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BUNDESTAG/3045: Heute im Bundestag Nr. 050 - 26.01.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 050
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 26. Januar 2012 Redaktionsschluss: 13:55 Uhr


1. Disput über ärztliche Untersuchungen vor Abschiebungen
2. Linke will drastische Energieeinsparung erreichen


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1. Disput über ärztliche Untersuchungen vor Abschiebungen

Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

Berlin: (hib/TYH) Ärztliche Untersuchungen vor der Abschiebung liegen im Spannungsverhältnis zwischen Asylrecht, Medizin und Menschenrechten. Das zeigte ein öffentliches Fachgespräch des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe am Donnerstagvormittag, bei dem Bundes-, Ärzte und Opfervertreter die Situation sehr unterschiedlich einschätzten. Seit Jahren kritisieren Menschenrechtler, dass die Situation traumatisierter Flüchtlinge, deren Asylantrag abgelehnt wurde, im Rahmen einer Reisefähigkeitsuntersuchung nur ungenügend berücksichtigt werde.

Die Abschiebung an sich werde häufig als "Willkürhandeln" in der Öffentlichkeit dargestellt, sagte Wilfred Burghardt vom niedersächsischen Innenministerium. Er wies darauf hin, dass eine Abschiebung erst am Ende eines "aufwendigen, langjährigen und mehrfachen Prüfungsverfahrens" durch die Ausländerbehörden stehe. Innerhalb dieses Verfahrens spielten gesundheitliche Aspekte eine Rolle, darunter auch psychische Erkrankungen. Jedoch gebe es einen "grundlegenden Dissens" zwischen der juristischen Bewertung einer Krankheit und der ärztlichen Einschätzung. Burghardt betonte, dass die Bundespolizei als Gründe für eine Flugreiseuntauglichkeit zwar unter anderem ansteckende Infektionen, Herz- und Schlaganfälle oder Schwangerschaften nenne, nicht aber psychische Beeinträchtigungen.

Wie Ulrich Clever, Menschenrechtsbeauftragter der Bundesärztekammer und Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg, betonte, müssen Ärzte laut dem Genfer Gelöbnis ohne Ansehen der Person behandeln und beurteilen. Flugreiseuntersuchungen hätten eine "schwache Basis", wenn sie sich nur darum drehten, ob eine Person mehrere Stunden in einem Flugzeug verbringen könne. Deutlicher wurde Ernst Girth, Menschenrechtsbeauftragter der Landesärztekammer Hessen: "Wenn sich die Mehrheit der Ärzte ihrer Berufsordnung verpflichtet fühlt und die staatlichen Vorgaben deswegen nicht erfüllen kann, muss sich etwas an den Vorgaben ändern", sagte er. Zudem kritisierte er, dass die Behörden nur selten ausgebildete Gutachter in Anspruch nähmen.

Michael Kleinhans vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wies darauf hin, dass es sich bei der Flugreisefähigkeitsuntersuchung deshalb nur um die Reise an sich handele, weil alles andere schon vorher überprüft worden sei. So werde von einer Abschiebung abgesehen, wenn im Zielland "erhebliche Gefahr für Leib, Leben und Freiheit besteht". Ursula Luding, Ärztin der Bundespolizei, die in dieser Funktion Abschiebungen begleitet, wies darauf hin, dass "keine Rückführung um jeden Preis durchgeführt wird". So könne sie aus gesundheitlichen Gründen abgebrochen werden.

Die Direktorin des Behandlungszentrums für Folteropfer, Mechthild Wenk-Ansohn, wies darauf hin, dass man zwar die Symptome traumatisierter Patienten lindern könne, das Trauma selbst jedoch bestehen bleibe. Drohe dann die Abschiebung in das Land, in dem der Betroffene etwa die für das Trauma verantwortliche Gewalt erfahren hat, könnten die Symptome wieder zunehmen. Es sei daher wichtig, traumatisierte Flüchtlinge früh zu erkennen, sagte Waltraut Wirtgen vom Beratungszentrum Refugio München. Speziell ausgebildete Ärzte müssten parallel zum Asylverfahren Trauma-Patienten identifizieren, schlug sie vor.

Zwischen 1993 und 2010 hätten sich 160 Flüchtlinge angesichts ihrer drohenden Abschiebung umgebracht oder seien bei dem Versuch, vor der Abschiebung zu fliehen, gestorben, ergänzte Marei Pelzer von Pro Asyl und bezog sich dabei auf Zahlen der "Antirassistischen Initiative". Unter menschenrechtlichen Gesichtspunkten sei es erschreckend, dass in manchen Fällen eine Suizidgefährdung die Abschiebung nicht verhindere.


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2. Linke will drastische Energieeinsparung erreichen

Wirtschaft und Technologie/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die Energieversorger sollen verpflichtet werden, jährlich Energieeinsparungen von 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bei ihren Endkunden zu erzielen. Außerdem verlangt die Fraktion Die Linke in einem Antrag (17/8457) eine Erhöhung des ermäßigten Satzes der Umlage nach dem Erneuerbare Energien-Gesetz (EEG) für die energieintensive Industrie. Zu den weiteren Forderungen der Fraktion gehören eine energetische Sanierungsquote für Gebäude. Das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz soll novelliert und ein nationaler Wärme- und Kälteplan für den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung erstellt werden.

Nach Ansicht der Fraktion torpediert die Bundesregierung mit ihrer gegenwärtigen Energiepolitik die Wende zu einer umweltfreundlichen, bezahlbaren und sicheren Energieversorgung. Ein wichtiger Baustein der Energiewende sei die Steigerung der Energieeffizienz. Daher wird die Bundesregierung aufgefordert, ihren Widerstand gegen eine wirksame EU-Energieeffizienzrichtlinie aufzugeben und sich auf das Ziel der Reduzierung des Energieverbrauchs bis 2020 um 20 Prozent verbindlich festzulegen. Die Bundesregierung unternehme alles, um verbindliche Vorgaben auf EU-Ebene zu verhindern, kritisiert die Faktion Die Linke.


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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 050 - 26. Januar 2012 - 13:55 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. Januar 2012