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VERBAND/711: Selbsthilfefreundlichkeit und Patientenorientierung im Gesundheitswesen (Selbsthilfe)


Selbsthilfe - 4/2013

Netzwerk "Selbsthilfefreundlichkeit und Patientenorientierung im Gesundheitswesen" setzt sich die Kooperation von Selbsthilfe und Gesundheitseinrichtungen auf Augenhöhe zum Ziel

Von Michael Bellwinkel



"Es ist klar, wer mein Ansprechpartner in der Klinik ist und wenn ich mich an ihn wende, dann passiert auch etwas." - Für viele Selbsthilfe-Aktive klingt das wohl wie ein Traum. Für Einzelne, die mit Krankenhäusern kooperieren, welche am Projekt "Selbsthilfefreundlichkeit" teilgenommen haben, ist es jedoch inzwischen Wirklichkeit geworden.


So auch für Beate Nieding von der Alzheimer Gesellschaft in Münster, von der das vorangestellte Zitat stammt. Sie arbeitet mit dem evangelischen Krankenhaus zusammen und berichtete ihre positiven Erfahrungen im Rahmen einer Veranstaltung im vergangenen Jahr. Auch wenn es zuvor bereits Kontakte gab, so fußten diese doch auf dem persönlichen Einsatz der Mitarbeiter einzelner gerontologischer Fachabteilungen und dem hohen Engagement der Ehrenamtlichen. Heute gibt es hingegen eine zentrale Ansprechpartnerin für die Selbsthilfe-Aktiven und die Möglichkeit der Alzheimer-Sprechstunde ist in allen Abteilungen in der Klinik bekannt.

Solche nachhaltigen und strukturierten Kooperationen auf Augenhöhe zu fördern, hat sich das "Netzwerk Selbsthilfefreundlichkeit und Patientenorientierung im Gesundheitswesen" zum Ziel gesetzt. Es ist aus einem Projekt hervorgegangen, in dem erprobt wurde, wie die Zusammenarbeit der Profis aus dem Gesundheitswesen mit den Ehrenamtlichen aus der Selbsthilfe auf verlässliche Beine gestellt werden kann. Der in den Jahren 2009 bis 2012 entwickelte Ansatz für die Kooperation mit Krankenhäusern, Reha-Kliniken und niedergelassenen (Fach-) Ärzten soll nun durch das Netzwerk weiter bekanntgemacht und angewandt werden.

Eine gute Zusammenarbeit wird dabei durch sieben Kriterien charakterisiert:

  1. Der Selbsthilfe wird Selbstdarstellung ermöglicht.
  2. Die Patienten werden auf Teilnahmemöglichkeiten an Selbsthilfegruppen hingewiesen.
  3. Die Öffentlichkeitsarbeit der Selbsthilfe wird unterstützt.
  4. Ein Ansprechpartner ist benannt.
  5. Die Beschäftigten der Einrichtung werden zum Thema Selbsthilfe qualifiziert.
  6. Die Partizipation der Selbsthilfe an geeigneten Gremien wird ermöglicht.
  7. Die Kooperation zwischen Selbsthilfe und Gesundheitseinrichtung ist verlässlich gestaltet und formal festgehalten.

Zum Erreichen dieses Standards treffen sich Vertreter von Selbsthilfegruppen, aus der Selbsthilfekontaktstelle und von Seiten der Gesundheitseinrichtung in Qualitätszirkeln und besprechen, wie die Umsetzung der Kriterien vor Ort geschehen soll. Die Treffen erforderten zum Beginn des Prozesses ein erhöhtes Engagement von allen Beteiligten. Sind jedoch die Kriterien erst einmal mit Leben gefüllt und werden umgesetzt, zahlt sich der Aufwand aus: "Wenn früher eine Selbsthilfegruppe zu unserem Patienten-Informations-Zentrum kam und gerne kooperieren wollte, saßen wir oft stundenlang mit ihr zusammen und letztendlich war das Ergebnis dennoch nicht zufriedenstellend. Heute treffe ich mich für eine Stunde mit der Gruppe und wir haben konkrete Ergebnisse." so berichtete Sandra Knicker, die als Selbsthilfebeauftragte die Kriterien für das Klinikum Bielefeld bereits umgesetzt hat.

Ist die Umsetzung der Kriterien gelungen, so können die Gesundheitseinrichtungen sich um eine Auszeichnung durch das Netzwerk bewerben. Für die Verleihung der Auszeichnung bewerten alle am Qualitätszirkel Beteiligten gemeinsam, wie gut die Kriterien umgesetzt wurden. Die Auszeichnung wird nur dann vergeben, wenn die Selbsthilfe-Vertreter bestätigen, dass die geschlossene Kooperationsvereinbarung erfüllt wird.

Die Zahl der Mitglieder im Netzwerk "Selbsthilfefreundlichkeit und Patientenorientierung im Gesundheitswesen" wächst stetig. Mitglieder im Netzwerk können Selbsthilfezusammenschlüsse und -kontaktstellen sowie Gesundheitseinrichtungen und weitere Interessierte werden. Mit dem Eintritt ins Netzwerk können sie zeigen, dass ihnen das Thema wichtig ist und sie sich dafür engagieren wollen. Die Mitgliedschaft ist kostenfrei und die Selbsthilfe sowie weitere Interessierte können durch das einfache Ausfüllen eines Aufnahmeantrags beitreten. Gesundheitseinrichtungen müssen, um ihre Mitgliedschaft zu erhalten, mithilfe eines Selbstauskunftsbogens den Stand ihrer Zusammenarbeit mit der Selbsthilfe darstellen. Alle Mitglieder erhalten Login-Daten für den internen Webseite-Bereich des Netzwerks, in dem verschiedene Medien, Materialien und Beispiele für eine verlässliche Kooperation nach dem Projektansatz bereitgestellt werden.


KONTAKT
BKK Bundesverband
Michael Bellwinkel
Referat Prävention und Selbsthilfe
BellwinkelM@bkk-bv.de
sowie im Netz unter
www.bkk.de/versicherte/praeventionsprojekte/selbsthilfe/selbsthilfeprojekte/netzwerk-selbsthilfe-freundlichkeit-und-patientenorientierung-im-gesundheitswesen
www.selbsthilfefreundlichkeit.de

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Quelle:
Selbsthilfe 4/2013, S. 24-25
Zeitschrift der BAG SELBSTHILFE e.V.
Herausgeber: Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe
von Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e.V.
BAG SELBSTHILFE
Kirchfeldstr. 149, 40215 Düsseldorf
Telefon: 0211/3 10 06-0, Fax: 0211/3 10 06-48
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Internet: www.bag-selbsthilfe.de
 
Die "Selbsthilfe" erscheint mit 4 Ausgaben pro Jahr.
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Einzelpreis: 5,00 Euro.


veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Februar 2014