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BUNDESTAG/3064: Heute im Bundestag Nr. 069 - 08.02.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 069
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 8. Februar 2012 Redaktionsschluss: 12:15 Uhr


1. Der Einzelhandel erwartet auch 2012 Umsatzwachstum
2. Rechtsausschuss spricht sich gegen Patentierung konventioneller Züchtungen aus
3. Einheitlicher Versicherungsträger für Bauern, Gärtner und Förster


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1. Der Einzelhandel erwartet auch 2012 Umsatzwachstum

Ausschuss für Wirtschaft und Technologie

Berlin: (hib/HLE) Der deutsche Handel will auch in diesem Jahr weiter wachsen Möglich seien 1,5 Prozent Umsatzwachstum, sagte der Präsident des Hauptverbands des Deutschen Einzelhandels(HDE), Josef Sanktjohanser, am Mittwoch in der Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie. Im vergangenen Jahr sei der Handel, dessen Gesamtumsatz bei 400 Milliarden Euro liegt, um 2,4 Prozent gewachsen. Der Online-Handel habe um 13 Prozent zugelegt und jetzt einen Anteil von sieben Prozent am gesamten Handelsumsatz. Im einigen Bereichen des Online-Handels liegt nach Ansicht von Sanktjohanser weitere Dynamik, aber auch der stationäre Handel werde seine Bedeutung behalten. Sanktjohanser sprach sich für eine Liberalisierung des Ladenschlusses aus bei gleichzeitigem Schutz der Sonntage.

Der HDE-Chef verwies darauf, dass es neben dem Umsatzwachstum auch zusätzliche Arbeitsplätze im Handel gebe. Knapp ein Drittel der Beschäftigten seien in Minijobs; der Anteil der Minijobber an den Arbeitsstunden betrage aber nur 15 Prozent. Einen staatlichen Mindestlohn lehnte Sanktjohanser ab. Der Handel bevorzuge tarifliche Modelle.

Die CDU/CSU-Fraktion zeigte sich überrascht, dass der Anteil der Minijobber an der Zahl der Arbeitszeit im Handel verhältnismäßig niedrig sei. Auch zeigte sich ein Sprecher der Fraktion über das Umsatzwachstum der Branche erfreut. Auch die SPD-Fraktion freute sich über die Umsatzzahlen, was Ausdruck einer im Moment sehr robusten Binnennachfrage sei. Besorgnis erregend sei jedoch der mit 250.000 Fällen hohe Anteil an Scheinwerkverträgen, was ein "eklatantes Unterschreiten" der Tarifverträge bedeute. Aber auch im Handel müssten vernünftige Löhne gezahlt werden, forderte die SPD-Fraktion.

Die FDP-Fraktion zeigte sich ebenfalls erfreut über das Umsatzwachstum, verwies jedoch zugleich darauf, dass es in kleinen und mittleren Gemeinden zahlreiche Leerstände von Geschäftslokalen in den Ortszentren und Innenstädten gebe. Die HDE-Forderung nach Liberalisierung von Ladenöffnungszeiten wurde von der FDP-Fraktion unterstützt. Man könne den Händlern nicht vorschreiben, wann sie zu öffnen und wann sie zu schließen hätten.

Diese Ansicht stieß auf massiven Widerspruch der Linksfraktion. Es gehe nicht nur um die Händler, sondern es gelte auch eine Verantwortung für die Beschäftigten wahrzunehmen. Die Fraktion kritisierte zugleich den hohen Anteil an Minijobs. Viele Beschäftigte seien gezwungen, mehrere dieser Jobs anzunehmen. Das sei kein tragbarer Zustand.

Auf Probleme mit den Minijobs wies auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hin. Mit diesen 400-Euro-Jobs werde Altersarmut aufgebaut, da die Beschäftigen keine Rentenansprüche oberhalb der Grundsicherung aufbauen könnten. Der Staat könne aber in einer Sozialen Marktwirtschaft den Aufbau von Altersarmut nicht zulassen, so ein Sprecher der Fraktion. Über sieben Millionen 400-Euro-Jobs seien kein Ausdruck von Flexibilität, sondern Missbrauch.

Der Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie, Ernst Hinsken (CDU/CSU), sagte, der Handel müsse täglich im Wettbewerb bestehen. Dabei sei Qualität das A und O. "Qualität bedeutet, wenn nicht die Ware, sondern der Kunde in den Laden zurückkehrt", sagte Hinsken.


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2. Rechtsausschuss spricht sich gegen Patentierung konventioneller Züchtungen aus

Rechtsausschuss

Berlin: (hib/VER) Die Patentierung von konventionell gezüchteten landwirtschaftlichen Nutztieren und -pflanzen soll verhindert werden. Deshalb soll sich die Bundesregierung für eine Konkretisierung und Änderungen der Biopatentrichtlinie einsetzen. Das fordern die Regierungsfraktionen CDU/CSU und FDP sowie die Oppositionsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen in einem gemeinsamen Antrag (17/8344). Dieser wurde vom Rechtsausschuss in seiner Sitzung am Mittwochvormittag verabschiedet.

