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BUNDESTAG/3557: Heute im Bundestag Nr. 562 - 30.11.2012


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 562
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 30. November 2012 Redaktionsschluss: 13:30 Uhr

1. Hanning räumt Fehler ein
2. 33 Kontaktaufnahmen beim BfV-Aussteigerprogramm für Linksextremisten
3. Im Bundestag notiert: rechtsextremistische Konzerte
4. Im Bundestag notiert: Cyber Europe 2012
5. Im Bundestag notiert: Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Rahmen von Fußballveranstaltungen



1. Hanning räumt Fehler ein

2. Untersuchungsausschuss (Rechtsterrorismus)

Berlin: (hib/KOS) "Es wurden Fehler gemacht": Mit diesen Worten räumte August Hanning am Freitag vor dem Untersuchungsausschuss zum Auftakt der Zeugenvernehmungen Defizite bei den lange Zeit erfolglosen Ermittlungen zu der dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) angelasteten Mordserie an neun türkisch- oder griechischstämmigen Kleinunternehmern und einer deutschen Polizistin ein. Vor dem Untersuchungsausschuss, der Pannen und Fehlgriffe bei den Ermittlungen zu den zehn Erschießungen erhellen soll, betonte der von 2005 bis 2009 als Innenstaatsekretär amtierende Ex-Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND), die Sicherheitsbehörden hätten nach "bestem Wissen und Gewissen" gearbeitet. Man müsse aber fragen, wie es trotzdem zu Fehlern habe kommen können und welche Konsequenzen daraus zu ziehen seien.

Der Abgeordnete Clemens Binninger beklagte, dass man sich bei den Ermittlungen frühzeitig zu stark auf die Tätersuche im kriminellen Milieu festgelegt und Ansätze, die dieser Theorie widersprochen hätten, "stiefmütterlich" behandelt habe. Zudem kritisierte der Unions-Obmann, dass die Sicherheitsbehörden über Jahre hinweg die Existenz rechtsterroristischer Strukturen bestritten hätten. Bei dieser Beurteilung, räumte Hanning ein, habe man sich im Rückblick zu stark am Muster der RAF oder terroristischer Organisationen wie Al-Qaida orientiert. Das Phänomen der Einzeltäter sei hingegen "unterschätzt" worden. Auch das Agieren von Rechtsterroristen im Ausland wie etwa in Schweden, von wo aus es Querverbindungen nach Deutschland gegeben habe, "hätte uns stärker beunruhigen müssen", sagte der Zeuge. Eine Erkenntnis sei überdies, dass Rechtsterroristen nach ihren Taten oft keine Bekennerbriefe hinterlassen.

Aus Sicht Hannings hat sich die föderale Sicherheitsstruktur "im Kern bewährt". Der Ex-Staatssekretär warb für pragmatische Reformen, da man an der Zuständigkeit der Länder für Sicherheitspolitik kurzfristig nichts ändern könne. Er verteidigte das Trennungsgebot zwischen Polizei und Geheimdiensten, doch müssten die Behörden "besser kommunizieren". Einrichtungen des Bundes und größerer Länder sollten Defizite bei leistungsschwächeren Ländern ausgleichen. Hanning forderte eine Aufwertung des Verfassungsschutzes, der immer ein "Stiefkind" der Politik gewesen sei. Wesentliche Teile der an unterschiedlichen Standorten angesiedelten Sicherheitsbehörden sollten stärker in Berlin konzentriert werden, man sei manchmal "weit weg vom politischen Tagesbetrieb".

Auf Kritik stieß im Ausschuss die Zusammenlegung der Abteilungen für Links- und Rechtsextremismus beim Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) 2006. Für SPD-Obfrau Eva Högl ist dieser Schritt, der gegen das fachliche Urteil des BfV-Präsidenten Heinz Fromm erfolgt sei, ein Beleg dafür, dass das Thema Rechtsextremismus "vernachlässigt und verharmlost" worden sei. Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses, Sebastian Edathy (SPD), bemängelte, dass im BfV nach der Fusion für die Bekämpfung des Rechtsextremismus 20 Prozent weniger Personal zur Verfügung gestanden habe.

Hanning rechtfertigte die Maßnahme mit dem damals existierenden Zwang zu Einsparungen. Debattiert worden sei die Zusammenlegung der Abteilung für Linksextremismus mit der für Rechtsextremismus oder mit jener für Ausländerextremismus. Für die erstere Variante habe man sich angesichts der Bedrohungslage zu jener Zeit entschieden, die vor allem von der Gefährdung durch islamistischen Terror geprägt gewesen sei. Den NSU, der im November 2011 aufflog, habe man in jenen Jahren noch nicht gekannt.

