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BUNDESTAG/3116: Heute im Bundestag Nr. 121 - 08.03.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 121
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 8. März 2012 Redaktionsschluss: 09:50 Uhr


1. "Bundesverfassungsgerichtsurteil wichtig bei Umsetzung des ESM-Paketes"
2. EP-Parlamentarierin Lochbihler: EU-Menschenrechts-Instrumente wirken nicht ausreichend


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1. "Bundesverfassungsgerichtsurteil wichtig bei Umsetzung des ESM-Paketes"

Haushaltsausschuss

Berlin: (hib/MIK) Der Bundestag will bei der Ausgestaltung der parlamentarischen Beteiligungsrechte bei der Umsetzung des ESM-Pakets das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum sogenannten Neuner-Gremium (Beteiligungsrechte des Bundestages beim EFSF) einarbeiten. Dies wurde am Mittwochabend bei der Sitzung des Haushaltsausschusses deutlich, in der sich die Abgeordneten über die Bewertung des Verfassungsgerichtsurteils informieren ließen.

Der Vertreter der Bundestagsverwaltung betonte, dass das Verfassungsgericht vor allem das Budgetrecht des gesamten Parlaments und die Gleichheit des Mandats betont habe. Für den Prozessbevollmächtigten des Bundestages ist die Gerichtsentscheidung von der verfassungsrechtlichen Leitvorstellung getragen, die Verantwortung des Parlaments und die Rechtsstellung der Abgeordneten mit Blick auf die Haushaltsverantwortung in Systemen intergouvernementalen Regierens zu betonen. Er hielt allerdings auch fest, dass die wesentlichen Konstruktionsmerkmale des Neuner-Gremiums vom Bundesverfassungsgericht "ausdrücklich" bestätigt worden seien. Der entsprechende Gestaltungsspielraum des Bundestages hätte insoweit gesichert werden können.

Der Sprecher der CDU/CSU Fraktion betonte, neben Änderungen beim derzeitigen EFSF-Gesetz sei das Urteil besonders wichtig für die Ausgestaltung des ESM. Die FDP-Fraktion hielt es für gut, dass jetzt bei allen wesentlichen Entscheidungen im Hinblick auf EFSF und ESM das Parlament beteiligt werden müsse. Die SPD-Fraktion betonte, dass alles getan werden müsse, um eine verfassungsmäßige Grundlage bei dieser Gesetzgebung zu kommen. Die Linksfraktion begrüßte, dass durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts der Auftrag des Neuner-Gremiums eindeutig definiert worden sei. Für Bündnis 90/Die Grünen ist es nun wichtig zu klären, ob das Neuner-Gremium in dieser Größe beibehalten werden kann oder ob auch Stellvertreter gewählt werden müssten. Ein Abgeordneter der SPD-Fraktion warnte davor, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu unterlaufen.


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2. EP-Parlamentarierin Lochbihler: EU-Menschenrechts-Instrumente wirken nicht ausreichend

Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe

Berlin: (hib/HAU) Die Vorsitzende des Unterausschusses Menschenrechte im Europäischen Parlament (EP), Barbara Lochbihler (Grüne/EFA) kritisiert die nicht ausreichende Wirkung der menschenrechtspolitischen Instrumente der Europäischen Union. Vor dem Menschenrechtsausschuss des Bundestages sagte Lochbihler am Mittwochnachmittag, die Menschenrechts-Dialoge, die zwischen der EU und Drittländern geführt werden und Fragen der Menschenrechte behandelten, hätten zu keiner messbaren Verbesserung der Situation geführt. Oftmals, so Lochbihler, werde es schon als Erfolg gewertet, "wenn ein Gespräch stattfindet". Ihrer Ansicht nach sollte hingegen kein Dialog begonnen werden, ohne dass messbare Zielstellungen feststehen.

Ein weiteres Instrument seien die verschiedenen Menschenrechts-Leitlinien, erläuterte die Europapolitikerin. Diese seien zwar grundsätzlich positiv zu bewerten. Was aber beispielsweise die Leitlinie zu den Menschenrechtsverteidigern angeht, so würden die verschiedenen EU-Organisationen in ihren Berichten zumeist schreiben, sie stünden in Kontakt mit den Menschenrechtsverteidigern. Stattdessen sollten sie darüber berichten, was sie "proaktiv und aktiv getan haben, um einen Menschenrechtsverteidiger zu schützen", forderte Barbara Lochbihler, die vor ihrer Abgeordnetentätigkeit zehn Jahre lang Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty International war. Aus Angst vor diplomatischen Verwicklungen würden aber gerade gefährdete Menschenrechtsverteidiger oft allein gelassen, kritisierte sie.

Seit 1995 gebe es zudem Menschenrechtsklauseln in Abkommen mit Drittländern, sagte die Vorsitzende des EP-Unterausschusses. Darin sei von der Achtung der Menschenrechte, den demokratischen Grundsätzen und dem Rechtsstaatsprinzip die Rede, wovon sich die beiden Abkommenspartner leiten ließen. Das klinge zwar gut, räumte sie ein. Doch gebe es immer wieder in den Verhandlungen Schwierigkeiten bei der Aufnahme der Klausel. Beim EU-Freihandelsabkommen mit Indien etwa denke die EU über den Verzicht der Menschenrechtsklausel nach, kritisierte Lochbihler. Auch eine Aussetzung des EU-Freihandelsabkommens mit Kolumbien und Peru sei trotz gravierender Menschenrechtsprobleme "politisch nicht mehrheitsfähig".

Auf die europäische Grenzpolitik eingehend, sagte die Europaabgeordnete, es sei gut, dass die Mitarbeiter von Frontex nun ein "Menschenrechtstraining" bekämen. Ebenfalls sei es zu begrüßen, dass die Grundrechteagentur in Wien Frontex beraten würde. Nicht durchsetzbar sei aber die von ihr erhobene Forderung nach einer unabhängigen Beobachtung der Arbeit von Frontex. Kritisch sei auch zu sehen, dass Frontex zwar die Stelle eines "Menschenrechts-Officers" geschaffen, aber nicht besetzt habe. Damit, so bemängelte Lochbihler, werde der Auftrag des Europäischen Parlaments ignoriert.


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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 121 - 8. März 2012 - 09:50 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. März 2012