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RATGEBER/296: Chemisches Perpetuum Mobile in der Halogenlampe (SB)


VON APFELESSIG BIS ZITRONE

Bewährte Alltagschemie einfach erklärt

Die Halogenlampe


Halogenlampen - ein chemisches Perpetuum Mobile? Dieser Eindruck von Genialität wurde Jahrzehntelang mit dem Begriff Halogenlampe verbunden. Heute würde man allerdings wohl eher von banalem "Recyling im Glaskolben" sprechen. Denn diese sich vermeintlich selbst erneuernde Lichtquelle, die immerhin noch länger leuchtet als jede herkömmliche Glühbirne, hält nicht das, was man von einem echten Perpetuum Mobile erwarten würde und muß nach tausenden von Betriebsstunden schließlich doch ausgewechselt werden. Inzwischen ist sie trotz aller Sparsamkeit - mitsamt der alten Glühlampe - ein Haushaltsgegenstand, dessen Tage gezählt sind. Am 8. Dezember wurde die schrittweise Ausmusterung der alten Glühbirne von allen EU-Staaten beschlossen.

Ursprünglich wollten die Forscher des amerikanischen Unternehmens General Electric nur eine leistungsstarke, aber sehr kleine Glühlampe entwickeln, die für den Einbau in die Positionslichter von Flugzeugen gedacht war. Denn Positionslichter müssen für die extrem dünnen Flügelenden von Überschallverkehrsflugzeugen sehr klein sein und sehr hell strahlen.

Zunächst wurde versucht, die Betriebstemperatur des Wolframdrahtes zu erhöhen, um die Lichtausbeute zu verbessern. Doch erwartungsgemäß verdampfte das Metall bei hohen Temperaturen wesentlich schneller, die Glaskolben wurden schwarz und der Glühdraht, der zu schnell an Substanz verlor und brüchig wurde, hatte eine viel zu kurze Lebensdauer.

Schließlich versuchten die Forscher es mit einem Trick. Anstatt den Kolben, wie bei normalen Glühbirnen üblich, mit Edelgas zu füllen, benutzten sie das sehr reaktionsfreudige Element Jod, später auch Brom, beide aus der Gruppe der Halogene im Periodensystem der Elemente. Aus diesen Experimenten ging in den fünfziger Jahren eine ganze Reihe von Lichtquellen hervor, die heute wegen der verwendeten Füllgase als Halogenlampen bekannt sind. Allerdings eigneten sich außer Jod und Brom keine anderen Halogene, wie die Elemente der 7. Hauptgruppe des Periodensystems, zu denen außerdem Chlor, Fluor und Astat gehören, genannt werden.

Die Funktionsweise gleicht einem Recyclingverfahren

Zunächst leuchtet der Wolframglühfaden in der Halogenlampe wie auch in herkömmlichen Glühbirnen, wenn er durch elektrischen Strom erhitzt wird. Dabei schmilzt und verdampft ständig etwas elementares Wolframmetall. In der Nähe des Glühfadens geht das verdampfte Wolfram keine chemische Verbindung mit dem Halogen ein - bei etwas 3.000 Grad Celsius ist es dafür schlicht zu heiß.

Auf der Innenseite des Glaskolbens kühlen die atomaren Tröpfchen jedoch auf weniger als 800 Grad Celsius herunter und reagieren spontan mit dem eingebrachten Halogengas zu gasförmigen Wolframbromid oder -jodid. Das entstandene Halogenid wandert zu dem erodierenden Glühfaden, zerfällt bei den an der Wendel herrschenden Temperaturen aber sofort wieder in seine elementaren Einzelteile: Wolfram schlägt sich auf den Glühfaden nieder und repariert kurzfristig die Erosion. Das Halogengas wird wieder freigesetzt. Nur, damit nach kurzer Zeit wieder exakt das gleiche passiert.

Der Vorteil der Halogenleuchten ist jedoch nicht nur eine längere Lebensdauer, weil Wolfram in einem Kreisprozeß wieder auf den Glühdraht zurückgeführt wird, sondern auch eine höhere Lichtausbeute, weil das verdampfende Wolfram in gebundener Form nicht den Kolben schwärzt.

Vor knapp 10 Jahren kamen sogenannte Xenonlampen (gefüllt mit dem viertschwersten der Edelgase) dazu, die ihnen jedoch den Rang streitig machen: Statt eines Glühfadens verwendet diese eine Lichtbogenentladung zwischen zwei Elektroden in einer Atmosphäre aus Xenon und dampfförmigen Metallsalzen.

Am 1. September 2009 wird die erste Stufe des sogenannten Glühlampenverbotes, also des schrittweisen Verschwindens von ineffizienten Haushaltslampen vom Markt, scharf gestellt: Ab dann dürfen alle matten Glühbirnen sowie klare Glühbirnen ab 100 Watt nicht mehr verkauft werden. Für kleinere klare Glühbirnen gilt dies spätestens ab September 2012.
(DUH-Pressemitteilung, 14. Mai 2009 Deutsche Umwelthilfe e.V.)

Erstveröffentlichung 2000
Neue, aktualisierte Fassung

26. Juni 2009