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BUNDESTAG/3416: Heute im Bundestag Nr. 421 - 27.09.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 421
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 27. September 2012 Redaktionsschluss: 09:30 Uhr

1. Experten fordern mehr Recycling bei Computern
2. Mehr Geld für Opfer rechtsextremistischer Übergriffe
3. Linksfraktion will Vermögensabgabe einführen
4. Koalitionsfraktionen betonen Unabhängigkeit der EZB
5. Stromsteuer: Regierung lehnt Änderungswünsche des Bundesrates ab



1. Experten fordern mehr Recycling bei Computern

Parlamentarischer Beirat für nachhaltige Entwicklung (Anhörung)

Berlin: (hib/KOS) Eine weitere Stärkung der in Deutschland bereits gut entwickelten Recycling- und Kreislaufwirtschaft und eine Reduzierung des Materialverbrauchs in der Industrie fordert der Parlamentarische Beirat für nachhaltige Entwicklung. Bei einer Anhörung unter dem Titel "Elektroschrott - Rohstoff der Zukunft" warnte der Vorsitzende Andreas Jung (CDU) am Mittwochabend vor den "konkreten ökologischen und sozialen Konsequenzen" der Computerproduktion. Der Sachverständige Olaf Tschimpke betonte, in einem rohstoffarmen Land wie der Bundesrepublik sei das Recycling von Elektromüll auch industriepolitisch wichtig. Der Vizevorsitzende des Rates für Nachhaltige Entwicklung, eines Beratungsgremiums der Regierung, rief dazu auf, Schwellenländer wie China, Indien und Brasilien wie auch afrikanische Staaten beim Aufbau einer Kreislaufwirtschaft zu unterstützen. Mit der Vorführung des Films "Behind the screen - Das Leben meines Computers", der sich kritisch mit den sozialen und ökologischen Aspekten der Herstellung solche Geräte auseinandersetzt, sollte die Veranstaltung einen Beitrag dazu leisten, Bürger und Politik bei diesem Thema "aus der Gedankenlosigkeit zu reißen", so Jung.

Der Streifen des Regisseurs Stefan Baumgartner und der Produzentin Sandra Heberling, der mit dem Filmpreis "Nachhaltigkeit" des Bundestags ausgezeichnet worden ist, zeigt den Abbau und die Aufbereitung von Gold in Westafrika, die Elektronikfertigung in Tschechien und die Endlagerung ausrangierter Computer auf Müllhalden wiederum auf dem schwarzen Kontinent. Am Beispiel konkret Betroffener demonstriert die Dokumentation, unter welch miserablen Bedingungen Einheimische in Afrika für wenig Geld nach Gold buddeln, wie niedrig die Löhne bei langen Arbeitszeiten in einer tschechischen Fabrik sind und wie umwelt- und gesundheitsschädlich die Deponierung von Elektroschrott aus Europa und Nordamerika in Afrika ist - und dies, obwohl eine "Basler Konvention" als internationale Vereinbarung die Ausfuhr solchen Abfalls eigentlich verbietet. Regisseur Baumgartner: "Der Film gibt den Menschen hinter dem beliebten Elektronik-Produkt ein Gesicht."

Tschimpke kritisierte den hohen Materialverbrauch bei der Computerherstellung, der damit zu tun habe, dass bei diesen Geräten von vornherein eine nur begrenzte Lebensdauer konzipiert werde, dass die Produktzyklen immer kürzer würden und dass ein Neukauf oft preisgünstiger sei als eine Reparatur. Die Rückgabe ausgedienter Laptops, Rechner oder Handys sei mit zu viel Aufwand verbunden. Der Präsident des Naturschutzbundes: "Die IT-Branche leistet sich noch viel, was sich andere Sektoren nicht mehr leisten können."

