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BUNDESTAG/3765: Heute im Bundestag Nr. 165 - 20.03.2013


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 165
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 20. März 2013 Redaktionsschluss: 16:50 Uhr

1. Schäuble: Wir stehen weiterhin zu unserem Angebot an Zypern
2. Internationale Konzerne sparen Steuern durch Gewinnverlagerung
3. Linke scheitert mit Forderung nach Abschaffung aller Zuzahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung



1. Schäuble: Wir stehen weiterhin zu unserem Angebot an Zypern

Haushaltsausschuss

Berlin: (hib/MIK) "Wir stehen weiterhin zu unserem Angebot an Zypern." Dies erklärte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Mittwochnachmittag im Haushaltsausschuss, wo er den Abgeordneten über das Sondertreffen der Eurogruppe am 15. März 2013 zu Zypern berichtete und über die Konsequenzen aus der Ablehnung des Hilfspaketes durch das zypriotische Parlament informierte.

Notwendig sei aber auf jeden Fall, dass Zypern seinen Anteil zur Rekapitalisierung und Umstrukturierung des zypriotischen Bankensystems in Höhe von insgesamt rund sieben Milliarden Euro bringen werde, sagte er weiter. Dies müsse nicht durch eine einmalige Abgabe der Anleger geschehen - wie im Hilfsprogramm vorgeschlagen. Wie dies geschehen solle, sei alleine die Entscheidung der Zyprioten. Im übrigen sei alles getan worden, dass die Krise Zyperns nicht auf den Euro überschwappen könne.

Der Sprecher der CDU/CSU-Fraktion wies darauf hin, dass zunächst nur Einlagen über 100.000 Euro zu den Abgaben herangezogen werden sollten. Erst auf Initiative der zypriotischen Regierung seien auch Guthaben mit weniger als 100.000 Euro ins Auge gefasst worden. Die FDP betonte, dass die Einlagensicherung keine europäische Sicherung sei sondern nur eine Sicherung der jeweiligen Staaten. Diese würden also nur dann die Einleger entschädigen, wenn der Staat dies bezahlen könne.

Für den Sprecher der SPD-Fraktion hat die Bundesregierung den Fall Zypern "total unterschätzt". Es sei unverständlich, dass die europäischen Finanzminister eine Lösung akzeptiert hätten, die das Vertrauen in die Einlagensicherung so erschüttern würde. Er betonte, dass seine Fraktion ebenfalls gefordert habe, dass die zypriotischen Anleger sich an der Bankenrettung beteiligen müssten. Es sei aber immer klar gewesen, dass es einen Freibetrag in Höhe von 100.000 Euro geben müsse.

Dem stimmte auch die Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu, deren Fraktion dies ebenfalls gefordert hatte. Für die Linksfraktion war "schon lange" absehbar, dass das zypriotische Parlament nicht zustimmen werde. Deshalb sei die jetzige Situation "einkalkuliert" gewesen.

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2. Internationale Konzerne sparen Steuern durch Gewinnverlagerung

Finanzausschuss (Öffentliches Fachgespräch)

Berlin: (hib/HLE) Durch das geschicktes Ausnutzen des unterschiedlichen Steuerrechts in verschiedenen Ländern und interne Verrechnungen gelingt es internationalen Konzernen, ihre Steuerlast erheblich zu senken. Dies bestätigten mehrere Sachverständige bei einem öffentlichen Fachgespräch des Finanzausschusses am Mittwoch.

Professor Hubertus Baumhoff von der Kanzlei Flick Glocke Schaumburg zeigte am Beispiel des amerikanischen Suchmaschinenbetreibers Google auf, welche Gestaltungsmöglichkeiten verschachtelte Konzerne haben. So verfüge zum Beispiel Google über Niederlassungen in Irland, den Niederlanden und den Bermudas. In Irland seien etwa 2.000 Personen beschäftigt. Dort würden Lizenzgebühren aus Geschäften in Europa kassiert. Lizenzausgaben in ähnlicher Höhe würden wiederum an die Niederlassung in den Niederlanden gezahlt, und von dort werde das Geld auf die Bermudas transferiert. Es gebe mehrere Gründe, warum das funktioniere: In den Niederlanden falle keine Steuer auf Lizenzgebühren an, und auch in Irland gebe es keine Steuerpflicht. Die USA wiederum könnten nichts gegen Googles Bermuda-Gesellschaft unternehmen, weil diese über ihre irische Tochter einen aktiven Geschäftsbetrieb vorweisen könne. Es werde geschätzt, dass der Konzern 33 Milliarden Dollar steuerfrei gebunkert habe. "In Deutschland wäre diese Gestaltung nicht möglich", sagte Baumhoff.

Auch Nicola Liebert von Tax Justice Network sagte, die Gewinnverschiebung mit Lizenzgebühren scheine ziemlich verbreitet zu sein. Zum System gehörten zudem Zinszahlungen sowie Finanzinstrumente wie Derivate und Swaps. Verbreitet seien aber auch Manipulationen interner Verrechnungspreise, auch wenn das verboten sei. Achim Proos von der OECD wies darauf hin, dass diese Gestaltungen besonders Finanzierungsfragen und immaterielle Güter betreffen würden. Auch bei den konzerninternen Verrechnungspreisen stellten sich viele Fragen. Die OECD hoffe, im Juni mit den Beratungen über einen Aktionsplan gegen die Steuergestaltungen von internationalen Konzernen beginnen zu können. Man wolle etwas gegen die doppelte Nichtbesteuerung tun, aber keine doppelte Besteuerung herbeiführen.

