Schattenblick →INFOPOOL →PARLAMENT → FAKTEN

BUNDESTAG/4645: Heute im Bundestag Nr. 510 - 13.10.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 510
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 13. Oktober 2014, Redaktionsschluss: 16.55 Uhr

1. Bäcker sehen Unrecht bei EEG-Umlage
2. Experten-Kritik am neuen Sexualstrafrecht
3. Zuschuss für Klimafonds begrüßt
4. Unabhängigkeit der Datenschutzaufsicht
5. Zusammenarbeit mit Ägypten und Tunesien



1. Bäcker sehen Unrecht bei EEG-Umlage

Petitionsausschuss

Berlin: (hib/HAU) Im Zusammenhang mit der EEG-Umlage sehen die deutschen Bäcker ein "hohes Maß an Ungerechtigkeit am Markt". Das sagte der Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des deutschen Bäckerhandwerks, Armin Werner, am Montag vor dem Petitionsausschuss. Während Produzenten von industriell gefertigten Teiglingen, die tiefgefroren ausgeliefert später in Discount-Backshops aufgebacken werden, von der Umlage zur Förderung des Ausbau der Erneuerbaren Energien befreit seien, hätten kleine Bäckerbetriebe durch die EEG-Umlage Kostensteigerungen bis zu 1.422 Prozent zu verkraften, sagte Werner bei der Vorstellung einer Petition des Zentralverbands des deutschen Bäckerhandwerks. Darin wird gefordert, "schnellstmöglich zu einer Finanzierung der Energiewende aus Mitteln des Bundes überzugehen - ohne dass es zu einer zusätzlichen Belastung der Verbraucher und Unternehmen kommt".

Um im Wettbewerb mit großen Teigling-Produzenten bestehen zu können, bräuchte man faire Rahmenbedingungen, sagte Werner. Als "sachgerecht" bewertete er die Anfang des Jahres von der bayrischen Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) ins Spiel gebrachte kreditfinanzierte Fondlösung für die EEG-Umlage. "Wir brauchen eine Deckelung als einen verlässlichen Wert, damit die Betriebe planen können", sagte Werner.

"Wir haben darüber nachgedacht, sind aber zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Fondlösung nicht funktioniert", machte hingegen die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Brigitte Zypries (SPD), deutlich. Die benötigten Summen wären nicht einzusammeln, was die Sorge mit sich brächte, "dass es am Ende doch der Haushalt zahlen muss". Auch eine Steuerförderung für erneuerbare Energien lehnte Zypries ab. "Das ist für uns kein Weg."

Auf Nachfrage erläuterte die Staatssekretärin, weshalb einige größere Teigling-Produzenten auf der Liste der von der Umlage zu befreienden Unternehmen stünden und kleinere Bäckereien nicht. Entscheidend sei, ob es ein stromkostenintensives Unternehmen ist, das im internationalen Wettbewerb steht. "Das ist beim kleinen Bäcker um die Ecke in aller Regel nicht der Fall", sagte sie.

*

2. Experten-Kritik am neuen Sexualstrafrecht

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Berlin: (hib/JBB) Die geplanten Änderungen im Sexualstrafrecht stoßen bei Experten auf ein unterschiedliches Echo. Dies wurde am Montag in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz deutlich. Grundlage war der Gesetzentwurf der Fraktionen der Fraktionen der CDU/CSU und der SPD zur Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht (18/2601). Die Koalition will Regelungen zur Strafbarkeit von Kinderpornografie und zum Internetzugang zu Kinderpornografie verschärfen.

