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POLITIK/525: Forderungen der BAG SELBSTHILFE zur Bundestagswahl 2013 (Selbsthilfe)


Selbsthilfe - 2/2013

Bundestagswahl 2013
BAG SELBSTHILFE übergibt Fragenkatalog und Forderungen der Selbsthilfe an die Parteien

Von Burga Torges



Die BAG SELBSTHILFE hat auf Basis der Hinweise, Stellungnahmen und Politionierungen der Mitgliedsverbände einen Forderungskatalog zur Bundestagswahl 2013 erstellt und den Parteien im Deutschen Bundestag übergeben. Zudem wurden den politischen Parteien Fragen in schriftlicher Form gestellt und um Stellungnahme gebeten, wie sie im Falle einer Regierungsbildung die einzelnen Forderungen der Selbsthilfe umzusetzen gedenken. In dieser Ausgabe finden Sie eine Kurzform der Forderungen. Die Langfassung der Forderungen sowie die Antworten der behindertenpolitischen SprecherInnen der Parteien werde wir auf dem Internetauftritt der BAG SELBSTHILFE www.bag-selbsthilfe.de veröffentlichen, sobald sie der Redaktion vorliegen.


FORDERUNGEN DER BAG SELBSTHILFE ZUR BUNDESTAGSWAHL 2013

Teilhabe von Menschen mit Behinderungen

Aus Sicht der betroffenen Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung hat sich seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) von Deutschland vor vier Jahren nur wenig verbessert. Dabei handelt es sich hierbei nicht um verhandelbares Recht, sondern um fundamentale und damit auch nicht einschränkbare Rechte der betroffenen Menschen. Vor diesem Hintergrund erhebt die BAG SELBSTHILFE mit Blick auf die kommende Bundestagswahl folgende Schwerpunktforderungen zur Umsetzung der UN-BRK in den Handlungsfeldern Bildung, Arbeit, Barrierefreiheit, Pflege und Assistenz sowie Gesundheitspolitik und Selbsthilfeförderung:

Bildung
Die BAG SELBSTHILFE fordert die künftige Bundesregierung auf, das Recht auf inklusive Bildung zu verwirklichen. Auch wenn Bildungspolitik vorrangig Sache der Länder ist, kann der Bund durch Setzung entsprechender Rahmenbedingungen eine Grundlage dafür schaffen, dass bundesweit einheitlich höchste Standards im Bildungssektor geschaffen werden, die Menschen mit Behinderung eine umfassende Teilhabe an allen Bildungsbereichen, von der Kindertagesstätte bis hin zum Hochschulabschluss, ermöglichen.
Die BAG SELBSTHILFE fordert die künftige Bundesregierung auf, dafür Sorge zu tragen, dass der Rechtsanspruch auf inklusive Bildung anerkannt sowie Gesetzes- und Ressourcenvorbehalte gestrichen werden.

Arbeit
Schwerbehinderte Menschen - insbesondere Ältere - sind nahezu doppelt so häufig arbeitslos wie Menschen ohne Behinderung. Fast zwei Drittel von ihnen sind langzeitarbeitslos und beziehen dauerhaft Leistungen nach dem SGB II bzw. dem SGB XII. 280.000 zumeist überdurchschnittlich qualifizierte Menschen sind derzeit in Werkstätten für Menschen mit Behinderung beschäftigt, zum Teil weil es an Wahlmöglichkeiten fehlt. Die BAG SELBSTHILFE hält es vor diesem Hintergrund für notwendig, durch gesetzgeberische Maßnahmen eine arbeitsmarktpolitische Lenkung vorzunehmen: So ist die Ausgleichsabgabe für diejenigen Arbeitgeber, die ihrer Beschäftigungspflicht nicht oder nur unzureichend mit einer Quote von unter 1 Prozent nachkommen, deutlich zu erhöhen, um tatsächlich die Wirkung eines Ausgleichs (im Sinne eines Ersatzes) zu erzielen.
Zudem wird gefordert, die Übergänge von der Werkstatt für Menschen mit Behinderung auf den ersten Arbeitsmarkt deutlich zu erleichtern.

Pflege und Assistenz
Bekanntlich stehen Politik und Gesellschaft angesichts des demographischen Wandels vor großen Herausforderungen im Bereich der Pflege. Dennoch scheint die Politik die Ernsthaftigkeit der Lage und die Notwendigkeit, grundlegende Maßnahmen zu ergreifen, immer noch nicht erkannt zu haben. So ist bereits seit langem bekannt, dass Defizite bei der Versorgung pflegebedürftiger Menschen oft auf den zu engen Begriff der Pflegebedürftigkeit zurückzuführen sind. Die Diskussion über eine Neudefinition zieht sich allerdings nunmehr seit 2006 hin. Die BAG SELBSTHILFE fordert die künftige Bundesregierung auf, umgehend einen neuen, umfassenden und teilhabeorientierten Pflegebedürftigkeitsbegriff einzuführen, ohne dass es dabei gleichzeitig zu Einschränkungen im Bereich der Eingliederungshilfe kommt.

