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MELDUNG/175: Haben Meteoriteneinschlägen vor 4 Milliarden Jahren die Erde bewohnbar gemacht? (idw)


Museum für Naturkunde - Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung - 25.03.2013

Hat eine Häufung von Meteoriteneinschlägen vor 4 Milliarden Jahren die Erde bewohnbar gemacht?



Einschläge von Asteroiden und Kometen haben die Entwicklung der Erde nachhaltig beeinflusst. Ein internationales Team von Wissenschaftlern unter Beteiligung des Museums für Naturkunde in Berlin fand mithilfe von Datierungen von Meteoriten des Asteroiden Vesta, sowie mit Simulationen von Einschlagereignissen heraus, dass durch Änderungen des Orbits von Jupiter und Saturn eine Vielzahl von Körpern auf Kollisionskurs mit den Planeten des inneren Sonnensystems gelenkt wurden. Dadurch wurde vor ca. 4 Mill. Jahren ein besonders intensives Bombardement auf der Erde ausgelöst, wodurch möglicherweise die Entwicklung des Lebens auf unserem Planeten eingeleitet wurde.

Die Antwort auf die Frage, wie das Leben auf der Erde entstanden ist, ist unmittelbar mit der Rekonstruktion der Entwicklungsgeschichte der Planeten verbunden. Neue Computersimulationen von der Bildung des Planetensystems deuten darauf hin, dass vor allem die großen Gasplaneten Jupiter und Saturn nach ihrer Entstehung durch gravitative Störungen ihren Abstand zur Sonne zunächst verringert haben, um später wieder weiter nach außen zu wandern. Die Wanderung der großen Gasriesen hat dabei viele kleinere Körper mit Durchmessern von bis zu mehreren 100 Kilometern auf exzentrische Bahnen gelenkt und damit Kollisionen mit den Planeten des inneren Sonnensystems verursacht. Die Spuren eines starken Anstieges des extraterrestrischen Bombardements vor ca. 4 Milliarden Jahren sind auf der Erde nicht mehr erhalten, spiegeln sich jedoch in den kraterübersäten Oberflächen von Mond, Merkur und größeren Asteroiden wie Vesta wider, der 2011/2012 von der Dawn Mission der NASA erkundet wurde. Beim Einschlag werden Gesteinsbrocken ausgeworfen, die als Meteoriten auf die Erde regnen. Aufgrund der hohen Temperaturen, die bei Einschlaggeschwindigkeiten von mehr als 10 km/s auftreten kann anhand radiometrischen Altersdatierungen (40Ar-39Ar Methode) das Auswurfalter bestimmt werden. Meteoriten von Vesta zeigen eine auffällige Häufung von Altersdatierungen zwischen 3,4 und 4,1 Milliarden Jahren. Ein internationales Team von Wissenschaftlern unter der Leitung von Simone Marchi (Lunar Science Institute, Southwest Research Institute, Colorado, USA) interpretiert diese Häufung als Anzeichen für eine Phase eines besonders heftigen Bombardements von Körpern mit ungewöhnlich hoher Geschwindigkeit (>10 km/s). Anhand von Computersimulationen, die am Museum für Naturkunde in Berlin durchgeführt wurden, konnte nachgewiesen werden, dass bei hohen Geschwindigkeiten die Menge des ausgeworfenen und dabei stark erhitzen Materials um das 100 -1000fache erhöht wird.

Die Daten von Vesta liefern somit einen indirekten Beweis für die Wanderung der großen Gasriesen Jupiter und Saturn und für die dadurch ausgelöste Phase eines intensiven Bombardements der Planeten des inneren Sonnensystems. Durch diese Häufung von Einschlagprozessen auf der Erde wurden weitreichende Veränderungen der Umwelt ausgelöst. Somit wurden die lebensfreundlichen Bedingungen (Habitabilität) auf unserem Planeten möglicherweise nur durch einen kosmischen Zufall in der Frühzeit der Entwicklung unseres Sonnensystems eingeleitet.

Originalveröffentlichung:
Marchi S., Bottke W.F., Cohen B.A., Wünnemann K., Kring D.A., McSween H.Y., De Sanctis M.C., O'Brien D.P., Schenk P., Raymond C.A., Russell C.T. (2013):
High-velocity collisions from the lunar cataclysm recorded in asteroidal meteorites.
Nature Geoscience, 10.1038/NGEO1769

Weitere Informationen unter
http://www.nature.com/ngeo/journal/vaop/ncurrent/full/ngeo1769.html
http://www.naturkundemuseum-berlin.de

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution1323

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Museum für Naturkunde - Leibniz-Institut für Evolutions- und
Biodiversitätsforschung, Dr. Andreas Kunkel, 25.03.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. März 2013