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BUNDESTAG/3537: Heute im Bundestag Nr. 542 - 26.11.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 542
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 26. November 2012 Redaktionsschluss: 17:00 Uhr

1. Zahlreiche Änderungswünsche zum Altersvorsorge-Gesetz
2. Experten diskutieren Gesetzentwurf zur Umsetzung des Seearbeitsübereinkommens
3. SPD dringt auf Reform des UN-Sicherheitsrats
4. Bundesregierung: Keine Finanzierung von "Negativ-Kampagnen" in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit
5. Im Bundestag notiert: Risiken eines geplanten Atomkraftwerks in Weißrussland



1. Zahlreiche Änderungswünsche zum Altersvorsorge-Gesetz

Finanzausschuss/Öffentliche Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Die von den Koalitionsfraktionen CDU/CSU und FDP geplante Verbesserung der steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge wird von den meisten Sachverständigen im Grundsatz begrüßt. So erklärte die Deutsche Rentenversicherung Bund am Montag in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses in ihrer Stellungnahme, die Koalitionspläne könnten dazu beitragen, weitere wirksame Anreize für den Aufbau einer zusätzlichen Altersvorsorge zu schaffen.

Auch der Bundesverband Deutscher Vermögensberater, dessen Mitglieder nach Verbandsangaben bisher über 1,5 Millionen Riester-Verträge vermittelten, begrüßte den Entwurf, der unter anderem die Einführung von Produktinformationsblättern vorsieht, um eine Vergleichbarkeit der verschiedenen Produkte (zum Beispiel klassische Rentenversicherungen, fondsgebundene Rentenversicherungen, Fondssparpläne, Banksparpläne, Bausparverträge, Sparpläne mit Genossenschaftsanteilen) zu erreichen. Der geplante Umfang des Produktinformationsblattes, mit dem die Vergleichbarkeit der unterschiedlichen Altersvorsorgeprodukte möglich werden soll, wurde aber als zu umfangreich kritisiert. Der Vermögensberaterverband regte ebenso wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) eine Reduzierung der Informationspflichten an. "19 Informationspunkte sind zu viel", kritisierte der GDV. So viele Punkte seien auf zwei Seiten nicht darstellbar. Skeptisch zeigte sich der Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute: "Unserer Ansicht nach ist die Annahme, der Verbraucher werde die notwendigen Informationen selbst einholen, aufgrund der Komplexität von Altersvorsorgeprodukten zu optimistisch und wird sich kaum realisieren lassen."

Dagegen begrüßte das Institut für Finanzdienstleistungen grundsätzlich die Schaffung zusätzlicher Informationspflichten. Auch die Stiftung Warentest, die Riester-Verträge als für die meisten Sparer lohnend ansieht, kritisierte die derzeit kundenunfreundliche Produktgestaltung und die Verweigerung von Informationen durch die Anbieter. Die Stiftung wies auf einen anderen Aspekt hin: Danach hätten insbesondere Versicherer die Renten-Prognosen für ihre Riester-Verträge in den vergangenen Jahren so weit nach unten angepasst, "dass ein Riester-Rentner bei gleicher Einzahlung und Laufzeit heute nur noch reichlich halb so viel Rente vertraglich zugesichert bekommt wie 2002".

Grundlage der Anhörung war der von den Koalitionsfraktionen eingebrachte Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der steuerlichen Förderung der privaten Altersvorsorge (17/10818). Darin ist neben den einheitlichen Produktinformationsblättern eine Erhöhung der Förderhöchstgrenze von 20.000 auf 24.000 Euro für die Basisversorgung im Alter vorgesehen, wodurch Spielräume für den Aufbau einer zusätzlichen Altersvorsorge geschaffen werden sollen. Außerdem soll der Spielraum zur Absicherung gegen den Eintritt der Berufsunfähigkeit oder verminderten Erwerbsfähigkeit verbessert werden.

Im Bereich der Altersvorsorge in Form selbst genutzten Wohneigentums sieht der Entwurf Vereinfachungen bei der Entnahme von gefördertem Altersvorsorgekapital vor. So soll die jederzeitige Kapitalentnahme für selbst genutztes Wohneigentum in der Ansparphase möglich sein. In die Eigenheim-Rentenförderung soll künftig auch der Umbau zur Reduzierung von Barrieren in oder an der selbst genutzten Wohnung einbezogen werden.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisierte die geplante Förderung des Abschlusses von Berufsunfähigkeitsversicherungen. Die Absicherung von Invaliditätsrisiken sei in der Solidargemeinschaft der gesetzlichen Rentenversicherung besser und kostengünstiger zu organisieren. Der Bundesverband Finanzdienstleistung erklärte dazu: "Die geförderte Berufsunfähigkeitsversicherung in der vorliegenden Form ist für Erwerbstätige, die diesen Schutz am dringendsten benötigen, nicht bezahlbar." Der Verband untermauerte seine Angaben mit Zahlen. Danach müsste ein Maurer für eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 1.500 Euro einen Monatsbeitrag von 395,61 Euro entrichten, ein Mathematiker hingegen nur 70,68 Euro. Die lebenslange Absicherung des Risikos der Berufsunfähigkeit statt einer Absicherung bis zum Eintritt in den Ruhestand kritisierte auch Stephan Schinnenburg (Morgen & Morgen) in seiner Stellungnahme wegen der drastischen Verteuerung und zwar für eine Leistung, "die nicht dem Bedarf des Großteils der Bevölkerung entspricht".

