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PHARMAZIE/074: Sonnenfilter, UV-Absorber keinesfalls unbedenklich (SB)


Lichtschutzfilter und UV-Absorber mit östrogener Wirkung


Konnten Pharmahersteller lange Zeit damit rechnen, das Sommerloch (Rückgang an Schnupfen- und Grippemitteln) durch den allgemeinen Sonnenhunger und die Fitnesswelle mit Schnellbräunern und Hautölen zu stopfen, so war mit "brown is beautiful" angesichts steigender Hautkrebsstatistiken schon in den letzten Jahren kein Heller mehr zu gewinnen. Seither wurde für besonders hohe Lichtschutzfaktoren geworben und die Gefahr durch die sich ständig verändernde Umwelt weiterhin zu einem kleinen kosmetischen Problem heruntergespielt, nach dem Motto: je höher der Faktor, desto geringer die Gefahr.

Inzwischen wurde die Werbestrategie der Kosmetikhersteller allerdings wieder differenzierter auf die Beruhigung und Beschwichtigung des Verbrauchers ausgerichtet, der nun glaubt, mit entsprechend angepaßten Lichtschutzfaktoren - nicht allein in Sonnenschutzmitteln, sondern auch in anderen kosmetischen Präparaten (Make up, Haarspray, Haargel, Seife und Shampoos) - könne ihm überhaupt nichts mehr passieren.

"Die Sonne hat auch ihre guten Seiten", heißt es jetzt - man darf es nur nicht übertreiben und sollte sich "richtig" schützen! Was "richtiger Schutz" bedeutet, wird mit entsprechenden "Indexen" und Empfehlungen von eben jenen Herstellern in Zusammenarbeit mit den Krankenkassen definiert, und wieder kann mit wachsenden Verkaufsstatistiken für Sonnenschutzmittel und UV-Blocker gerechnet werden, denn der richtige Schutz verlangt für jeden Hauttyp einen ganz speziellen Lichtschutzfaktor. Das hieraus resultierende, für den Laien äußerst verwirrende Konglomerat an Zahlen, Hauttypen, Indexnummern und Sonnenschutzfaktoren gibt vor, für jede Lebenssituation und jede Sonneneinstrahlungsstärke das "richtige" Mittel parat zu haben, was den besorgten Verbraucher veranlaßt, sich für jede erdenkliche Situation mit einem Vorrat verschiedenster Kosmetika einzudecken und dafür auch allerhand zu zahlen.

Diese Hinhaltetaktik, die bei genauerer Prüfung überhaupt nichts Zuverlässiges über von der Sonne ausgehende Gefahren aussagt und nur der Industrie nützt, wäre noch zu akzeptieren, wenn die Mittel, wie die Hersteller vorgeben, auch in immer höheren Dosierungen tatsächlich unbedenklich wären und nur dem Geldbeutel des Verbrauchers schadeten. Inzwischen mehren sich Hinweise, daß Sonnenschutzmittel nicht so harmlos sind, wie sie scheinen.

Was heißt Sonnenschutzmittel?

Nach neueren Forschungen wurden im gewöhnlichen Sonnenlicht in den letzten Jahren eine beständige Zunahme der beiden folgenden unsichtbaren, ultravioletten Strahlen beobachtet, die auch zur Hautbräunung beitragen: 1. UV-A mit 320 bis 400 nm (Nanometer) Wellenlänge (stärkste Wirkung bei 340 nm) und 2. UV-B mit 285 bis 320 nm Wellenlänge (stärkste Wirkung bei 297 nm). Verschiedene Lichtschutzstoffe können entweder die UV-A Strahlung oder die UV-B Strahlung absorbieren, manche sogenannte Benzophenone weisen sogar zwei Absorbtionspeaks für beide Strahlungsarten auf.

Lange Zeit waren in den Sonnenschutzmitteln nur UV-B Absorber enthalten, um die schmerzhafte Hautrötung (Sonnenbrand), den diese Strahlung verursacht, auszuschalten. UV-A Licht bewirkt dagegen eine direkte und dauerhafte Melaninbildung, die für die beliebte Sonnenbräune erwünscht war, sorgt allerdings auch für eine schnellere Alterung der Haut. Die modernen Sonnenschutzmittel enthalten als Antwort auf die zunehmende UV-A und UV-B Belastung immer höhere Konzentrationen einzelner bzw. konzentrierter Mischungen aus verschiedensten Filterstoffen, die sowohl den UV-B- als auch den UV-A- Bereich absorbieren, um nicht nur den unbeliebten Sonnenbrand, sondern auch strahlungsbedingte vorzeitige Alterung, Photoreaktionen in Verbindung mit sensibilisierenden Stoffen oder sogar Hautkrebs zu vermeiden.