Von der Deutschen Bank hieß es, bei den geschilderten Fällen handele es sich eher um ein Problem des amerikanischen Gesetzgebers. In Deutschland seien Modelle wie das von Google nicht möglich. Baumhoff bestätigte, wenn Staaten auf Besteuerung verzichten würden, sei das kein Betriebsunfall, sondern geschehe aus Wettbewerbsgründen. Es wäre für die USA leicht, an die auf die Bermudas gebrachten Gewinne heranzukommen. Markus Henn (Tax Justice Network) sagte, aus seiner Sicht seien deutsche Konzerne sauber. Aber man müsse auch sehen, dass viele deutsche Konzerne Tochterfirmen in Steueroasen hätten. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hielt der Deutschen Bank ein Zitat aus dem Geschäftsbericht vor, wonach es eine "vorteilhafte geografische Verteilung des Gewinns" gebe. Die Bank wies dies unter Hinweis auf ihre hohe Steuerquote zurück.

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3. Linke scheitert mit Forderung nach Abschaffung aller Zuzahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung

Ausschuss für Gesundheit

Berlin: (hib/TVW) Nach der Abschaffung der Praxisgebühr im November vergangenen Jahres stand heute erneut das Thema Zuzahlungen auf der Tagesordnung des Gesundheitsausschusses. Die Fraktion Die Linke dringt auf eine Abschaffung sämtlicher Zuzahlungen in der gesetzlichen Krankenversicherung. In einem entsprechenden Antrag (17/9067) vertritt die Fraktion die Auffassung, dass Zuzahlungen "zutiefst unsozial" seien. Sie würden ausschließlich von Patienten entrichtet und träfen Menschen mit geringem Einkommen besonders hart.

Bei den Beratungen erinnerten die Abgeordneten der Linken zunächst daran, dass sie mehrere Kleine Anfragen zu dem Thema an die Bundesregierung gerichtet hätten. Sie hätten wissen wollen, weshalb die Bundesregierung an den Zuzahlungen im Gesundheitswesen festhalte. Eine überzeugende Antwort sei die Bundesregierung jedoch schuldig geblieben. Für die Linken bleiben Zuzahlungen daher weiterhin widersinnig. Einerseits sei das Gesamtaufkommen aus allen Zuzahlungen gering, andererseits belasteten die Zuzahlungen vor allem diejenigen, die es sich am wenigsten leisten könnten. "Es wäre daher ein Zeichen der Solidarität der Gesunden mit den Kranken, wenn man alle Zuzahlungen abschaffen würde", folgern die Linken.

Die Abgeordneten der CDU/CSU äußerten hingegen die Ansicht, dass Zuzahlungen den wirtschaftlichen Umgang mit Gesundheitsleistungen förderten. Wer ein teures Medikament verschrieben bekomme, der erkundige sich sicher danach, ob es davon nicht auch ein Nachahmerpräparat mit gleichem Wirkstoff (Generikum) gebe. Ebenso sei es den Patienten zuzumuten, bei einem Krankenhausaufenthalt täglich zehn Euro selbst zahlen zu müssen. "Wenn man zu Hause ist, muss man auch täglich Geld für Mahlzeiten aufwenden", argumentierten die Abgeordneten. Angesichts der Belastungsgrenze von einem Prozent seien auch Zuzahlungen für chronisch Kranke vertretbar. "Nicht alle chronisch Kranken sind sozial schwach," meinten die Abgeordneten mit Blick auf das fiktive Beispiel eines Millionärs, der an Diabetes leidet.

Die Abgeordneten der SPD teilten grundsätzlich die Einschätzung der Linken, dass "Zuzahlungen vor allem die sozial Schwachen treffen." Den von der Union als Beispiel zitierten Millionär, der Diabetiker sei, gebe es vielleicht. "Er wäre dann aber sicher nicht Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung", wandten die Abgeordneten ein. Was die Steuerungswirkung der Zuzahlungen angehe, müsse man ganz genau hinschauen. Die Beurteilung der einzelnen Zuzahlung sollte davon abhängen, in welchen Fällen welche Art von Wirkung eintrete. Außerdem müsse die Abschaffung von Zuzahlungen nachhaltig gegenfinanziert sein. Aus Sicht der SPD-Abgeordneten bedarf es einer Antwort auf die Frage, "wie verteile ich um, und wie schaffe ich einen einheitlichen Versicherungsmarkt."

Die Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen stimmten mit der Linken in dem Ziel überein, nach der Praxisgebühr nun auch weitere Zuzahlungen abzuschaffen. Patienten würden durch Zuzahlungen davon abgehalten, notwendige medizinische Leistungen in Anspruch zu nehmen. Das Ergebnis sei Unterversorgung. "Vor allem soziale Schwache lassen sich von der Inanspruchnahme abschrecken", meinten die Abgeordneten. Die Linke habe sich in ihrem Antrag jedoch keinerlei Gedanken über die Gegenfinanzierung gemacht. Der Hinweis, dass dies alles im Rahmen einer Bürgerversicherung geregelt werden solle, reiche nicht aus.

Die Abgeordneten der FDP gaben vor allem ihrer Verwunderung Ausdruck, dass über einen Antrag, der nicht einmal eine Seite lang sei, so ausgiebig diskutiert werde. Dafür biete er eigentlich nicht genügend Substanz. Im Übrigen wiederholten die Linken "nur die allseits bekannten ideologischen Vorbehalte gegen Zuzahlungen", meinten die FDP-Abgeordneten.

Der Antrag der Linken wurde mit den Stimmen von Union, FDP und SPD gegen die Stimmen der Linken abgelehnt. Die Grünen enthielten sich der Stimme.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 165 - 20. März 2013 - 16:50 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. März 2013