In dem Antrag fordern die Fraktionen, dass "keine Patente auf konventionelle Züchtungsverfahren, mit diesen gezüchtete landwirtschaftliche Nutztiere und -pflanzen sowie deren Nachkommen und Produkte" erteilt werden. Soweit die europäischen Vorgaben Abweichungen im nationalen Patentrecht zuließen, sei zu diesem Zweck auch eine Änderung des deutschen Patentgesetzes notwendig. Dies könne zugleich Signalwirkung für die Ergänzung der europäischen Rechtsgrundlagen entfalten.

Ferner heißt es in dem Antrag von CDU/CSU, SPD, FDP und Grünen, der Schutz geistigen Eigentums durch Patente sei ein hohes Gut, mit dem ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen des Erfinders und denen der Allgemeinheit an der Förderung von Innovationen sowie an der freien Verfügbarkeit von Informationen geschaffen werde. Für den Wissenschaftsstandort Deutschland sei die Möglichkeit, Erfindungen durch Patente zeitlich befristet zu schützen, von großer Bedeutung.

Die Linksfraktion war zwar in die Beratungen zu dem Antrag involviert, hatte diesen jedoch nicht mit getragen. Am Mittwoch stimmten ihre Mitglieder im Rechtsausschuss schließlich doch für diesen, so dass er einstimmig angenommen wurde.


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3. Einheitlicher Versicherungsträger für Bauern, Gärtner und Förster

Ausschuss für Arbeit und Soziales

Berlin: (hib/CHE) Die landwirtschaftliche Sozialversicherung in Deutschland wird umfassend neu strukturiert. Das beschloss der Ausschuss für Arbeit und Soziales am Mittwochvormittag. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der SPD nahm er einen Gesetzentwurf (17/7916) zur Neuordnung der landwirtschaftlichen Sozialversicherung (LSV-Neuordnungsgesetz) in geänderter Fassung an.

Das Gesetz sieht vor, einen Bundesträger als Selbstverwaltungskörperschaft des öffentlichen Rechts zu errichten. Dieser bundeseinheitliche Träger soll künftig für die Alterssicherung, Unfall-, Kranken- und Pflegeversicherung der Branche zuständig sein und den Titel "Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau" tragen. Die bisherigen regionalen Träger der landwirtschaftlichen Sozialversicherung, die Träger für den Gartenbau und der Spitzenverband der landwirtschaftlichen Sozialversicherung sollen in den neuen Bundesträger eingegliedert werden. Die Bundesregierung begründet diese Initiative mit dem Strukturwandel in der Landwirtschaft und den seit Jahren rückläufigen Versichertenzahlen. Die landwirtschaftliche Sozialversicherung habe diesen Veränderungen nicht in gleicher Weise Rechnung getragen wie die allgemeine Sozialversicherung, schreibt die Regierung. Bisher verhindere die vorrangig räumliche Aufteilung, dass die Träger ihre Aufgaben effizient und wirtschaftlich erfüllen. Zudem bestünden gravierende Belastungsunterschiede durch regional unterschiedlich hohe Beiträge für gleich strukturierte Betriebe, was zu spürbaren Wettbewerbsverzerrungen in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung führe, heißt es in dem Entwurf weiter.

CDU/CSU und FDP betonten in der Beratung noch einmal, dass es sich um einen "gelungenen Gesetzentwurf" handele, um ein Agrarversicherungssystem zu schaffen, das eigenständig bleibt und für mehr Beitragsgerechtigkeit sorge. So sollen nach einer Übergangsphase ab 2017 einheitliche Beitragsgrenzen für die Sozialversicherungen gelten. Auch sei man mit dem Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen den besonderen Bedürfnissen des Gartenbaus und der Forstwirtschaft noch einmal entgegengekommen, indem zum Beispiel der Fortbestand der Beiräte gesichert werde.

Die SPD-Fraktion hob hervor, dass durch den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen aus einem "mäßigen Regierungsentwurf" ein "richtig guter" Entwurf geworden sei. Zwar wäre man in einigen Punkten noch weiter gegangen und habe deshalb einen eigenen Änderungsantrag vorgelegt. Aber das Vorhaben sei insgesamt der "richtige Schritt in die richtige Richtung".

Bündnis 90/Die Grünen bekräftigte ihre Zustimmung zur Schaffung eines einheitlichen Bundesträgers. Die Fraktion kritisierte aber unter anderem, dass die Hofabgabe weiter bestehen bleibe. Statt dessen sollte man diese Abgabe abschaffen, denn auch ohne sie sollte es möglich sein, dass Landwirte eine Rente bekommen. Kritisch sehen die Grünen auch das Beratungsmonopol des Bauernverbandes, denn es gäbe viele Bauern, die dort nicht Mitglied seien und deshalb anders behandelt würden.

Die Fraktion Die Linke stimmte dem Gesetzentwurf deshalb nicht zu, weil dieser ihrer Ansicht nach Arbeitnehmerrechte diskriminiert. So werde zum Beispiel durch die Fusion die paritätische Arbeitnehmervertretung im Gartenbau zu einer Drittel-Parität gemacht. Ähnlich wie die Grünen plädierte die Fraktion für Änderungen bei der Hofabgabeklausel. Außerdem bezweifelte sie, dass das Gesetz tatsächlich zu einer Kostensenkung führen werde.


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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 069 - 8. Februar 2012 - 12:15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. Februar 2012