Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie - 30.03.2015
Zeitumkehr durch Kontrolle von magnetischen Wechselwirkungen
In einer Veröffentlichung in Nature Communications haben Forscher am Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie die theoretische Grundlage für effizienteren Magnetspeicher gelegt.
In vielen Materialien entstehen makroskopische magnetische Eigenschaften, wenn sich mikroskopisch kleine Magnete im gesamten Festkörper in einem festgelegten Muster ausrichten. In einer Veröffentlichung in Nature Communications haben Johan Mentink, Karsten Balzer und Martin Eckstein von der Universität Hamburg am Center for Free-Electron Laser Science (CFEL) und dem Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie (MPSD) vorhergesagt, dass die Wechselwirkungen, die diese Ausrichtung verursachen, fast augenblicklich und reversibel unter Einfluss eines Laserimpulses verändert werden können. In Zukunft könnte dieser Effekt potentiell für die Entwicklung schnellerer Magnetspeicher verwendet werden. Zudem implizieren die Ergebnisse der Studie die überraschende Folgerung, dass die magnetische Dynamik unter dem Einfluss eines ausreichend starken Laserfeldes effektiv zeitlich rückwärts ablaufen kann.
Die stärksten Wechselwirkungen in magnetischen Materialien werden als
Austauschwechselwirkungen bezeichnet, da sie durch den Austausch von
Elektronen zwischen den einzelnen mikroskopischen Magneten, sogenannten
Spins, verursacht werden. Ein Spin kann von seinem Nachbarn eine
Kraftwirkung spüren, die bis zu hundert Mal größer ist als Magnetfelder,
die im Labor erzeugt werden können. Johan Mentink und seine Koautoren
haben gezeigt, dass das elektrische Feld des Lasers die Elektronen während
dieses Austauschprozesses beeinflussen und somit die Wechselwirkung
verändern kann. Aufgrund der Stärke der Austauschwechselwirkungen lässt
sich mittels dieses Ansatzes der Magnetismus auf den schnellstmöglichen
Zeitskalen steuern, mit hoher Relevanz für technologische Anwendungen wie
Magnetspeicher.
Obwohl bereits gezeigt wurde, dass die Austauschwechselwirkungen sehr schnell verändert werden können, wäre eine ultimative Kontrolle erst erreicht, wenn man die Wechselwirkungen reversibel stärken oder schwächen könnte, d.h., wenn das System nach dem Prozess wieder in seinen Ausgangszustand zurückkehrt. Diese Möglichkeit wurde nun gezeigt, indem das magnetische Material einem zeitlich periodischen elektrischen Feld ausgesetzt wurde, das ganz bewusst so abgestimmt wurde, um eine direkte Anregung der Elektronen zu vermeiden. Bereits für das betrachtete Modellsystem zeigt diese Vorgehensweise eine reichhaltige Steuerungsmöglichkeit: die Austauschwechselwirkung kann verstärkt und geschwächt werden und sogar ihr Vorzeichen umkehren, also eine parallele Ausrichtung benachbarter Spins gegenüber einer antiparallelen Ausrichtung begünstigen.
Eine ziemlich überraschende Beobachtung der Studie ist, dass sich bei einer Änderung des Vorzeichens der Austauschwechselwirkung durch das periodische elektrische Laserfeld die zeitliche Entwicklung für die Spin-Dynamik umkehrt. Mentink: "Intuitiv erwartet man, dass ein Vorzeichenwechsel der Wechselwirkung eine schnelle Änderung des magnetischen Zustands bewirkt. Aber wir beobachten stattdessen, dass sich die Spins zurück zu ihrer ursprünglichen Ausrichtung entwickeln, ohne jegliches Anzeichen für einen veränderten magnetischen Zustand aufzuweisen". Daher haben unsere Studien nicht nur Relevanz für technologische Anwendungen, sondern auch für grundlegende Untersuchungen der Zeit-Umkehrbarkeit von Quantensystemen.
Originalpublikation:
Johan. H. Mentink, Karsten Balzer, and Martin Eckstein,
"Ultrafast and reversible control of the exchange interaction in Mott
insulators",
Nature Communications, 2015, DOI: 10.1038/ncomms7708
Weitere Informationen unter:
http://dx.doi.org/10.1038/ncomms7708
- Originalpublikation
http://www.mpsd.mpg.de/forschung/cmdd/tcse
Forschungsgruppe von Prof. Dr. Martin Eckstein
http://www.mpsd.mpg.de
Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter: http://idw-online.de/de/institution1902
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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Max-Planck-Institut für Struktur und Dynamik der Materie,
Dr. Joerg Harms, 30.03.2015
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 1. April 2015
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