Die Dortmunder Oberstaatsanwältin Birgit Cirullies sprach einige der größten Bedenken der Sachverständigen an. Allgemein begrüßte sie die neuen Vorschriften, viele Änderungen seien nötig. An manchen Stellen habe sie aber Bedenken. Besonders fragwürdig ist ihrer Aussage nach die Neufassung des Paragrafen 184 b des Strafgesetzbuches, nachdem zukünftig die Herstellung und Verbreitung von Bildern von "ganz oder teilweise unbekleideten Personen unter vierzehn Jahren in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung" strafbar sein soll. "Diese Formulierung ist zu unbestimmt und nicht bestimmt genug zu gleich", sagte sie. Besser sei es, direkt die Formulierung der Lanzarote-Konvention zu übernehmen, welche mit dem Gesetzentwurf umgesetzt werden soll. Deren Formulierung enthalte den Hinweis auf die entblößten Geschlechtsteile der Kinder, was eine größere Bestimmtheit zur Folge habe, argumentierte Cirullies. Andere Sachverständige sahen das genauso und wiesen darauf hin, die Formulierung "in aufreizender Pose" hinzuzufügen oder explizit zu nennen, was auf den Bildern nicht zu sehen sein darf. Weiter sagte Cirullies, dass nicht, wie geplant, das unbefugte Herstellen von Bildern nackter Personen im öffentlichen Raum bestraft werden solle, sondern nur die unbefugte Weitergabe beziehungsweise das unbefugte Herstellen solcher Bilder, sollten diese in einem besonders geschützten Raum aufgenommen worden sein, beispielsweise im Schlafzimmer.

Jörg Eisele von der Universität Tübingen teilte die Auffassungen von Cirullies und kritisierte weiterhin, dass künftig die Herstellung und Verbreitung von Bildern strafbar sein soll, welche "dem Ansehen der Person schaden", so die Formulierung des Gesetzestexts. Diese Formulierung sei vollkommen unbestimmt und führe nur zu einer zusätzlichen Belastung der Gerichte. Dadurch würden zum Beispiel auch Fotos betrunkener Menschen auf einer Party strafbar werden.

Die Folgen der Neuregelungen für die Praxis waren auch Thema der Ausführungen von Rainer Franosch von der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main. Er begrüßte die Klarstellung, die durch die Verwendung des Wortes "Daten" anstatt "Schrift" erfolge. Das erleichtere die Strafverfolgung. Außerdem riet Franosch dazu, beim sogenannten Cybergrooming eine Versuchsstrafbarkeit einzuführen. Beim Cybergrooming nähern sich erwachsene Personen über das Internet Kindern und fordern diese zu sexuellen Handlungen auf.

Robert Grain, Richter am Amtsgericht München, kritisierte die Übernahme der Definition von Kinderpornografie für Jugendpornografie. Hier bestehe ein Wertungswiderspruch, da die sexuelle Entwicklung von Jugendlichen doch erlaubt sei. Vielmehr solle Jugendpornografie wie Erwachsenenpornografie behandelt werden. Die neue Regelung würde "sämtliche Posingbilder vom Strand beinhalten". Jugendliche machten nun einmal Fotos vom ersten Freund oder der ersten Freundin und da könne auch "ein Oben-ohne-Foto dabei" sein. Selbst er müsste nach dieser Regelung nachsehen, ob er nicht das ein oder andere "strafbare" Foto seiner ersten Freundin besitze.

Überwiegend abgelehnt wurde von den Sachverständigen die Verlängerung der Verjährungsfrist von Kindesmissbrauch bis zum 30. Lebensjahr des Opfers. Rüdiger Deckers, Strafverteidiger aus Berlin, sagte, nach einer so langen Zeit seien solche Verfahren "im Prinzip injustiziabel". Die Zeugen oder Opfer könnten sich schwer erinnern, was sowohl den Angeklagten als auch den Opfern schade. Durch die geringere Qualität der Aussagen werde gegen das Rechtsschutzgebot der Angeklagten verstoßen. Zudem liefen die Opfer Gefahr, durch andere Quellen beeinflusst zu werden. So hätten Studien nachgewiesen, dass es beispielsweise durch "gutgemeinte Therapien", Autosuggestion oder externe Personen "durchaus zu einem Einfluss auf die Rezeption der Wirklichkeit" kommen könne, sagte Deckers.

Hier wiedersprach Tatjana Hörnle von der Humboldt-Universität Berlin. Es seien zwar nur wenige Fälle, die nach so langer Zeit noch gelöst und bestraft würden, aber es gebe sie. Außerdem sei es immerhin noch die Entscheidung der Opfer, ob diese Misshandlungen anzeigten oder nicht. Allerdings forderte Hörnle eine kostenfreie Rechtsberatung für die Opfer vor der Anzeige, damit diese über die Folgen und Erfolgsaussichten des Verfahrens Bescheid wüssten.