Im Bereich "Wohn-Riester" kritisierten die privaten und die Landesbausparkassen in einer gemeinsamen Stellungnahme die gemeinsamen Produktinformationsblätter für Riester-Bausparverträge und Geldrentenverträge: "Denn Bausparverträge haben gerade nicht das Ziel, im Alter eine möglichst hohe Geldrente zu generieren." Der deutsche Fondsverband BVI warnte vor einer Privilegierung der Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums. Man habe Bedenken "hinsichtlich einer generellen Eignung selbstgenutzten Wohneigentums zur Altersvorsorge". Unterstützung fand diese Position bei der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, die in ihrer Stellungnahme darauf hinwies, dass mit der Einsparung von Mietzahlungen durch den Immobilienerwerb andererseits Reparatur-, Instandhaltungs- und sonstige Unterhaltskosten einhergingen. Mit diesen Kosten könnten viele Bürger überfordert sein..

Der Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen beklagte die bürokratische Ausgestaltung des Gesetzes. Wohnungsbaugenossenschaften seien nicht in der Lage, dauerhaft eigene Spezialisten vorzuhalten, die die Komplexität des staatlich geförderten Riester-Sparens mit all seinen Facetten beherrschen würden. Dabei könnte der Erwerb von Geschäftsanteilen den Mitgliedern von Wohnungsgenossenschaften helfen, ihre Wohnungen im Alter bezahlbar und ihren Lebensstandard halten zu können.

Grundsätzliche Kritik kam vom Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung in der Hans-Böckler-Stiftung. Statt die private Altersvorsorge zu verbessern, wäre es "sinnvoller, die Förderung auslaufen zu lassen und statt dessen die gesetzliche Rentenversicherung zu stärken".

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2. Experten diskutieren Gesetzentwurf zur Umsetzung des Seearbeitsübereinkommens

Ausschuss für Arbeit und Soziales (Anhörung)

Berlin: (hib/VER) Das Seearbeitsübereinkommen von 2006 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) muss bis 2013 in deutsches Recht umgesetzt werden. Vertreter von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbänden sowie weitere Experten haben deshalb am Montagnachmittag mit Mitgliedern des Ausschusses für Arbeit und Soziales dieses Vorhaben diskutiert.

Grundlage der einstündigen Anhörung war eine Gesetzesinitiative "zur Umsetzung des Seearbeitsübereinkommens 2006 der Internationalen Arbeitsorganisation" (17/10959) der Bundesregierung. Sie soll die "Arbeits- und Lebensbedingungen der Seeleute an Bord von Kauffahrteischiffen unter deutscher Flagge" im Einklang mit dem Seearbeitsübereinkommen und den umzusetzenden EU-Richtlinien neu regeln.

Der Verband Deutscher Reeder e.V. (VDR), vertreten durch Ralf Nagel und Runa Jörgens, befürwortete den Regierungsentwurf. Der Verband habe gemeinsam mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) an der Entwicklung des Referentenentwurfs mitgearbeitet. Das Ergebnis der vorangegangenen Diskussionen würde sich "im Gesetzentwurf wiederfinden".

Der Gesetzentwurf sieht auch Änderungen in anderen Gesetzen, beispielsweise dem Arbeitszeitengesetz (ArbZG), vor. Dieses soll auf die Ausschließliche Wirtschaftszone (AWZ) erstreckt werden. Für Arbeitnehmer, die Offshore-Tätigkeiten erbringen, sollen die Höchstarbeitszeiten flexibilisiert werden. Mit diesen Maßnahmen soll die Energiewende unterstützt werden. Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände begrüßte diese Flexibilisierungsmöglichkeiten. Dem pflichtete auch der Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie e. V. bei. Um Rechtssicherheit zu schaffen, erklärten die Vertreter der Deutschen Arbeitgeberverbände, müssten "arbeitszeitrechtliche Ausnahmetatbestände für Tätigkeiten in der Offshore-Industrie allerdings im ArbZG verankert werden".

Die Deutsche Seemannsmission "Duckdalben" aus Hamburg-Harburg bezog sich bei ihrer Stellungnahme vor allem auf den Abschnitt "Zugang zu Sozialeinrichtungen an Land". Das Seearbeitsübereinkommen sehe vor, dass jedes Mitglied allen Seeleuten die "vorhandenen Sozialeinrichtungen leicht zugänglich macht und ggf. zur Verfügung stellt", schreibt die Mission in einer schriftlichen Stellungnahme. Zur Finanzierung werde "ausdrücklich aufgeführt", dass "an Zuschüsse aus öffentlichen Mitteln ebenso gedacht ist wie an geregelte Abgaben oder andere Sonderbeiträge der Seeschifffahrt". Gegen eine solche Sicherstellung seitens der Sozialeinrichtung spreche nichts, heißt es weiter, "wenn nennenswerte Mittel der öffentlichen Hand oder verpflichtete Abgaben oder Sonderbeiträge gewährleistet werden." Bisher würde die Mission "keinerlei Förderung vom Bund erhalten", erklärte ihr Vertreter Jürgen F. Bullmann.