Der Sachverständige appellierte an die Unternehmen, stärker ihrer "Produzentenverantwortung" gerecht zu werden und den Herstellungsprozess unter ökologischen und sozialen Aspekten zu verbessern. Er plädierte dafür, die Verbraucherinformation auszubauen und finanzielle Anreize für die Rücknahme ausrangierter Geräte ins Auge zu fassen. In höherem Maße als bislang müssten Computer reparaturfähig werden. Tschimpke forderte, künftig solle bei solchen Geräten eine Mindestquote für recycelbare Materialien festgelegt werden. Nötig sei, den illegalen Export von Elektroschrott aus der EU etwa in afrikanische Länder effizienter zu unterbinden, die entsprechenden EU-Vorgaben müssten nun in die Praxis umgesetzt werden. Im Interesse einer Verminderung des Materialverbrauchs im Produktionsprozess brachte der Sachverständige die Idee ins Spiel, die Bürger zu animieren, bestimmte Geräte nicht zu kaufen, sondern lediglich bei Bedarf zu mieten. Sinnvoll könne dies beispielsweise bei Bohrmaschinen sein, die nur sehr selten genutzt würden.

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2. Mehr Geld für Opfer rechtsextremistischer Übergriffe

Haushaltsausschuss

Berlin: (hib/MIK) Die Härteleistungen für Opfer rechtsextremistischer Übergriffe sollen um 500.000 Euro auf insgesamt eine Million Euro erhöht werden. Dies beschloss der Haushaltsausschuss einstimmig am Mittwochabend bei den Haushaltsberatungen 2013 beim Etat des Bundesministeriums der Justiz. Die Abgeordneten hielten die Erhöhung aufgrund massiv gestiegener Fallzahlen im Zuge der NSU-Verbrechen für notwendig. Finanziert werden sollen diese Mehrausgaben vor allem durch verringerte Ausgaben für die Informationstechnik. Im übrigen passierte dieser Einzelplan ohne Änderungen den Haushaltausschuss.

Dies galt auch für die Etats des Bundespräsidenten, des Bunderates und des Bundesverfassungsgerichts. Über die zukünftige Amtsausstattung ehemaliger Bundespräsidenten soll erst in der Bereinigungssitzung am 8. November endgültig entschieden werden.

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3. Linksfraktion will Vermögensabgabe einführen

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Zur Deckung des staatlichen Finanzbedarfs soll sich die Bundesregierung für die Einführung einer europaweit koordinierten Vermögensabgabe einsetzen. Dies fordert die Fraktion Die Linke in einem Antrag (17/10778) zur Bewältigung der Krisenfolgen. Der Antrag mit dem Titel "Reichtum umFAIRteilen - in Deutschland und Europa" steht am heutigen Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.

Die Fraktion schlägt vor, die nach dem Vorbild des Lastenausgleichsgesetzes von 1952 zu gestaltende Abgabe auf die privaten Nettovermögen über eine Million Euro zu konzentrieren. Die Abgabe soll sich auf Geld- als auch auf Sachvermögen beziehen, wobei die Zahlung über mehrere Jahre verteilt werden soll. Weiter heißt es: "Für Betriebsvermögen sollen spezielle Schonungsregelungen eingeführt werden, die sicherstellen, dass insbesondere kleinere und mittlere Unternehmen nicht in Liquiditätsschwierigkeiten kommen. Um auch Banken und Gläubiger zu beteiligen, soll die Abgabe im Fall hoch verschuldeter Staaten um einen Schuldenschnitt ergänzt werden." Zudem spricht sich die Linksfraktion für eine "Einführung EU-weit koordinierter Mindeststeuersätze für Unternehmen, eine koordinierte Vermögensteuer, eine koordinierte, stärkere Besteuerung von Spitzeneinkommen und Kapitalerträgen sowie ein gemeinsames, entschiedenes Vorgehen gegen Steuerflucht und -hinterziehung" aus.

Die Bundesregierung wird aufgefordert, neben der Vermögensabgabe eine Vermögensteuer als Millionärssteuer von fünf Prozent auf das Vermögen über eine Million Euro wieder zu erheben. Außerdem soll der private Bankensektor vergesellschaftet werden.