Barrierefreiheit
Die BAG SELBSTHILFE fordert, eine gesetzliche Verpflichtung für öffentliche und private Rechtsträger aller Art zu begründen, bei ihren der Öffentlichkeit offenstehenden Einrichtungen und/oder angebotenen Diensten sämtliche Aspekte einer umfassenden Barrierefreiheit zu berücksichtigen. Alle Fördermaßnahmen und Zuwendungen der öffentlichen Hand müssen künftig an das Kriterium der Barrierefreiheit gebunden werden. Ebenso ist die Sicherstellung von umfassender Barrierefreiheit als verbindliches Kriterium im Vergaberecht und in allen Zulassungsverfahren zu verankern. Darüber hinaus fordert die BAG SELBSTHILFE spezielle Investitionsprogramme zur Herstellung von Barrierefreiheit in den Bereichen Wohnen und Öffentlicher Personenverkehr.

Gesundheitspolitik
Nach Artikel 25 BRK haben Menschen mit Behinderungen einen Anspruch auf eine unentgeltliche oder erschwingliche Gesundheitsversorgung in derselben Bandbreite, von derselben Qualität und auf demselben Standard wie andere Menschen. Tatsächlich ist das deutsche Gesundheitssystem jedoch nach wie vor geprägt von Benachteiligungen und besonderen Härten für Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen. Fehlende barrierefreie Zugänge stellen ein weiteres Problem dar. Die BAG SELBSTHIFLE fordert die künftige Regierung auf, einen allgemeinen Leistungskatalog für alle Versicherten in den gesetzlichen Krankenversicherungen zu initiieren und darüber hinaus Gesetze zu schaffen, die Transparenz für den Patienten bei der Nutzenbewertung von Arzneimitteln, Heil- und Hilfsmitteln, sowie ärztlichen Leistungen schaffen. Damit Arztpraxen und Krankenhäuser endlich barrierefrei werden, könnten die im Rahmen des Versorgungsstrukturgesetzes geschaffenen Strukturfonds dazu genutzt werden, Hilfen für den Ausbau von barrierefreien Praxen in unterversorgten Gebieten zu gewähren. Den Krankenkassen müsste auferlegt werden, bei Strukturverträgen die Vorhaltung einer barrierefreien Arzt- oder Heilmittelpraxis oder eines Geschäftsraumes eines Hilfserbringers zur Voraussetzung zu machen. Ferner könnte die Frage einer Zulassung sowohl eines Arztes als auch eines Hilfs- oder Heilmittelerbringers an die Forderung einer barrierefreien Ausgestaltung der Praxen geknüpft werden.

Selbsthilfeförderung
Die Förderung der Selbsthilfe darf nicht auf eine kurzfristige und kleinteilige Projektförderung beschränkt sein. Es bedarf eines umfassenden verlässlichen Förderprogramms, das der Aufrechterhaltung und strukturellen Weiterentwicklung der Beratungs- und Unterstützungsangebote der Selbsthilfe und der Umsetzung der Patientenbeteiligung nachhaltig dient. Die Selbsthilfe muss insbesondere in die Lage versetzt werden, ihre fachliche Kompetenz auf Augenhöhe mit den Selbstverwaltungspartnern wahrzunehmen. Die BAG SELBSTHILFE fordert die zukünftige Bundesregierung auf, die Fördertitel des Bundeshaushalts zur Förderung der gesundheitsbezogenen Selbsthilfe aufzustocken. Auch Bund und Länder müssen die Selbsthilfe in größerem Umfang unterstützen. Die BAG SELBSTHILFE fordert die Sicherstellung eines transparenten, verlässlichen und unbürokratischen Förderverfahrens nach Paragraph 20 c SGB V durch die gesetzlichen Krankenkassen.

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Quelle:
Selbsthilfe 2/2013, S. 8-9
Zeitschrift der BAG SELBSTHILFE e.V.
Herausgeber: Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe
von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e.V.
BAG SELBSTHILFE
Kirchfeldstr. 149, 40215 Düsseldorf
Telefon: 0211/3 10 06-0, Fax: 0211/3 10 06-48
E-Mail: info@bag-selbsthilfe.de
Internet: www.bag-selbsthilfe.de
 
Die "Selbsthilfe" erscheint mit 4 Ausgaben pro Jahr.
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Einzelpreis: 5,00 Euro.


veröffentlicht im Schattenblick zum 1. August 2013