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3. SPD dringt auf Reform des UN-Sicherheitsrats

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die SPD-Fraktion fordert von der Bundesregierung mehr Engagement zur Reform des UN-Sicherheitsrates. Gegen Ende der zweijährigen deutschen Ratsmitgliedschaft müsse konstatiert werden, dass die Bilanz der Bundesregierung in dieser Frage "ernüchternd" ist, heißt es in einem Antrag (17/11576) der Sozialdemokraten, der am Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht.

Die Sozialdemokraten fordern die Bundesregierung unter anderem dazu auf, "alles zu tun, damit die Blockierung der Entscheidung des UN-Sicherheitsrates zu Syrien überwunden" wird. Die Blockade durch China und Russland zeige einmal mehr, dass "nur eine schrittweise Überwindung des Vetorechts" die Handlungsfähigkeit des Gremiums erhöhen könne. Sie müsse erklärtes Ziel jeglicher Reformbemühungen sein, heißt es im Antrag.

Die Bundesregierung solle unter anderem darauf hinwirken, dass die Legitimität des Sicherheitsrates "über eine ausgewogenere Mitgliedschaft aller Kontinente, gerade auch Afrikas und Lateinamerikas" gestärkt wird. "Wenn die Vereinten Nationen die erste Adresse für die Gestaltung der Herausforderungen des 21. Jahrhundert bleiben wollen, muss der Sicherheitsrat repräsentativer werden und die weltpolitischen Realitäten besser abbilden", schreiben die Sozialdemokraten.

Ferner fordern die Abgeordneten mehr Engagement beim Eintreten für den Schutz der Menschenrechte, für das Prinzip der internationalen Schutzverantwortung und für weiterführende Initiativen in den Bereichen Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung. Zudem soll sich die Bundesregierung für die Wiederaufnahme direkter Friedensverhandlungen zwischen Israel und Palästina einsetzen und in der EU auf eine "gemeinsame aufgeschlossene Haltung" zu einem möglichen palästinensischen Antrag in der UN-Generalversammlung zur Aufwertung zu einem "non member observer state" hinwirken.

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4. Bundesregierung: Keine Finanzierung von "Negativ-Kampagnen" in der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) lässt sich einen Teil der von ihm geförderten Publikationen vor Veröffentlichung vorlegen. Eine "Übersicht über die Inhalte" sei sechs Wochen vor Drucklegung vom Zuschussempfänger vorzulegen, "wenn Printmedien einen wesentlichen Teil der geförderten Maßnahme ausmachen oder wenn Zweifel bestehen, ob sie im Einklang mit dem Förderkonzept des BMZ stehen", heißt es in einer Antwort (17/11349) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (17/11129).

Die Abgeordneten hatten darin von einem "unternehmenskritischen Artikel" in der Zeitschrift "Südlink" berichtet, der ohne Überarbeitungswünsche des BMZ nicht habe erscheinen dürfen; das Ministerium hätte in diesem Zusammenhang mit dem Entzug von Fördergeldern gedroht.

Der Haushaltsgesetzgeber habe dem BMZ im Titel zur "Förderung der entwicklungspolitischen Bildungsarbeit" Mittel mit dem Ziel zur Verfügung gestellt, Bildungsmaßnahmen zu fördern, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort. Diese Aufgabe sei nach ihrer Auffassung eine andere als die Finanzierung von "Negativ-Kampagnen". "Die Förderung von Publikationen, die sich durch Polemik, Beleidigungen oder Falschaussagen auszeichnen, genügt nach Auffassung des BMZ diesem Bildungsanspruch nicht", heißt es in der Antwort weiter.

Der von den Grünen inkriminierte Artikel in der Zeitschrift "Südlink" sei aus Sicht des Ministeriums keine "ausgewogene, sachliche, verschiedene Aspekte beleuchtende Darstellung" und genüge somit den Bildungsansprüchen nicht. So würden darin beispielsweise "schwerwiegende Anschuldigungen" gegen Unternehmen erhoben, deren Wahrheitsgehalt nicht belegt werde.

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5. Im Bundestag notiert: Risiken eines geplanten Atomkraftwerks in Weißrussland

Auswärtiges/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/AHE) Nach den Risiken eines geplanten Atomkraftwerks in Weißrussland erkundigte sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (17/11493). Die Abgeordneten fragen unter anderem nach dem Fortschritt der Bauarbeiten und inwiefern die Bundesregierung im Rahmen der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) Einfluss auf das geplante Projekt nehmen könne.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 542 - 26. November 2012 - 17:00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. November 2012