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MELDUNG/010: Urheberrechte - Vereinbarung über besseren Zugang zu Büchern für Sehbehinderte (KEG)


Europäische Kommission - Brüssel, den 14. September 2010

Urheberrechte:
Kommissar Barnier begrüßt Vereinbarung über besseren Zugang zu Büchern für Sehbehinderte


Michel Barnier, Europäischer Kommissar für Binnenmarkt und Dienstleistungen, leitete heute die Feier zur Unterzeichnung einer Gemeinsamen Absichtserklärung über den Zugang zu Werken für Menschen mit Dyslexie oder Sehbehinderung. Die Unterzeichnung dieser Absichtserklärung ist ein bedeutender und konkreter Schritt zur Erweiterung des Angebots an Büchern, die Menschen mit Sehbehinderung für Studienzwecke oder aus Interesse lesen können. In der Vereinbarung wird ein System skizziert, das eine leichtere Verbreitung von Büchern in zugänglichen Formaten, z.B. in Braille-Schrift und als Hörbuch, in allen EU-Mitgliedstaaten ermöglichen soll. Mit einer spürbaren Steigerung der grenzüberschreitenden Verbreitung dürfte innerhalb eines Jahres zu rechnen sein. Die Gemeinsame Absichtserklärung ist ein wichtiger Schritt bei der Verwirklichung eines der Ziele der Digitalen Agenda für Europa (vgl. IP/10/581 [1], MEMO/10/199 [2] und MEMO/10/200) [3], nämlich die Ermöglichung des Zugang zu den Errungenschaften der digitalen Gesellschaft für Menschen mit Behinderungen.

"Die heute unterzeichnete Absichtserklärung zeigt, wofür Europa wirklich steht: einen Binnenmarkt, der nicht nur die Kultur fördert, sondern auch den Anforderungen von Menschen mit besonderen Bedürfnissen oder Behinderungen Rechnung trägt. Ich unterstütze diese Initiative mit Nachdruck - sie beweist, was Europa erreichen kann, wenn es sich im Bereich der Zivilgesellschaft engagiert. Es ist wichtig, dass Bürger mit Sehbehinderungen zur gleichen Zeit und zu den gleichen Preisen Zugang zu den gleichen Büchern haben." So Kommissar Barnier bei der heutigen Unterzeichnung der Absichtserklärung.

Zwar haben alle Mitgliedstaaten der EU Ausnahmen von den Urheberrechten zugunsten von Lesern mit Dyslexie oder Sehbehinderungen eingeführt, doch sind diese sehr unterschiedlich und erschweren somit die grenzüberschreitende Verbreitung. Die Absichtserklärung wird hier Abhilfe schaffen. Dazu soll ein Vertriebssystem über vertrauenswürdige Intermediäre geschaffen werden, bei denen es sich um Einrichtungen wie Blindenverbände, Bibliotheken oder spezielle Schulen handeln kann. Durch die Absichtserklärung wird auch ein System der gegenseitigen Anerkennung von vertrauenswürdigen Intermediären eingerichtet, um den registrierten Personen den Zugang zu Büchern aus der gesamten EU zu ermöglichen.

Ferner unterstützt die Absichtserklärung Verleger bei ihren Initiativen, die Produktion von zugänglichen Formaten zu einem festen Bestandteil ihres Geschäfts zu machen.

Die Absichtserklärung wurde durch eine Gruppe von Organisationen beider Seiten formuliert und genehmigt: Organisationen, die die Interessen von Personen mit Lesebehinderungen vertreten, und Vertreter der europäischen Verleger(1).