Benutzer dieser Mittel fühlen sich somit rundum geschützt und vertrauen darauf, sich 10, 20 oder sogar 30 mal länger in der Sonne aufhalten zu können als ohne Sonnenschutz.

Inzwischen konnten Wissenschaftler der Universität Zürich nachweisen, daß mindestens drei von fünf Lichtschutzfiltern gegen UV-B Strahlen, die sie im Tierversuch testeten, eine östrogene Wirkung haben (d.h. wie das weibliche Hormon Östrogen wirken). Zwar wurden diese Effekte, die die Forscher auch in der Fachzeitschrift Environmental Health Perspectives (Band 109, Seite 239, 2001) veröffentlichten, zunächst nur an Zellkulturen beobachtet, doch wäre auch schon bei Ratten, in deren Futter die vor dem Licht schützenden Chemikalien gemixt wurden, eine Zunahme des Gewichts der Gebärmutter registriert worden. Bei dem einzigen hierzu untersuchten UV-A-Filter ließ sich dies dagegen nicht feststellen.

Darüber hinaus sollen sich die unerwünschten Nebenwirkungen gezeigt haben, wenn Lichtschutzchemikalien auf die Haut der Tiere aufgetragenen wurden. Auch dabei führten zwei der UV-B-Filter zu einem Anstieg des Gebärmuttergewichts, was die Vermutung nahelegt, daß die verwendeten UV-Absorber nicht auf der Haut bleiben, sondern in den Organismus eindringen.

Diese pharmakologischen Erkenntnisse lassen sich mit hoher Wahrscheinlichkeit auf sämtliche UV-B-Absorber übertragen, da die Filtersubstanzen, die einen bestimmten Wellenbereich des Lichts absorbieren sollen, dafür bestimmte strukturelle Voraussetzungen aufweisen müssen. Anders gesagt stammen UV-B-Absorber alle aus einer Gruppe von Chemikalien, die starke strukturelle Ähnlichkeiten aufweisen. Strukturelle Ähnlichkeiten lassen wiederum auf eine ähnliche pharmkologische Wirkung schließen.

Abgesehen von den erwähnten Benzophenonen (z.B. Uvinul N 35, Uvinul N 539 und Uvinul P 25) haben sich besonders ß-Umbelliferonessigsäure, Salicylsäure, Derivate der 4-Aminobenzoesäure, Athranilsäure-, Zimtsäure- und Cumarinderivate, Oxychinolinsulfat, Isobutyl-p- Aminobenzoat, organische Ammoniumverbindungen, Naphtolsäure und deren Derivate, Chininsulfat, Ethylhexandiole, Phenylbenzimidazolsulfosäure und Äsculinderivate als UV-B-Filter bewährt.

Es gibt somit keine Sicherheit, daß die als Sonnencreme oder Lichtschutzsalbe getarnten Chemikaliencocktails wirklich unbedenklich sind, auch wenn sie offiziell für diesen Zweck zugelassen wurden. Weniger belastend für die Haut und den Organismus sind immer noch die althergebrachten, einfachen anorganischen bzw. mineralischen Lichtschutzmittel, die das gesamte UV-Spektrum reflektieren und somit nur an den Stellen durchlässig bleiben, wo die Haut nicht davon abgedeckt wird. Diese Präparate enthalten z.B. in fettiger Cremegrundlage lichtundurchlässige Pulver wie Titandioxid, Zinkweiß (Zinkoxid), Zinkcarbonat u. dgl. Bei ihrer Anwendung wird zwar ein gewisser Schutz gegen Sonnenbrand gewährleistet, aber auch jegliche Bräunung verhindert bzw. stark verzögert, weshalb sie beim Verbraucher - abgesehen von dem unnatürlich make-up-artigen Auftrag - bisher wenig beliebt waren. Dazu kommt ein entscheidender Nachteil: Man schwitzt unter diesen abdeckenden Masken gewaltig.

Das einzige, was bleibt, wenn man seine Gesundheit erhalten und auch den verhinderten Hautkrebs nicht mit Gebärmutterkrebs, Brustkrebs oder Schlimmerem eintauschen möchte, ist nach wie vor: auf die direkte Sonneneinstrahlung zu verzichten und sich nicht unverhüllt und ohne Kopfbedeckung und vor allem nicht in der Mittagszeit zum Höchststand der Sonne im Freien zu bewegen.

Erstveröffentlichung 2001

22. April 2008