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MELDUNG/086: UNO rügt Frankreich wegen Intersex-Genitalverstümmelungen (zwischengeschlecht.org)


Zwischengeschlecht.org
Menschenrechte auch für Zwitter! - Pressemitteilung vom 17. Mai 2016

UNO rügt Frankreich wegen Intersex-Genitalverstümmelungen - es folgen Nepal, Großbritannien und Nordirland ...

1. Ausschuss gegen Folter rügt Frankreich wegen IGM-Praktiken
2. Als nächste an der Reihe: Nepal, Großbritannien und Nordirland
3. Schon 11 Verurteilungen von IGM-Praktiken durch UN-Vertragsorgane!


1. Ausschuss gegen Folter rügt Frankreich wegen IGM-Praktiken

Zwischengeschlecht.org begrüßt aufs Herzlichste die verbindlichen "Abschließenden Bemerkungen" des UN-Ausschusses gegen Folter (CAT) für Frankreich (französisch; CAT/C/FRA/CO/7, PDF, zu Intersex: S. 7, Abs. 32-33).

Der Ausschuss prangert IGM-Praktiken erneut als schweres Verbrechen und als Verstoß gegen die Konvention gegen Folter an, und stuft IGM - unter Verweis auf Art. 2, 12, 14, 16 der Konvention - zumindest als Unmenschliche Behandlung ein.

Zwischengeschlecht.org anerkennt besonders, dass der Ausschuss Frankreich explizit dazu auffordert, "wirksame gesetzgeberische, administrative und sonstige Maßnahmen zu ergreifen, um die Einhaltung der körperlichen Unversehrtheit von Intersex-Menschen zu garantieren", sowie "um Wiedergutmachung für alle Opfer zu gewährleisten, inklusive angemessene Entschädigung".

Und im Weiteren "ein kostenloses psychosoziales Beratungs- und Begleitungsangebot sicherzustellen für betroffene Personen und, deren Eltern und Bezugspersonen" sowie "Untersuchungen durchzuführen über Fälle von medizinischen oder chirurgischen Behandlungen an Intersex-Menschen ohne deren informierte Einwilligung".

Im Februar 2016 war Frankreich bereits vom UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes (CRC) gerügt worden.

Dies ist bereits das 11. Mal, dass ein UN-Vertragsorgan IGM-Praktiken verurteilt und ein Land für Untätigkeit gegen oder Komplizenschaft bei diesen massiven Menschenrechtsverletzungen rügt.


2. Als nächste an der Reihe: Nepal, Großbritannien und Nordirland

Der nächste Staat, der zu Intersex-Genitalverstümmelungen geprüft wird, ist diese Woche Nepal anlässlich der 73. Sitzung des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes (CRC) am 19.-20. Mai 2016.

Gefolgt nächste Woche vom Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland, wiederum anlässlich der 73. Sitzung des UN-Ausschusses für die Rechte des Kindes (CRC) am 23.-24. Mai 2016.

Für beide Staaten liegen dem Ausschuss für die Rechte des Kindes aussagekräftige NGO-Berichte und weitere belastende Informationen zu IGM-Praktiken vor - Zwischengeschlecht.org erwartet erneut deutliche Rügen.


3. Schon 11 Verurteilungen von IGM-Praktiken durch UN-Vertragsorgane!

Die UN-Konvention für die Rechte des Kindes (CRC), die UN-Konvention gegen Folter (CAT) und weitere internationale Übereinkommen einschließlich CCPR und CRPD verpflichten alle teilnehmenden Staaten, konkrete "Maßnahmen inklusive Gesetzgebung" zum Schutz betroffener Intersex-Kinder zu ergreifen.

Der Ausschuss gegen Folter (CAT) hat IGM-Praktiken wiederholt als unmenschliche Behandlung eingestuft, die unter das Folterverbot fällt, und rügte diesbezüglich bereits Deutschland, die Schweiz, Österreich, Dänemark, Hong Kong und nun Frankreich.

Der Ausschuss für die Rechte des Kindes (CRC) stuft IGM als Gewalt gegen Kinder und als schädliche kulturelle Praxis (wie FGM) ein, und rügte bisher die Schweiz, Chile, Frankreich und Irland.

Der Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderung (CRPD) stufte IGM ebenfalls als unmenschliche Behandlung ein und rügte bisher Deutschland.

In allen obigen 11 Verurteilungen erließen die Ausschüsse verbindliche Empfehlungen an die Vertragsstaaten, gesetzgeberische Maßnahmen zu ergreifen, um die Praxis zu beenden und/oder Entschädigung und Rechtszugang für Überlebende sicherzustellen.

Zusätzlich untersucht aktuell der Menschenrechtsausschuss (HRCttee) als Kontrollorgan des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt, CCPR) IGM-Praktiken und forderte die Schweiz auf, Statistiken offenzulegen.

Weitere internationale Menschenrechtsgremien, die IGM-Praktiken verurteilen, sind u.a. WHO und UNICEF, der UN-Sonderberichterstatter über Folter und die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (IACHR).

UN-Mitgliedstaaten und Vertragsparteien der Konventionen CAT, CRC, CCPR und CRPD können nicht mehr länger Unwissenheit über den rechtswidrigen Charakter von IGM-Praktiken vortäuschen, sondern müssen verbindlich "wirksame gesetzgeberische, verwaltungsmässige, gerichtliche oder sonstige Maßnahmen" ergreifen, sowohl um IGM-Praktiken gesetzlich zu verbieten, wie auch um Zugang zu Justiz und Wiedergutmachung für Überlebende zu gewährleisten, einschließlich angemessener Entschädigung.

Die internationale Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org fordert ein Verbot von kosmetischen Genitaloperationen an Kindern und Jugendlichen mit "atypischen" körperlichen Geschlechtsmerkmalen sowie "Menschenrechte auch für Zwitter!".

Betroffene sollen später selber darüber entscheiden, ob sie Operationen wollen oder nicht, und wenn ja, welche.

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Quelle:
Pressemitteilung vom 17. Mai 2016
Menschenrechtsgruppe Zwischengeschlecht.org
E-Mail: presse_at_zwischengeschlecht.info
Internet: http://zwischengeschlecht.org
Regelmässige Updates: http://zwischengeschlecht.info


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Mai 2016

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