Befragt wurde Hanning auch zu dem 2006 gescheiterten Vorstoß des Bundeskriminalamts (BKA), angesichts der Probleme bei den damals seit sechs Jahren erfolglosen Bemühungen zur Aufklärung der Mordserie die auf mehrere Länder verteilten Ermittlungen beim BKA zu konzentrieren. Laut dem Zeugen wurde dieses Thema in der Spitze des Bundesinnenministeriums bis hin zu Ressortchef Wolfgang Schäuble (CDU) erörtert. Angesichts des Widerstands der Länder und besonders von Bayern gegen eine Zuständigkeit des BKA habe man es aber nicht für sinnvoll erachtet, dies in einem Konfrontationskurs durchzusetzen. Bei einer Innenministerkonferenz im Juni 2006 habe man sich schließlich auf Abteilungsleiterebene einvernehmlich auf eine Lösung verständigt. Seinerzeit wurde zur besseren Koordinierung der bei den Ländern verbleibenden Ermittlungen beim BKA eine Steuerungsgruppe gebildet.

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2. 33 Kontaktaufnahmen beim BfV-Aussteigerprogramm für Linksextremisten

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Beim Aussteigerprogramm für Linksextremisten des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) sind bis Ende September 2012 laut Bundesregierung insgesamt 33 Kontaktaufnahmen (Anrufe und E-Mails) seit der Schaltung der Hotline im Oktober 2011 eingegangen. In drei Fällen sei der Ausstiegswille so nachhaltig gewesen, dass persönliche Gespräche geführt worden seien, schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/11412) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/11132). In drei Fällen sei der Erstkontakt nicht durch den beziehungsweise die Ausstiegswilligen selbst, sondern über einen Angehörigen oder Bekannten des beziehungsweise der Ausstiegswilligen erfolgt.

In einem Fall wurden allgemeine Informationen über den Linksextremismus abgefragt, wie aus der Antwort weiter hervorgeht. Das Anliegen eines weiteren Anrufers habe keinerlei Bezug zum Linksextremismus aufgewiesen. In 25 Fällen sei von einer nicht ernst gemeinten Kontaktaufnahme zum Aussteigerprogramm auszugehen.

Ein vormaliger Angehöriger der autonomen Szene ohne Führungsfunktion hat der Antwort zufolge mit Hilfe des Programms den Ausstieg vollzogen. Es handele sich dabei um einen Deutschen aus Bayern der Altersgruppe 21 bis 24 Jahre.

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3. Im Bundestag notiert: rechtsextremistische Konzerte

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Im zweiten Quartal 2012 haben in Deutschland laut Bundesregierung zirka 20 rechtsextremistische Konzerte und ein rechtsextremistischer Liederabend stattgefunden. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/11494) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/11280) weiter schreibt, wurden die genannten Konzerte von insgesamt etwa 4.300 Teilnehmern besucht. Die durchschnittliche Besucherzahl lag danach bei rund 215 Personen je Veranstaltung.

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4. Im Bundestag notiert: Cyber Europe 2012

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) An der Übung "Cyber Europe 2012" waren nach Angaben der Bundesregierung alle EU-Staaten mit Ausnahme von Bulgarien, Litauen, Polen, Malta und Großbritannien aktiv beteiligt; zudem nahmen die Schweiz, Norwegen und Island an der Übung teil. Wie die Bundesregierung in ihrer Antwort (17/11341) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (17/11100) weiter schreibt, war in Deutschland für den öffentlichen Bereich das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) beteiligt. Ziel sei es gewesen, das IT-Krisenmanagement bei einer europaweiten IT-Krise zu üben.

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5. Im Bundestag notiert: Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Rahmen von Fußballveranstaltungen

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Die Entwicklung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Rahmen von Fußballveranstaltungen thematisiert die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (17/11442). Darin erkundigen sich die Abgeordneten danach, welche empirischen Daten der Bundesregierung zur Entwicklung der Gewalt gegen Personen im Umfeld von Fußballspielen vorliegen. Auch möchten sie unter anderem wissen, wie viele Fälle von Verletzungen durch den nicht genehmigten Einsatz von Pyrotechnik in Bundesligastadien der Bundesregierung aus den letzten zehn Jahren bekannt sind.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 562 - 30. November 2012 - 13:30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Dezember 2012