt werden. Die Form der Energieverteilung und die Anwesenheit starker Magnetfelder lassen jedoch den Schluss zu, dass die mit HESS nachgewiesene Gammastrahlung nicht von Elektronen, sondern überwiegend von Atomkernen erzeugt wird, wenn sie mit Gasteilchen kollidieren. In der Stoßwelle von RX J1713 werden also vermutlich sowohl Elektronen als auch Atomkerne zu etwa gleichen Anteilen beschleunigt. Der letzte Beweis dafür, dass RX J1713 eine Quelle der kosmischen Teilchenstrahlung ist, steht jedoch noch aus.

RX J1713-3946 ist mit einem geschätzten Alter von 1600 Jahren ein eher junger Supernova-Überrest. Die mindestens 35 000 Jahre alte Quelle W 28 im Sternbild Schlangenträger gehört zu einer wesentlich älteren Generation von Supernova-Überresten. Ihre Stoßwelle wurde schon so weit durch Kollisionen mit dem interstellaren Gas abgebremst, dass Elektronen in ihr kaum noch effizient beschleunigt werden können, da die Energieverluste durch Synchrotronstrahlung nicht schnell genug ausgeglichen werden können. Die mit HESS nachgewiesene hochenergetische Gammastrahlung (Bildunterschrift 5) wird deshalb als Hinweis darauf gedeutet, dass diese Quelle Atomkerne beschleunigt. Dafür spricht auch, dass ein Teil der Gammastrahlung aus der Richtung nahe gelegener Molekülwolken nachgewiesen wurde, in deren dichtem Gas diese Atomkerne besonders viel Gammastrahlung produzieren sollten.


Pulsarwindnebel - ein kosmisches Plasmaphysik-Labor

Im Zentrum einer Supernova-Explosion entsteht häufig ein Pulsar, ein schnell rotierender Neutronenstern, dessen Rotationsachse nicht mit der Ausrichtung seines starken Dipol-Magnetfelds übereinstimmt. Wie ein Dynamo induziert das mitbewegte Magnetfeld elektrische Felder, in denen Elektron-Positron-Paare erzeugt und zu einem relativistischen Wind beschleunigt werden. Trifft der Wind auf das umgebende Medium, so wird er abgebremst. Es bildet sich eine stehende Stoßwelle aus, an der die Teilchen des Winds ähnlich wie an der Stoßfront eines Supernova-Überrests beschleunigt werden können. Details der Beschleunigungsmechanismen und der Energieumsetzung sind noch nicht verstanden, und Beobachtungen dieser Pulsarwindnebel im Gammastrahlungsbereich sind ein wichtiges Werkzeug, die recht komplexen Gebilde genauer zu untersuchen.

Tatsächlich sind die meisten Pulsarwindnebel - sofern sie von einem wirklich starken Pulsar mit Energie versorgt werden - Gammaquellen, und bilden die größte Klasse unter den mit HESS nachgewiesenen galaktischen Objekten. Beobachtungen mit HESS zeigen, dass die meisten dieser kosmischen Beschleuniger unerwartet große Objekte sind, mit einer Ausdehnung von einigen zehn Lichtjahren. Ferner sind die Gammaquellen oft gegenüber ihrem Pulsar versetzt; ein möglicher Grund dafür ist, dass die Pulsare in der Supernova-Explosion einen Kick bekommen und mit einigen hundert Kilometern pro Sekunde davonfliegen, wodurch der Pulsarwindnebel die Form eines Kometenschweifs erhält.

Wenn Pulsarwindnebel Elektronenbeschleuniger sind, so erwartet man, dass sich die Größe der Gammastrahlungsregion mit zunehmender Energie verkleinert, von bis zu 100 Lichtjahren bei »niedrigen« Energien zu unter einem Lichtjahr bei höchsten Gamma-Energien. Hochenergetische Elektronen verlieren nämlich durch die oben bereits angesprochene Synchrotronstrahlung im interstellaren Magnetfeld kontinuierlich Energie, während sie sich im Nebel ausbreiten. Dieser Energieverlust ist umso stärker, je größer die Energie des Elektrons ist. Elektronen mit hoher Energie findet man daher nur in unmittelbarer Nähe des Pulsars - entsprechend hochenergetisch ist dort die von ihnen erzeugte Gammastrahlung. Entfernte Regionen hingegen sind nur von niederenergetischen Elektronen bevölkert, was zu einer niederenergetischen Gamma-Emission führt. Das obige Bild (siehe Bildunterschrift 6) veranschaulicht diese »Elektronenkühlung« anhand der Quelle HESS J1825-137, eines etwa ein Grad ausgedehnten, besonders großen Pulsarwindnebels, der von einem der 20 stärksten bekannten Pulsare mit Energie versorgt wird.


