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BERICHT/334: Behinderung ist ein Menschenrechtsthema (TU Dresden)


Dresdner UniversitätsJournal Nr. 11 vom 22. Juni 2010

Behinderung ist ein Menschenrechtsthema
Ein Jahr UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen -
Die Schwerbehindertenvertretung informiert

Von Cornelia Hähne


Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen jährt sich in Deutschland zum ersten Mal


Welchen Inhalt hat die Behindertenrechtskonvention?

Seit dem vergangenen Jahr gilt die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen nun auch in Deutschland. Sie legt fest, dass Behinderung nicht länger allein unter einem medizinischen oder sozialen Blickwinkel betrachtet wird, sondern auch verbindlich ein Menschenrechtsthema darstellt. Demgemäß haben behinderte Menschen unveräußerliche Menschenrechte, die ihnen Ansprüche auf Selbstbestimmung, Diskriminierungsfreiheit und gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe rechtsverbindlich garantieren. Nach dieser Konvention resultiert eine Behinderung aus dem Verhältnis zwischen Personen mit Beeinträchtigungen und den in Grundhaltungen und Umgebungsbedingungen bestehenden Barrieren, die eine volle und gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe behindern. Eine Diskriminierung aufgrund von Behinderung umfasst demzufolge jede Unterscheidung, Ausschließung oder Beschränkung, die zum Ziel oder zur Folge hat, dass das auf die Gleichberechtigung mit anderen gegründete Anerkennen, Genießen oder Ausüben aller Menschenrechte und Grundfreiheiten in allen gesellschaftlichen Bereichen beeinträchtigt oder vereitelt wird (1).

Worin liegt die besondere Bedeutung der Behindertenrechtskonvention?

Kernbegriff der Behindertenrechtskonvention ist der der Inklusion. Mit diesem Begriffsverständnis geht die UN-Konvention über das bisherige Verständnis von "Integration" hinaus und markiert einen grundlegenden Paradigmenwechsel: Weg von einem an Defiziten der Betroffenen orientierten Ansatz, hin zu einem Ansatz der Vielfalt. Das Verständnis, was hierbei zugrunde liegt, bezieht sich darauf, dass Behinderung nicht von vornherein negativ betrachtet wird, sondern als ein Bestandteil menschlichen Leben und menschlicher Gesellschaft. Deutlich wird dieser Paradigmenwechsel beispielsweise in der Formel der "Aktion Mensch", welche ehemals als "Aktion Sorgenkind" ihren Ausdruck fand.

Neben dem Inklusionsgedanken bezieht sich eine weitere Zielsetzung auf die Zugehörigkeit behinderter Menschen. Diese explizite Formulierung kommt, so Prof. Bielefeldt vom Deutschen Institut für Menschenrechte (2), bisher in keiner internationalen Konvention vor und gehört bislang nicht zum etablierten Vokabular des Menschenrechtsdiskurses. Konkrete Gestalt gewinnt dieses Prinzip zum Beispiel in den Forderungen nach gleichberechtigtem Zugang zum Arbeitsmarkt, nach Möglichkeiten der Teilhabe am kulturellen Leben, nach inklusiver Bildung und nach gleichberechtigter Mitwirkung in der Politik.

Welche Konsequenzen ergeben sich hieraus für die Arbeit an der TU Dresden?

Werden der Inklusionsbegriff und die Zielsetzung der Zugehörigkeit auf den Arbeitsmarkt bezogen, so ist ein umfassendes und differenziertes Aktionsprogramm notwendig. Vor allem muss dieses eine frühzeitige Einbeziehung der behinderten Menschen, eine qualifizierte Beratung und Vermittlung sowie eine aktive Arbeitsmarktpolitik einschließen. Hierbei sind auch die Arbeitgeber, so auch die TU Dresden, in der Pflicht. Konkret für unsere Einrichtung bedeutet dies, dass die Schwerbehindertenvertretung bei allen Bewerbungsvorgängen mit behinderten Menschen frühzeitig einzubeziehen ist und darüber hinaus auch bei allen Belangen, die behinderte Mitarbeiter und Angestellte betreffen.


Quellen:

1. Der Begriff Behinderung wird in der Präambel der Behindertenrechtskonvention wie folgt umschrieben: "Recognizing that disability is an evolving concept and that disability results from the interaction between persons with impairments and attitudinal and environmental barriers that hinders their full and effective participation in society on an equal basis with others."

2. Bielefeldt, H. (2009): "Zum Innovationspotenzial der UN-Behindertenrechtskonvention." Essay No. 5, 3. aktualisierte und erweiterte Auflage. Deutsches Institut für Menschenrechte


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Quelle:
Dresdner UniversitätsJournal, 21. Jg., Nr. 11 vom 22.06.2010, S. 7
Herausgeber: Der Rektor der Technischen Universität Dresden
Nöthnitzer Str. 43, 01187 Dresden
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Telefax: 0351/463-371 65
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Juni 2010