"Der hoch konzentrierte Reichtum einer kleinen Finanz- und Wirtschaftselite ist zu einer Gefahr für Wirtschaft und Demokratie geworden", stellt die Fraktion fest. Je ungleicher die Einkommens- und Vermögensverteilung, desto mehr Kapital fließe in Erwartung hoher Renditen in die Finanzmärkte und trage dort zur Entwicklung spekulativer Blasen bei. In Deutschland nehme die soziale Polarisierung rapide zu. Die oberen zehn Prozent der Bevölkerung würden nach den Daten aus dem Entwurf des Armuts- und Reichtumsberichts des Bundesarbeitsministeriums über die Hälfte des Vermögens besitzen. Die untere Hälfte der Bevölkerung besitze dagegen nur noch ein Prozent des Privatvermögens.

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4. Koalitionsfraktionen betonen Unabhängigkeit der EZB

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Bei der Schaffung einer einheitlichen europäischen Bankenaufsicht soll die geldpolitische Unabhängigkeit der Europäischen Zentralbank (EZB) in vollem Umfang gewahrt bleiben. Es müssten alle Anstrengungen unternommen werden den einheitlichen Aufsichtsmechanismus ohne Änderung des EZB-Statuts zu schaffen, fordern die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP in einem gemeinsamen Antrag (17/10781) mit dem Titel "Bankenunion - Subsidiaritätsgrundsatz beachten". Der Antrag steht am heutigen Donnerstag auf der Tagesordnung des Deutschen Bundestages.

Die Fraktionen verweisen auf einen Vorschlag der EU-Kommission, nach dem die EZB alle Banken innerhalb des Euroraums beaufsichtigen soll. Die Zentralbank solle wesentliche hoheitliche Aufsichtsaufgaben übernehmen, zu denen etwa die Zulassung und Schließung von Kreditinstituten, die Gewährleistung der Einhaltung von Eigenkapital- und Liquiditätsanforderungen, die Festlegung von Governance-Anforderungen und Durchgriffsrechte gehören. Bei allen Vorbereitungsaufgaben müsse aber Qualität vor Schnelligkeit gehen, verlangen die Fraktionen. Außerdem müssten das Subsidiaritätsprinzip und der Grundsatz der Proportionalität beachtet werden: "Das heißt, dass sich die direkte Aufsichtskompetenz der europäischen Aufsichtsinstanz auf große systemrelevante und grenzüberschreitend tätige Banken konzentriert." Banken, von denen systemische Risiken ausgehen, sollten zudem einem Stresstest unterzogen werden.

Die Einlagensicherung dürfe nicht auf europäischer Ebene vergemeinschaftet werden, fordern die Fraktionen von CDU/CSU und FDP. "Die Einlagensicherheit kann harmonisiert, muss aber in nationaler Verantwortung belassen und finanziert werden", heißt es in dem Antrag weiter.

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5. Stromsteuer: Regierung lehnt Änderungswünsche des Bundesrates ab

Finanzen/Unterrichtung

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung hat die Änderungswünsche des Bundesrates am Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Energiesteuer- und des Stromsteuergesetzes (17/10744) zurückgewiesen. In ihrer als Unterrichtung (17/10797) vorgelegten Gegenäußerung lehnt die Bundesregierung die Einführung zusätzlicher Entlastungsvoraussetzungen bei den Steuerbegünstigungen für bestimmte Prozesse und Verfahren ab. Die Länder hatten kritisiert, dass energieintensive Unternehmen ohne weitere Voraussetzungen von der Stromsteuer entlastet werden sollen, während alle anderen Unternehmen ein Energiemanagementsystem einführen müssten, um die als Spitzenausgleich bezeichnete Entlastung zu erhalten. Es erscheine "nur sachgerecht, dieses Erfordernis auch bei energieintensiven Unternehmen zu fordern", hatten die Länder verlangt. Im Unterschied zum Spitzenausgleich würden diese Steuerentlastungen aus steuersystematischen Gründen gewährt, weil der Energieeinsatz hier zu einem wesentlichen Teil zu anderen Zwecken als der Verwendung als Kraftstoff oder Heizstoff erfolge, schreibt die Bundesregierung.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 421 - 27. September 2012 - 09:30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2012