Ein gigantischer Strahlungsausbruch

Neben galaktischen Objekten wurden mit HESS zahlreiche potenzielle extragalaktische Gammaquellen beobachtet, darunter Aktive Galaktische Kerne (AGN), Starburst-Galaxien, Galaxienhaufen und Gammastrahlungsausbrüche. Bisher sind jedoch nur AGN, und unter ihnen insbesondere die Klasse der Blazare, als Gammastrahlungsquellen identifiziert worden.

AGN sind sehr leuchtstarke Kerne aktiver Galaxien, die dem Betrachter auf Grund ihrer großen Entfernung als punktförmige Objekte erscheinen. In ihrem Zentrum befindet sich ein extrem massereiches Schwarzes Loch, das Materie aus seiner Umgebung aufsaugt und in Form enger Kegel, so genannter Jets, mit annähernd Lichtgeschwindigkeit ausstößt. Instabilitäten innerhalb dieser Jets sorgen dafür, dass insbesondere Blazare - AGN, deren Jet in Richtung des Betrachters zeigt - stark veränderliche Strahlungsquellen sind. Der Mechanismus der Jet-Erzeugung sowie die Art der Teilchen, die in ihnen beschleunigt werden, sind Schwerpunkte, auf die sich die aktuelle Forschung konzentriert.

Mehr als 20 AGN sind mittlerweile als Gammastrahlungsquellen identifiziert worden, und bei einigen von ihnen wurde eine mehr oder weniger stark veränderliche Leuchtkraft beobachtet. Ein besonders spektakulärer Anblick bot sich den HESS-Teleskopen im Juli 2006: Über einen Zeitraum von 90 Minuten zeigte der Blazar PKS 2155-304 einen gewaltigen Strahlungsausbruch, dessen Intensität im Gamma-Energiebereich etwa einen Faktor 100 über dem üblichen Quellfluss lag und im Maximum die 15-fache Intensität des Krebsnebels erreichte (Bildunterschrift 7). Berücksichtigt man, dass PKS 2155 etwa 200 000-mal weiter von uns entfernt ist als der Krebsnebel, so bekommt man eine Vorstellung von der ungeheuren Energie, die in dieser Quelle umgesetzt wurde: Sie erzeugte zu diesem Zeitpunkt zwölf Größenordnungen mehr Energie im Bereich hochenergetischer Gammastrahlung als der starke Pulsar des Krebsnebels.

Auch änderte sich die gemessene Intensität auf Zeitskalen von Minuten. Damit zeigt diese Quelle mit die schnellste Variabilität, die jemals bei einem AGN beobachtet wurde (Bildunterschrift 7). Solch kurze Strahlungsausbrüche stellen die Theorie vor große Herausforderungen, ist doch damit die Größe der Emissionsregion auf Grund der endlichen Lichtlaufzeit auf wenige Lichtminuten beschränkt. Stammt die Strahlung aus der unmittelbaren Nähe des Schwarzen Lochs, welches einen Durchmesser von etwa 100 Lichtminuten hat, so lässt sich die schnelle Variabilität nur dann plausibel erklären, wenn sich die Materie, welche die Gammastrahlung erzeugt, im Jet nahezu mit Lichtgeschwindigkeit auf uns zubewegt. In diesem Fall folgt die Materie der eigenen Lichtemission so schnell nach, dass durch einen relativistischen Doppler-Effekt die Lichtkurve am Ort des Betrachters um mehrere Größenordnungen zeitlich komprimiert erscheinen kann. Aus der Untersuchung solcher Ausbrüche hofft man Einblicke in die Prozesse in der unmittelbaren Umgebung des Schwarzen Lochs zu erhalten.


Ist die Vakuum-Lichtgeschwindigkeit wirklich konstant?