Hintergrund

Die Grundlagen der Absichtserklärung wurden im Grünbuch der Kommission zu Urheberrechten in der wissensbestimmten Wirtschaft gelegt (vgl. IP/08/1156) [4]. In diesem Konsultationspapier wies die Kommission auf die Probleme von Personen mit Lese- und Sehbehinderungen beim Zugang zu Büchern hin: derzeit leben in der EU 17,5 Millionen Bürger mit Sehbehinderungen, und mindestens 5% der EU-Bevölkerung leidet an verschiedenen Formen der Dyslexie. Schätzungen haben ergeben, dass nur etwa 5% aller veröffentlichten Bücher (Lehrbücher, Romane und Sachbücher) in Formaten veröffentlicht werden, die für Menschen mit Sehbehinderungen zugänglich sind.

Da die wichtigsten Probleme, die in den Beiträgen der öffentlichen Konsultation zu dem Grünbuch genannt wurden, Technologie und Formate sowie das Fehlen einer grenzüberschreitenden Verfügbarkeit bei Werken in zugänglichen Formaten betrafen, empfahl die Europäische Kommission in ihrer anschließenden Mitteilung (vgl. IP/09/1544) [5] die Einrichtung eines Dialogs der Beteiligten auf EU-Ebene. Dieser Dialog wurde im Dezember 2009 offiziell aufgenommen und bezog Vertreter aus dem Technologiebereich, Verleger, Schriftsteller, Verwertungsgesellschaften, Bibliotheken und Vertreter der Europäischen Kommission ein. Nach mehreren Sitzungen gelangten die Teilnehmer zu einer Einigung, die ihren Ausdruck in der heute unterzeichneten Absichtserklärung fand. Um in der Praxis Fortschritte zu bewirken, verpflichten sich die Unterzeichner zu einer Überwachung der Umsetzung der Absichtserklärung und in diesem Zusammenhang zur Vorlage eines ersten Berichts nach einem Jahr.

Die Erweiterung des Angebots an zugänglichen Werken für Menschen mit Sehbehinderungen ist ein Projekt, das auch auf internationaler Ebene durch die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) in Genf verfolgt wird. Die Europäische Union nimmt an den Diskussionen dieses Gremiums aktiv teil und hat als ersten Schritt Gemeinsame Empfehlungen der WIPO-Mitglieder für die Gewährleistung eines grenzübergreifenden Zugangs zu urheberrechtlich geschützten Werken für Personen mit Sehbehinderungen vorgeschlagen. Viele der Teilnehmer des Dialogs der Beteiligten auf EU-Ebene sind ebenfalls direkt oder indirekt an der WIPO-Plattform der Interessenträger beteiligt.


Weitere Informationen, einschließlich einer Audio-Version dieser Pressemitteilung:
http://ec.europa.eu/internal_market/copyright/copyright-infso/copyright-infso_de.htm#otherdocs


(1): Zu den Unterzeichnern der Absichtserklärung gehören die Europäische Blindenunion und der Europäische Dyslexieverband, die Menschen mit Lesebehinderungen vertreten, sowie der Europäische Schriftstellerkongress, der Internationale Verband der wissenschaftlichen, technischen und medizinischen Verleger, der Europäische Verlegerverband und der IFRRO (International Federation of Reproduction Rights Organisation) auf Seiten der Rechteinhaber. Weitere Verbände haben aktiv am Dialog der Beteiligten mitgewirkt: PLS (Publishers' Licensing Society), Dedicon, der italienische Verlegerverband (AIE) und der spanische Blindenverband ONCE.


[1] IP/10/581:
http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/10/581&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=en
[2] MEMO/10/199:
http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=MEMO/10/199&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=en
[3] MEMO/10/200:
http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=MEMO/10/200&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=enhttp://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=MEMO/10/200&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=en
[4] IP/08/1156:
http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/08/1156&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=en
[5] IP/09/1544:
http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/09/1544&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=en

© Europäische Gemeinschaften, 1995-2010


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Quelle:
Pressemitteilung IP/10/1120, 14.09.2010
Europäische Kommission (KEG), Brüssel
Internet: www.ec.europa.eu, www.europa.eu/rapid/


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. September 2010