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VERBAND/649: Bethel - Antje Vollmer leitet "Runden Tisch Heimkinder" (Der Ring)


DER RING
Zeitschrift der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel - Dezember 2009

Antje Vollmer besucht Freistatt
"Runder Tisch Heimkinder"

Von Robert Burg


Über die Lebensverhältnisse von Fürsorgezöglingen, die in den 1950er- und 1960er-Jahren in der Diakonie Freistatt untergebracht waren, und über den Umgang mit dem Thema informierte sich Dr. Antje Vollmer Mitte November. Die Theologin und ehemalige Bundestagsvizepräsidentin leitet heute den "Runden Tisch Heimkinder", der sich mit einem schwierigen Kapitel nachkriegsdeutscher Jugendarbeit befasst.


"Freistatt ist in der Aufarbeitung schon sehr weit", stellte Dr. Antje Vollmer bei ihrem Besuch fest. Sie begrüße es, wenn Einrichtungen den Schritt in die Öffentlichkeit selbst wagten. Dies sei leider immer noch nicht überall der Fall. Gemeinsam mit ihren beiden Referenten Katharina Loerbroks und Holger Wendelin unternahm die langjährige Bundestagsabgeordnete eine Rundreise durch Deutschland und besuchte evangelische, katholische und staatliche Einrichtungen sowie Häuser von freien Trägern. Die Diakonie Freistatt, zugehörig zum Stiftungsbereich Bethel im Norden, ist eine Anbieterin von Jugendhilfeeinrichtungen, die wegen Misshandlungsvorfällen in der Fürsorgeerziehung in der Kritik stehen. Insgesamt gab es in Freistatt 7.000 Heimkinder, maximal 400 lebten gleichzeitig in der ehemaligen Arbeiterkolonie.

"Wir wollen uns vor Ort ein Bild machen", sagte Dr. Antje Vollmer bei ihrem Besuch. Die Vertreter des Runden Tischs interessiert vor allem, wie die Einrichtungen mit den Bewohner-Akten umgehen, wie der Kontakt zu den ehemaligen Erziehern und "Zöglingen" ist und wie man generell mit der eigenen Vergangenheit umgeht. "Manchmal spürt man in den Räumen noch den Geist von früher", so Dr. Vollmer. In Freistatt begleiteten Petra Gothe und Dr. Werner Hagenah von der Geschäftsführung von Bethel im Norden sowie Jugendhilfe-Bereichsleiter Rüdiger Scholz die Delegation aus Berlin. "Vielen ehemaligen Heimkindern ist es wichtig, dass man ihnen glaubt", unterstrich Rüdiger Scholz die offene Haltung Bethels in der Heimkinder-Debatte. "Wir wollen über die Aufarbeitung hinaus mit ihnen ins Gespräch kommen." Besonders wichtig für die Betroffenen: Bereits vor mehreren Jahren öffnete die Diakonie Freistatt ihr Archiv, unterstützte ehemalige Heimkinder bei der Klärung von Rentenfragen und gab Kopien der vollständigen Akten an die Betroffenen heraus.

Dr. Antje Vollmer lobte ausdrücklich die wissenschaftliche Untersuchung zur Fürsorgeerziehung in den v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel, die auf Initiative des Vorstands im Mai 2009 vorgelegt wurde ("Endstation Freistatt - Fürsorgeerziehung in den v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel bis in die 1970er-Jahre". Bethel-Verlag 2009. 374 5., 24 Euro. ISBN 978-935972-27-7).

An dem Runden Tisch im Bundestag nehmen 20 Personen teil, darunter drei Mitglieder des Vereins ehemaliger Heimkinder und je ein Vertreter der beiden großen christlichen Kirchen sowie von Caritas und Diakonie, die Träger vieler Heime waren. Er soll das Schicksal von Hunderttausenden klären, die als Minderjährige in Erziehungsheimen oft erheblichen Schikanen und Misshandlungen ausgesetzt waren. Einen Zwischenbericht wird der Runde Tisch Anfang 2010 vorlegen, die Empfehlung zu einer Lösung folgt im nächsten Dezember. "Wir wollen vorschlagen, wie unsere Gesellschaft in befriedeter Weise mit dem Thema umgehen kann", so Dr. Antje Vollmer.


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Quelle:
DER RING, Dezember 2009, S. 5
Monatszeitschrift für Mitarbeiter, Bewohner, Freunde
und Förderer der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel
Herausgeber: Pastor Ulrich Pohl in Zusammenarbeit mit der
Gesamtmitarbeitervertretung der v. Bodelschwinghschen Anstalten Bethel
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Dezember 2009