Mit Hilfe des Strahlungsausbruchs von PKS 2155-304 konnte HESS einen der Grundpfeiler der modernen Physik überprüfen, nämlich das einsteinsche Postulat, »dass sich das Licht im leeren Raume stets mit einer bestimmten, vom Bewegungszustande des emittierenden Körpers unabhängigen Geschwindigkeit V fortpflanze«. Seine Verletzung hätte weit reichende Konsequenzen für unser Verständnis von Raum und Zeit. Insbesondere besagt das Postulat, dass die Geschwindigkeit des Lichts unabhängig von der Wellenlänge, also seiner Energie sein sollte. Einige Theorien zur Quantengravitation sagen jedoch eine mögliche Energieabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit voraus. In diesen Theorien ist der Raum auf sehr kleinen Skalen »körnig«; Photonen mit Gamma-Energien haben sehr kurze Wellenlängen und werden in ihrer Ausbreitung durch die Struktur des Raums beeinflusst. Der Effekt auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit ist minimal, aber die Beobachtung von TeV-Photonen sehr weit entfernter Objekte mit Tscherenkow-Teleskopen könnte eine solche Energieabhängigkeit nachweisen.

Auf ihrer Reise von PKS 2155-304 zur Erde war die hochenergetische Gammastrahlung etwa 1,5 Milliarden Jahre unterwegs. Sollten sich in diesem Zeitraum beispielsweise die Photonen niedriger Energie schneller fortgepflanzt haben als diejenigen höherer Energie, so könnte sich dieser Geschwindigkeitsunterschied über die Jahre zu einem messbaren Laufzeitunterschied summiert haben. Ist die Quelle variabel, so kann man nach einer zeitlichen Verschiebung zwischen den Lichtkurven von Gammastrahlung niedriger Energie und derjenigen hoher Energie suchen (Bildunterschrift 8). Mit den HESS-Beobachtungen des Ausbruchs von PKS 2155-304 vom Juli 2006 stand dazu ein idealer Datensatz zur Verfügung. Innerhalb der Genauigkeit der Messmethode wurde aber kein Laufzeitunterschied gefunden: In einer Sekunde legt das Licht etwa 300 000 Kilometer zurück, und diese Strecke ändert sich um höchstens 450 Nanometer, also etwa den hundertsten Teil eines Haardurchmessers.


Quo vadis, Gamma-Astronomie?

HESS hat in den letzten Jahren das Fenster der Gamma-Astronomie weit aufgestoßen. Um noch empfindlichere Messungen zu ermöglichen, wird das System derzeit um ein fünftes, viel größeres Teleskop erweitert. Mit etwa 600 Quadratmetern Spiegelfläche wird es Gammastrahlung deutlich geringerer Energie nachweisen können, bei gleichzeitiger Steigerung der Empfindlichkeit bei hohen Energien. Auch das MAGIC-Instrument wird dieses Jahr ein zweites Teleskop in Betrieb nehmen und damit seine Empfindlichkeit deutlich steigern. Seit Sommer letzten Jahres beobachtet zudem der Fermi-Satellit den Himmel - er weist Gammastrahlung im Energiebereich 10 MeV bis 100 GeV nach, also bei überwiegend kleineren als den mit Tscherenkow-Technik zugänglichen Energien.

Das nächste große Projekt der Hochenergie-Gamma-Astronomie in Europa befindet sich schon in der Planungsphase. Das Cherenkov Telescope Array (CTA) soll mit Tscherenkow-Teleskopen verschiedener Typen einen Energiebereich von einigen 10 GeV bis hin zu einigen 100 TeV abdecken. Gleichzeitig soll die Empfindlichkeit um den Faktor zehn gesteigert werden. Das Konzept baut auf bekannten Technologien auf und könnte relativ schnell - bis etwa 2015 - realisiert werden. Das Projekt, das analog zu optischen Teleskopen als offenes Observatorium betrieben werden soll, wird von der europäischen Astroteilchenphysik-Gemeinde sehr positiv bewertet und wurde in die europäische ESFRI Roadmap für zukünftige Forschungsinfrastrukturen aufgenommen. Mit CTA sollte es in ein paar Jahren möglich sein, etwa 1000 Hochenergie-Gammaquellen zu beobachten und die Eigenschaften dieser faszinierenden Objekte im Detail zu untersuchen.


Werner Hofmann ist Direktor am Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg und leitet dort die Abteilung Teilchenphysik und Hochenergieastrophysik.

Christopher van Eldik beschäftigt sich am Max-Planck-Institut für Kernphysik mit dem HESS-Projekt.


Literaturhinweise:

[1] Stegmann, C.: Kosmische Strahlung - die Suche nach den Quellen. In: Sterne und Weltraum 3/2006, S. 36 - 39.

[2] Völk, H. J.: Neue Ergebnisse der Gamma-Astronomie. In: Sterne und Weltraum 8/2006, S. 36 - 45.

