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MEDIZIN/158: Verzahnte Frühförderung noch zu unbekannt (SH Ärzteblatt)


Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt 5/2009

Verzahnte Frühförderung noch zu unbekannt

Von Dirk Schnack


Die Interdisziplinäre Frühförderung (IFF) für Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten wird in Schleswig-Holstein bislang nur verhalten angenommen. Viele Ärzte sind über das Angebot noch nicht informiert, und manche Therapeuten betrachten es als Konkurrenz.

"Bei manchen Ärzten ist unser Angebot noch gar nicht angekommen", glaubt Angela Metzler. Die Heilpädagogin aus Eutin hat im vergangenen Jahr die erste IFF-Stelle im Norden eröffnet. Sie arbeitet mit Physiotherapeuten, Logopäden und Ergotherapeuten unter einem Dach zusammen. Bislang hat sie aber erst zehn Bewilligungen für die IFF erhalten, was sie hauptsächlich auf einen geringen Bekanntheitsgrad des Angebotes unter Hausärzten zurückführt. Unter den Pädiatern in den Kreisen Ostholstein, Plön und Segeberg dagegen ist die IFF nach ihrer Beobachtung bekannt. "Ich wünsche mir, dass auch Hausärzte dieses Angebot kennen lernen", sagte Metzler.

Zugleich verzeichnet sie unter Therapeuten zum Teil heftigen Gegenwind für das Angebot - sowohl von Praxisinhabern als auch von manchen Therapeutenverbänden. Viele Therapeuten verweisen darauf, dass interdisziplinäre Zusammenarbeit für sie auch vorher schon selbstverständlich war. Metzler hat versucht, Kritiker durch Aufklärung zu überzeugen. Sie sagt aber auch: "Ich will mich nicht für eine tolle Sache verteidigen müssen."

Die IFF bietet eine Komplexleistung, bei der sich die verschiedenen beteiligten Berufsgruppen abstimmen und die Eltern einbeziehen. Überweisungsberechtigt sind die behandelnden Ärzte der Kinder. Nach der Überweisung vereinbaren Heilpädagogin und Eltern einen gemeinsamen Termin in der IFF-Praxis unter Leitung des zuständigen Arztes aus dem öffentlichen Gesundheitsdienst; dabei werden Förder- und Behandlungspläne erstellt. Über die Bewilligung entscheidet das Sozialamt.

Das Gesundheitsministerium Schleswig-Holstein und der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte hatten die Einführung der interdisziplinären Frühförderung im Herbst vergangenen Jahres begrüßt. Neben Eutin gibt es inzwischen eine weitere IFF in Flensburg. Wie viele es landesweit geben wird, steht noch nicht fest. Die Krankenkassen hatten zum Start der ersten IFF in Schleswig-Holstein angekündigt, dass nach ihrer Auffassung Eltern mittelfristig nicht gezwungen sein sollten, weiter als 30 Kilometer zur IFF zu fahren. Das Problem für die Betreiber sind die hohen Vorleistungen: Es müssen alle Berufsgruppen als Angestellte unter einem Dach arbeiten und entsprechende räumliche Voraussetzungen geschaffen werden. Schon vor dem Start der IFF hatte sich die Umsetzung als kompliziert erwiesen. Dies lag u. a. daran, dass mit Kommunen und Krankenkassen verschiedene Kostenträger beteiligt sind. Die Kassen vergüten die medizinisch-therapeutischen Leistungen, die Sozialhilfeträger die heilpädagogischen Leistungen.

Metzler ist trotz des verhaltenen Starts und der zum Teil ablehnenden Haltung froh, ihre heilpädagogische Praxis zur IFF ausgebaut zu haben: "Meine Arbeit wird dadurch bereichert."


Gesamtausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts 5/2009 im Internet unter:
http://www.aeksh.de/shae/2009/200905/h090504a.htm

Zur jeweils aktuellen Ausgabe des Schleswig-Holsteinischen Ärzteblatts:
www.aerzteblatt-sh.de

Bildunterschrift der im Schattenblick nicht veröffentlichten Abbildung der Originalpublikation:

Bei der Interdisziplinäre Frühförderung (IFF) arbeiten Heilpädagogen mit Physiotherapeuten (Foto), Logopäden und Ergotherapeuten eng zusammen.


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Quelle:
Schleswig-Holsteinisches Ärzteblatt Mai 2009
62. Jahrgang, Seite 25
Herausgegeben von der Ärztekammer Schleswig-Holstein
mit den Mitteilungen der
Kassenärztlichen Vereinigung Schleswig-Holstein
Redaktion: Dr. Franz Bartmann (V.i.S.d.P.)
Bismarckallee 8-12, 23795 Bad Segeberg
Telefon: 04551/803-119, -127, Fax: -188
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www.aerzteblatt-sh.de

Das Schleswig-Holsteinische Ärzteblatt erscheint 12-mal im Jahr.


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juli 2009