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AUSSEN/928: Administrativhaft beenden - Das Leben von Samer al-Issawi retten


Annette Groth, Menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE im Bundestag
Pressemitteilung vom 6. Februar 2013

Administrativhaft beenden - Das Leben von Samer al-Issawi retten



Seit 189 Tagen befindet sich Samer al-Issawi im Hungerstreik. Nach medizinischen Erkenntnissen kann die Gesundheit eines Menschen schon nach drei bis vier Wochen ohne Nahrung dauerhaften Schaden nehmen. Der Palästinenser al-Issawi war im Oktober 2011 im Rahmen eines Gefangenenaustauschs aus dem israelischen Gefängnis entlassen worden, im Juli 2012 aber wieder verhaftet worden, weil er angeblich gegen seine Auflagen verstoßen hatte. Seither wird er ohne Anklage in Administrativhaft gehalten, am 1. August 2012 trat er in den Hungerstreik. Viele seiner Organe sind bereits lebensgefährlich beschädigt, es kann wohl davon ausgegangen werden, dass - ob er freigelassen wird oder nicht - sein weiteres Leben massiv durch diesen Hungerstreik beeinträchtigt sein wird. Gestern hat al-Issawi den Entschluss gefasst, fortan auch keine Vitamine und kein Wasser mehr zu sich zu nehmen. Dies wäre wohl ein sicheres Todesurteil.

Annette Groth, menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, erklärt dazu:

"Samer al-Issawi ist im Rahmen eines Gefangenenaustausches freigelassen worden. Bisher wurde ihm gegenüber keine ernsthafte Begründung für seine erneute Verhaftung vorgebracht. Dies verstärkt den Eindruck, dass das Abkommen gebrochen wurde und einziges Ziel der Verhaftung ist, al-Issawi sein ursprüngliches Strafmaß doch noch absitzen zu lassen. Dabei handelt es sich mitnichten um einen Einzelfall, zahlreiche im Rahmen von Abkommen frei gelassene palästinensische politische Häftlinge wurden nach kurzer Zeit wieder verhaftet und dann zumeist in Administrativhaft genommen. Israelische Behörden und die israelische Regierung verfolgen diese Linie auch dann, wenn Menschenleben auf dem Spiel stehen."

Annette Groth weiter:

"Zur Zeit sitzen 4.743 politische Häftlinge in israelischen Gefängnissen. 178 davon sind Administrativhäftlinge, 193 sind Kinder. Die Anwendung von Administrativhaft ist völkerrechtlich nur unter Ausnahmebedingungen erlaubt. Israel aber bedient sich ihrer routinemäßig und hält sich dabei keinesfalls an internationale Bestimmungen: weder werden die Häftlinge selbst umgehend über die Gründe ihrer Haft informiert, noch deren Familienangehörige. Die Betroffenen dürfen häufig nicht von ihren Angehörigen besucht werden, so gut wie nie überprüfen zivile Gerichte die Entscheidung für die Administrativhaft. Palästinensische Häftlinge werden teilweise bis zu 6 Jahre festgehalten, ihre Anwälte dürfen Beweise nicht einsehen. Hinzu kommen die sehr schlechten Haftbedingungen: die medizinische Versorgung von Palästinensern in israelischer Haft ist mangelhaft, vielen werden absolut notwendige Medikamente und Untersuchungen vorenthalten. Immer wieder sterben darum Menschen innerhalb der Gefängnismauern. Zudem wird in israelischen Gefängnissen weiterhin gefoltert. Isolationshaft sowie körperliche und psychische Misshandlung sind bekannte Mittel, insbesondere um Geständnisse sowie Informationen zu erlangen. Auch Samer al-Issawi sowie andere Häftlinge wurden während ihres Hungerstreiks durch Gefängnispersonal massiv körperlich angegriffen.

Ich fordere die Beendigung von Administrativhaft und der Verhaftung aus politischen Gründen. Wird Administrativhaft angewandt, muss sie unter allen Umständen mit internationalen Standards konform gehen. Folter und Verweigerung von medizinischer Versorgung dürfen nicht hingenommen werden. Sollten Beweise gegen Samer al-Issawi vorliegen, die ihn in irgendeiner Art und Weise belasten, muss er über diese informiert und ein ordentliches Gerichtsverfahren gegen ihn eingeleitet werden. Existieren solche Beweise nicht, fordere ich seine sofortige Freilassung."

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Quelle:
Pressemitteilung vom 6. Februar 2013
Annette Groth, MdB
Menschenrechtspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-77210, Fax: +49 30 227-76207
E-Mail: annette.groth@bundestag.de
Internet: www.linksfraktion.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Februar 2013