[3] Aharonian, F. A. et al. (HESS Collaboration): Primary Particle Acceleration Above 100 TeV in the Shell-type Supernova Remnant RX J1713.7-3946 with Deep HESS Observations. In: Astronomy & Astrophysics 464, S. 235 - 243, 2007.

[4] Aharonian, F. A. et al. (HESS Collaboration): Discovery of Very High Energy Gamma-ray Emission Coincident with Molecular Clouds in the W28 (G6.4-0.1) Field. In: Astronomy & Astrophysics 481, S. 401 - 410, 2008.

[5] Aharonian, F. A. et al. (HESS Collaboration): An Exceptional VHE Gamma-ray Flare of PKS 2155-304. In: Astrophysical Journal Letters 664, L71 - L74, 2007.

Weblinks zu diesem Artikel:
www.astronomie-heute.de/artikel/979338


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation

Bildunterschrift 1:
Zwei der vier Tscherenkow-Teleskope des HESS-Instruments in Namibia. Die aus je 382 einzelnen Fassetten zusammengesetzten Hauptspiegel haben eine Öffnung von zwölf Metern.

Bildunterschrift 2:
Die in einer astronomischen Quelle erzeugten hochenergetischen Photonen können sich im Gegensatz zu den geladenen Teilchen der kosmischen Strahlung geradlinig ausbreiten. In der Erdatmosphäre erzeugen die Photonen einen Teilchenschauer, dessen Teilchen Tscherenkow-Strahlung aussenden, die sich am Erdboden durch ein Teleskopsystem nachweisen lässt.

Bildunterschrift 3:
So erscheint der innere Bereich der Milchstraße im Licht der hochenergetischen Gammastrahlung. Die hier gezeigte Teilkarte ist das Ergebnis der HESS-Durchmusterung der galaktischen Ebene. Jeder der hellen Bereiche zeigt einen - meist ausgedehnten - kosmischen Teilchenbeschleuniger.

Bildunterschrift 4:
Die Gammastrahlung des Supernova-Überrests RX J1713.7-3946 zeichnet fast perfekt die aus Beobachtungen der Röntgenstrahlung (blaue Konturlinien) bekannte Struktur der Supernova-Schale nach. Der Durchmesser der Quelle beträgt knapp ein Grad. Im Vergleich dazu ist in der rechten unteren Ecke gezeigt, wie eine Punktquelle mit HESS abgebildet würde.

Bildunterschrift 5:
Diese Gammastrahlungskarte zeigt die Region um den alten Supernova-Überrest W 28. Die im Radiobereich gemessene Ausdehnung der Supernova-Schale gibt der weiße Kreis an. Die Gamma-Emission ist besonders stark in der Nähe von Molekülwolken am östlichen Rand der Schale sowie im Bereich südlich des Überrests.

Bildunterschrift 6:
Ein Beispiel für einen Pulsarwindnebel bietet diese Gammastrahlungskarte (2,5o 3 2,75o) der Umgebung des Pulsars PSR J1826-1334 (weiß markiert). Die Farbkodierung (rot, grün, blau) zeigt Bereiche niederenergetischer, mittlerer und hochenergetischer Gammastrahlung an. Deutlich erkennt man die »Kühlung« der Elektronen, die sich weit vom Pulsar entfernt haben.

Bildunterschrift 7:
Am 28. Juli 2006 wurde diese Gamma-Lichtkurve des Blazars PKS 2155-304 aufgezeichnet. Die Intensität der Gammastrahlung variiert auf Zeitskalen von wenigen Minuten. Die blaue horizontale Linie zeigt die Intensität des Krebsnebels.

Bildunterschrift 8:
Eine mögliche Energieabhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit bei Gamma-Energien kann gemessen werden, wenn die Gammaquelle variabel ist. In diesem Fall sollte an markanten Stellen der Lichtkurve eine Verschiebung in der Ankunftszeit der hochenergetischen zu derjenigen der niederenergetischen Photonen nachweisbar sein: Unter der Annahme gleichzeitiger Emission von der Quelle (links) ergibt sich aus dem Zeitunterschied der Ankunft auf der Erde (rechts) bei bekannter Entfernung der Quelle der Unterschied in der Lichtgeschwindigkeit.


© 2009 Werner Hofmann, Christopher van Eldik, Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH, Heidelberg


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Quelle:
Sterne und Weltraum 3/09 - April 2009, Seite 38 - 47
Zeitschrift für Astronomie
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Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Dr. Jakob Staude
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. April 2009