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RATGEBER/304: Kinderfragen (28) Warum Honigmilch müde macht (SB)


KINDERFRAGEN 28

Warum Honigmilch müde macht und auch schon heiße Milch ein guter Schlaftrunk ist


Hieß es in den 70er Jahren "Milch ist gegen Maroditis", so muß man inzwischen keine imaginären Krankheiten mehr herbeizitieren, um zu behaupten, daß Milch gesund ist, munter macht und selbst dann noch, wenn sie einem überhaupt nicht behagt, getrunken werden sollte. Diesen guten Ruf "gesundheitlichen Werts" hat die Milch tatsächlich immer noch der alten Maroditis zu verdanken, die noch Generationen seit ihrer freien Erfindung als Werbegag für Milchwerbekampagnen in den Köpfen von Eltern und Erziehern herumspukt, auch wenn alle wissen, daß es so etwas wie üble Maroditis natürlich überhaupt nicht gibt.

Inzwischen ist mit Milch einiges geschehen, sie wurde chemisch haltbarer, homogener, weißer und mit Umweltschadstoffen belasteter. Es gibt sogar Stimmen, die behaupten, Erwachsene sollten die Finger ganz davon lassen, da sie für kleine Kälber und bestenfalls für Kinder geeignet ist, um Wachstum und Aufbau zu fördern, was für den älteren Menschen nicht mehr zuträglich wäre.

Die Angewohnheit, bei Erkältungskrankheiten Milch mit Honig zu trinken, sei zudem schleimfördernd und somit kontraproduktiv. Abgesehen davon, daß Milch Calicum enthält und somit Osteoporose vorbeugen hilft, wenn man denn mal davon ausgeht, daß das äußerlich eingenommene Calcium überhaupt in die Knochen gelangt, gibt es also kaum noch einen Grund, Milch zu trinken, es sei denn, sie schmeckt einem wirklich gut.

Dennoch gibt es manche Menschen, die hartnäckig auf besagte warme Milch mit Honig schwören, ob es nun die Bronchien verschleimt oder auch nicht. Auch als abendlicher Schlaftrunk wird sie immer noch gerne als Hausmittel serviert.

Ebenso wie bei warmem Bier mit Honig läßt sich danach nämlich tatsächlich wunderbar schlafen, Glieder- und Kopfschmerzen werden vergessen und am folgenden Tag wacht man erholter, gestärkt und gesünder wieder auf. Das alles verspricht man sich zumindest von dem "gesunden Schlaf", dem man sich auf diese Weise leichter überantworten kann.

Während man bei warmem Bier den erwärmten Alkohol für die schnelle und zentralwirksame Betäubung verantwortlich machen kann, muß man sich doch fragen, was läßt einen nach heißer Honigmilch so leicht ins Reich der Träume gleiten. Ist es nur die wohlige Wärme, der hohe Fruchtzuckergehalt des Honigs, der das Blut aus dem Gehirn und der Peripherie in den Magen-Darm-Trakt zieht, oder schlicht die aus der Erwartung generierte Entspannung mit dem Wunsch, daß anschließend alles besser werden wird?

Laut einer durch die Associated Press veröffentlichten Pressemitteilung enthält Milch viel Tryptophan, eine einfache Aminosäure, die die Wissenschaftler inzwischen als Schlüssel zum Schlaf betrachten. Sie bewirke im Gehirn eine höhere Ausschüttung des beruhigend wirkenden Serotonin. Dadurch verkürze sich die Zeitspanne zwischen Zubettgehen und Einschlafen. Somit würde auch heiße Milch oder Kakao als Schlaftrunk völlig ausreichen und tatsächlich haben diese Getränke ebenfalls beruhigende einschläfernde Wirkung.

Aber auch dem Honig wird eine entscheidende Rolle zugebilligt. Genaugenommen ist es der Zucker bzw. Fruchtzucker, den er neben Vitaminen, Vitalstoffen und antibiotisch wirksamen sekundären Inhaltsstoffen liefert. Diese Kohlenhydrate lösen eine Insulinausschüttung aus, und diese sorgt auf einem zusätzlichen Weg für den schnellen Transport von Tryptophan ins Gehirn, wo es dann zu Serotonin umgewandelt werden kann. Die gleiche Funktion besitzt dann auch der Honig, wenn er in warmem Bier neben dem Alkohol für den Knockout-Effekt sorgt.

Wieviel Honig in die heiße Milch kommt, ist Geschmacksache. Man sollte allerdings beim Einrühren darauf achten, daß die Milch nicht über 40 Grad Celsius erhitzt wird, da sonst die wertvollen Aminosäuren neben Vitaminen und sonstigen wichtigen Inhaltsstoffen unbrauchsam werden. Und dann wäre die Milch tatsächlich nur noch heiß und entspannend und sonst nichts.

23. September 2009