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RATGEBER/221: Kinderfragen (20) Warum Benzin in Pfützen schillert (SB)


KINDERFRAGEN 20

Warum schimmern Pfützen bunt, wenn Benzin darauf schwimmt?


Daß Benzin in allen Farben des Regenbogens schillert, wenn es in einer Pfütze auf dem dunklen Asphalt schwimmt, weiß jedes Kind. Aber warum ist das so? Nur Physiker scheinen darauf eine Antwort zu haben:

Benzin und Wasser können sich nicht vermischen. Vielleicht kennt der eine oder andere den Ausdruck: "Fett schwimmt oben", der u.a. das Phänomen der Fettaugen auf der Suppe erklärt. Wasserunlösliche, sogenannte lipophile Stoffe haben häufig eine geringere Dichte als Wasser. Selbst wenn man Öl und Wasser miteinander verquirlt, trennt es sich am Ende so auf, daß das leichtere Fett an der Oberfläche des Wassers ausperlt und seine eigene Schicht bildet.

Benzin ist noch leichter als Öl und schwimmt daher ebenfalls auf dem Wasser. Außerdem breitet es sich mit großer Geschwindigkeit über die Wasseroberfläche aus und bildet dadurch einen sehr dünnen Film, der meistens gerade so dick wie ein einziges Benzinmolekül ist. Und das ist für das Erklären des Schillerns die wohl wichtigste Voraussetzung.

Trifft jetzt normales weißes Licht (z.B. Sonnenlicht) auf die Oberfläche, wird ein kleiner Teil des Lichts reflektiert, der Rest dringt dann durch die Benzinschicht bis an die Wasseroberfläche, wo er zum 2. Mal reflektiert wird. Die Lichtstrahlen gelangen zurück an die Benzin-Luft-Grenze, an der sie ebenfalls wieder gespiegelt werden, usw. Das meiste Licht geht zwar durch diese sogenannte einmolekulare Schicht durch (etwa 96%), aber 4% Reflexion reichen für das Farbspiel aus.

Die Oberfläche des Benzins, d.h. physikalisch die Grenzfläche Luft/Benzin und die Oberfläche des Wassers (Grenzfläche Benzin/Wasser) wirken also jeweils wie Spiegel, zwischen denen das Licht innerhalb einer hauchdünnen Schicht hin und her reflektiert werden kann. Dabei können einige Wellenlängen verloren gehen, während andere Farben verstärkt werden.

Letzteres hängt zum einen an der wellenförmigen Natur des Lichts, zum anderen daran, daß es bei der 2. Reflexion einen minimal längeren Weg (nämlich genau die Schichtdicke des Benzins) zurücklegt, bis es sich wieder mit dem zuvor reflektierten Lichtstrahl vereint. Physiker sprechen hierbei von einem "Gangunterschied". Bei dem Licht, das insgesamt von der Pfütze reflektiert wird und in unser Auge trifft, kommt es dann zu Überlagerungen der an unterschiedlichen Schichten reflektierten Wellenlängen des Lichts.

Licht setzt sich aus verschiedenen Wellenlängen zusammen: Alle Spektralfarben des sichtbaren Lichts von violett bis blau nehmen sehr kurze Wellenlängen zwischen 4 und 8 Zehntausendstel Millimeter ein.

Ist der Gangunterschied des an den beiden Schichten reflektierten Strahls beispielsweise für Rot gerade so groß, daß die beiden reflektierten Wellen genau entgegengesetzt schwingen (sich also die Wellenbäuche wie Positiv und Negativ verhalten) dann löschen sie sich gegenseitig aus. Wären sie dagegen genau parallel, würde sich der Farbeindruck verstärken. So fehlt dem reflektierten Licht im ersten Fall das Rot, was wir im Auge als seine Komplementärfarbe Blaugrün registrieren.

Auch die verstärkten Wellen nehmen wir mit unserem Auge jeweils als die Ergänzungsfarbe wahr. Da Pfützen zudem keine unbewegten Spiegelflächen sind, sondern von Erschütterungen oder Winden ständig bewegt werden, und sich zudem der Benzinfilm auf dem Wasser unablässig bewegt, weil Benzin das Wasser gewissermaßen ständig abstößt und umgekehrt, wechselt die Stärke des Gangunterschieds ständig und damit auch die Farbeindrücke und Effekte, die damit einhergehen.

Auf diese Weise entsteht das attraktive Schillern, das man bestenfalls noch bei Seifenblasen beobachten, aber nicht mit anderen Mitteln kopieren kann. Seifenblasen besitzen ebenfalls zwei Grenzschichten und eine Doppelmolekülwand. Das Seifenblasenschillern läßt sich also auf genau die gleiche Weise erklären.

6. November 2007