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FORSCHUNG/949: Kognitionsbiologie - Auch Tiere komponieren (idw)


Universität Wien - 17.02.2015

Auch Tiere komponieren


Musik ist ein wesentlicher Bestandteil aller menschlichen Kulturen. Sie scheint aber nicht nur ein rein kulturelles Phänomen darzustellen, sondern auch tief in unserer biologischen Veranlagung verankert zu sein. Diesen Schluss zieht ein internationales ForscherInnenteam rund um Marisa Hoeschele vom Department für Kognitionsbiologie der Universität Wien auf Basis verschiedener evolutionsbiologischer Studien. Anhand der Forschung des natürlichen Verhaltens von Tieren könnte es möglich sein, die Fundamente der menschlichen Musikalität zu entschlüsseln. Ihr Aufsatz dazu erscheint aktuell in der renommierten Fachzeitschrift "Philosophical Transactions of the Royal Society B".


Die verschiedensten menschlichen Kulturen haben unabhängig voneinander einzigartige musikalische Systeme entwickelt. Trotz der Einzigartigkeit jeder einzelnen Tonwelt haben viele Kulturen bestimmte Aspekte der Musik gemein, wie etwa welche Notenintervalle als angenehm empfunden werden. Basierend auf zahlreichen Studien kommt nun ein internationales ForscherInnenteam um die Kognitionsbiologin Marisa Hoeschele von der Universität Wien zur Erkenntnis, dass die Forschung mit Tieren von zentraler Bedeutung sein könnte, wenn es darum geht zu entschlüsseln, welche Aspekte der menschlichen Musik rein kulturelle Phänomene sind und welche in unserer Biologie verwurzelt sind.


Mit Verhaltensforschung Musikalität ergründen

In ihrem Übersichtsartikel im Fachjournal "Philosophical Transactions of the Royal Society B" erklären die WissenschafterInnen, dass es mithilfe der Verhaltensforschung von Tieren möglich ist, die Fundamente der menschlichen Musikalität zu rekonstruieren. Mittels Vergleich kann untersucht werden, ob Tierarten bestimmte musikalische Merkmale, die auch Teil der menschlichen Musikalität sind, mit uns gemeinsam haben. Dabei wird neben dem natürlichen Verhalten von Tieren auch das Verhalten unter künstlichen Laborbedingungen berücksichtigt.


Vom Piepmatz zum Komponisten

"Wenn alle Menschen musikalische Systeme entwickeln und diese Systeme zudem klare Parallelen zueinander aufweisen, dann liegt der Schluss nahe, dass die Musik ein biologisches Phänomen der menschlichen Spezies ist", erläutert Hoeschele. Genauso wie es Parallelen in der Musik verschiedener Kulturen gibt, so finden sich auch Ähnlichkeiten in den Lauten und der Wahrnehmung zwischen verschiedenen Tierarten. Beispielsweise müssen Singvögel, die ihre Bezeichnung aufgrund ihrer liedähnlichen Laute tragen, als Jungvögel ihre Gesänge erlernen - dies ist in der Tierwelt eine relativ seltene Fähigkeit und Voraussetzung dafür, dass neue Gesänge entstehen können.

Einige Singvögel können sogar als Erwachsene neue Laute und Gesänge erlernen. Hierzu gehören etwa Papageien, die, wie Forschung erst kürzlich gezeigt hat, auch einen Rhythmus identifizieren und sich im Takt dazu bewegen können. Solche Beispiele zeigen deutlich, dass einige Tierarten über biologische Anpassungen verfügen, die den menschlichen recht ähnlich sind.


Tiere mit Musikgeschmack

Einige Tierarten können also, ähnlich wie die Menschen, Musik ihrem Komponisten und/oder ihrem Genre zuordnen. Bislang wurde hierzu nur wenig erforscht, aber es scheint, dass es in der Tierwelt nicht nur viele Parallelen in den musikalischen Fähigkeiten gibt, sondern auch, dass viele Tierarten Bestandteile der Musik so wahrnehmen wie wir auch, und dass wenigstens einige ähnliche Aspekte wie wir in der Musik genießen. "Unser Überblicksartikel umreißt, was in diesem sich rasant entwickelnden Forschungsgebiet bereits erforscht wurde und in welche Richtung es sich zukünftig entwickeln sollte, um letztendlich die Frage über den Ursprung der menschlichen Musikalität beantworten zu können", sagt Hoeschele.


Publikation in Philosophical Transactions of the Royal Society B: Hoeschele, M., Merchant, H., Kikuchi, Y., Hattori, Y., ten Cate, C. (2015). Searching for the origins of musicality across species. Philosophical Transactions of the Royal Society B, 370(1664).
DOI: 10.1098/rstb.2014.0094


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Universität Wien, Stephan Brodicky, 17.02.2015
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E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 19. Februar 2015

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