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PLANET/494: Ein Planet in einem Vierfach-Sternsystem entdeckt (Sterne und Weltraum)


Sterne und Weltraum 1/13 - Januar 2013
Zeitschrift für Astronomie

Nachrichten

Ein Planet in einem Vierfach-Sternsystem entdeckt



Ein Planet mit gleich vier Sonnen an seinem Himmel ist die neue Entdeckung von Amateurforschern, die mit Betreuung durch professionelle Astronomen auf der Website www.planethunters.org Daten des Weltraumteleskops Kepler auf potenzielle Exoplaneten durchmustern, die den Wissenschaftlern des Kepler-Teams bislang entgangen waren. Der neue Himmelskörper erhielt die Bezeichnung PH1 (Planet Hunters 1) und befindet sich im rund 5000 Lichtjahre von uns entfernten Vierfach-Sternsystem KIC 4862625. Es besteht aus zwei Sternpaaren, die in einem Abstand von rund 1000 Astronomischen Einheiten (AE) den gemeinsamen Schwerpunkt des Gesamtsystems umrunden. Der Planet umkreist den massereicheren Doppelstern des Systems, der aus einer Sonne des Spektraltyps F mit der anderthalbfachen Masse unseres Tagesgestirns und einem Roten Zwerg des Spektraltyps M mit 40 Prozent der Sonnenmasse besteht (siehe künstlerische Darstellung in der Druckausgabe).

Diese beiden Sterne umrunden in 20 Tagen ihren gemeinsamen Schwerpunkt in einem mittleren Abstand von 0,17 AE. Sie bedecken sich von uns aus gesehen in regelmäßigen Abständen. Auch der neuentdeckte Planet PH1 wandert vor beiden Sonnen durch und reduziert währenddessen geringfügig ihre Helligkeiten. Dabei sind jedoch die Effekte durch die gegenseitigen Bedeckungen der beiden Sterne weit stärker ausgeprägt und können leicht das schwache Signal des Planetentransits überlagern. Somit ist es in Doppel- oder Mehrfachsystemen deutlich schwieriger, Planeten zu entdecken.

Die regelmäßigen Schwankungen durch die Transits des Exoplaneten wurden vom Weltraumteleskop Kepler registriert. PH1 umkreist beide Sonnen in einem mittleren Abstand von 0,63 AE, etwas weniger als der Abstand der Venus zur Sonne. Er benötigt dafür rund 137 Tage. Aus dem Verlauf der Lichtkurven bei den Transits ließ sich die Größe des Planeten bestimmen, sie beträgt das 6,2-Fache des Erdradius. Aus weiteren Beobachtungen des Systems leitet das Forscherteam um Megan E. Schwamb an der Yale University eine maximale Masse von rund 169 Erdmassen ab, also etwa die Hälfte der Jupitermasse. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist PH1 ein Gasplanet. Praktisch zeitgleich mit dem Team um Schwamb veröffentlichten Astronomen um V. B. Kostov an der Johns Hopkins University in Baltimore eine Arbeit, bei der sie für den Planeten um KIC 4862625 zu sehr ähnlichen Ergebnissen kommen.

Das zweite Sternpaar, das zu dem Vierfachsystem gehört, besteht aus einem Stern des Spektraltyps G ähnlich unserer Sonne und ebenfalls einem Roten Zwerg des Spektraltyps M. Ihr Abstand voneinander ist offenbar kleiner als 40 AE. Aus den Messungen der Forschergruppe um Schwamb lässt sich nur nachweisen, dass dieses Sternpaar gravitativ an den Doppelstern gebunden ist, den der Exoplanet umkreist. Die Bahnbewegung beider Sternpaare umeinander lässt sich erst mit künftigen Beobachtungen ermitteln.

arxiv.org/abs/1210.3612

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Didaktische Materialien zu diesem Beitrag

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WiS in Sterne und Weltraum
»Der mehrfache Sonnenuntergang« bezieht sich auf die Nachricht auf S. 17 und versetzt die Schüler auf den Planeten PH1, wo sie die von der Erde gewohnten Himmelsereignisse auf ein Vierfachsternsystem übertragen sollen. Ein Modell zum Selberbauen hilft ihnen dabei, die komplexen Bewegungen der Himmelskörper dieses Mehrfachsystems zu verstehen.
(ID-Nummer: 1156153)


Bildunterschriften der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildungen der Originalpublikation:

Der Planet PH1 umkreist einen Doppelstern, der aus einer Sonne des Spektraltyps F (Mitte) und einem Roten Zwerg des Spektraltyps M besteht. PH1 ist hier als kleine schwarze Scheibe am rechten Rand des F-Sterns zu sehen. Links oberhalb der kleinen roten Sonne sind zwei weitere Sterne zu erkennen, die wiederum einen Doppelstern bilden und ebenfalls zum System KIC 4862625 gehören.

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Quelle:
Sterne und Weltraum 1/13 - Januar 2013, Seite 17
Zeitschrift für Astronomie
Herausgeber:
Prof. Dr. Matthias Bartelmann (ZAH, Univ. Heidelberg),
Prof. Dr. Thomas Henning (MPI für Astronomie),
Dr. Jakob Staude
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Februar 2013