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RECHT/663: Altersblindheit - Gerichtsurteil stärkt Patientenrechte (Selbsthilfe)


Selbsthilfe - 2/2010

ALTERSBLINDHEIT:
Gerichtsurteil stärkt Patientenrechte


Ein aktuelles Urteil des Sozialgerichtes Aachen vom 11. März 2010 bestätigt die Kritik der Patientenorganisation PRO RETINA Deutschland e.V. an der Versorgungssituation von Patienten, denen Altersblindheit droht. Dem Urteil zufolge haben gesetzlich Versicherte, die an der Altersabhängigen Makula-Degeneration (AMD) leiden, Anspruch auf die Behandlung mit einer zugelassenen Therapie bei einem Augenarzt ihrer Wahl. Sie müssen sich nicht gegen ihren Willen von ihrer Krankenkasse auf die Anwendung eines nichtzugelassenen Medikamentes verweisen lassen.

In Deutschland erkranken pro Jahr schätzungsweise 50.000 zumeist ältere Patienten an der feuchten, altersabhängigen Makula-Degeneration (AMD). Eine Therapie in der Frühphase kann den Sehverlust stoppen und die Sehfähigkeit sogar wieder verbessern. Wirksame Medikamente sind zugelassen, allerdings gehört die ärztliche Leistung, die Injektion eines Medikamentes in den Augapfel, nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen. Darum haben viele Krankenkassen Verträge mit Augenarzt-Gruppen abgeschlossen, um die Kostenübernahme für die Behandlung zu regeln. Allerdings müssen die Ärzte aufgrund der pauschalen Vergütung, die die Kosten für Medikament und ärztliche Leistung umfasst, die billigere, aber für diese Indikation nicht zugelassene Substanz Bevacizumab (Handelsname: Avastin) injizieren, deren Wirksamkeit und Sicherheit für diesen Einsatz indes wissenschaftlich nicht ausreichend belegt ist. Darum sollte diese Substanz nach Meinung von Experten ausschließlich im Rahmen von klinischen Studien eingesetzt werden. Die Kassen sparen aber so die Ausgaben für den teureren, zugelassenen Wirkstoff Ranibizumab (Handelsname: Lucentis). Stellt ein Patient den Antrag auf Behandlung, lehnen die Kassen die Übernahme der Behandlungskosten mit Lucentis ab und fordern die Patienten auf, sich bei ihren "Vertragsärzten" behandeln zu lassen.

Nun bestätigt das Sozialgericht Aachen, dass Patienten dies nicht hinnehmen müssen: Sie haben Anspruch auf die Therapie mit dem zugelassenen Medikament durch einen Augenarzt ihrer Wahl.


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Quelle:
Selbsthilfe 2/2010, S. 6
Zeitschrift der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe
von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung
und ihren Angehörigen e.V.
Herausgeber: BAG Selbsthilfe
Kirchfeldstr. 149, 40215 Düsseldorf
Tel.: 0211/31 00 6-0, Fax: 0211/31 00 6-48
E-Mail: info@bag-selbsthilfe.de
Internet: www.bag-selbsthilfe.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juli 2010