*

3. Zuschuss für Klimafonds begrüßt

Haushaltsausschuss/Öffentliche Anhörung

Berlin: (hib/MIK) Der geplante jährliche Bundeszuschuss an den Energie- und Klimafonds (EKF) findet weitgehend die Zustimmung der Sachverständigen. Dies wurde am Montagnachmittag bei einer öffentlichen Anhörung des Haushaltsausschusses deutlich. Dabei ging es um den Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens "Energie- und Klimafonds" (18/2443). Damit soll die Ermächtigung geschaffen werden, dem Energie- und Klimafonds (EKF) jährlich einen Zuschuss aus dem Bundeshaushalt zu gewähren.

Laut Gesetzentwurf betragen die jährlichen Mehrausgaben maximal im kommenden Jahr 781 Millionen Euro, 2016 höchstens 848,5 Millionen Euro und 2017 maximal 826 Millionen Euro. 2018 könnten es danach bis zu 836 Millionen Euro sein. Damit soll die Finanzierung von notwendigen Programmausgaben für die beschleunigte Energiewende gesichert werden.

Seit dem Jahr 2012 finanziert sich der Energie- und Klimafonds wesentlich aus den Erlösen aus der Versteigerung von Berechtigungen zum Ausstoß von Treibhausgasen (sogenannte CO2-Zertifikate), heißt es zur Begründung. Die Preise für CO2-Zertifikate seien jedoch seit 2012 "deutlich" gefallen. Die geringeren Einnahmen des Energie- und Klimafonds würden daher derzeit nicht ausreichen, den notwendigen Finanzierungsbedarf des Fonds zu decken, so dass eine Stärkung der Einnahmeseite erforderlich sei.

Christian Noll von der Deutschen Unternehmensinitiative für Energieeffizienz (DENEFF) begrüßte den Gesetzentwurf der Bundesregierung. Mit dem beabsichtigten, überjährlichen Bundeszuschuss entstehe eine Mischfinanzierung und mit dieser eine weitgehende Stabilisierung der Mittelausstattung des EKF. "Diese sollte auch nach 2018 fortgeschrieben werden", schreibt er in seiner Stellungnahme. Dadurch werde nicht nur das CO2-Gebäudesanierungsprogramm verstetigt, sondern auch weitere wichtige Energieeffizienzprogramme im Bereich privater Haushalte, Unternehmen oder die Forschungsförderung.

Auch Professor Marc Ringel von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen ist eine Stabilisierung der Einnahmen seitens des EKF durch Bundeszuschüsse sinnvoll, um einen reibungslosen Ablauf der Programme zu gewährleisten. Jenseits dieser Stabilisierung sei mittelfristig eine stärkere Fokussierung des Fonds auf Maßnahmen für Energieeffizienz und erneuerbarer Energien zu erwägen, schreibt er. Diese würden den EKF mit einem klaren Profil ausstatten.

Maria Krautzberger, Präsidentin des Umweltbundesamtes, setzte sich für eine rasche und wirksame Reform des Immissionshandels ein. Ein Ausbleiben dieser Reform könnte eine weitere Absenkung der Erlöse nach sich ziehen, heißt es in ihrer schriftlichen Stellungnahme. Sie sah außerdem die Möglichkeit, dass durch den Abbau energiebezogener umweltschädlicher Subventionen die Finanzierung des EKF weitgehend ohne zusätzliche Belastung des Bundeshaushalts erfolgen könnte. Dies würde darüber hinaus die Anreize zur Steigerung der Energieeffizienz und zum Klimaschutz stärken. Dafür kämen unter anderem die Reduzierung der allgemeinen Strom- und Energiesteuerermäßigungen für das produzierende Gewerbe und die Land- und Forstwirtschaft in Frage.

Damian Ludewig vom Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft setzte sich in seiner schriftlichen Stellungnahme für eine höhere Transparenz bei der bestehenden geplanten Finanzierung einzelner Programme aus Sondervermögen einerseits und Bundeshaushalt andererseits ein. Weiter sollten nicht zielführende Positionen wie beispielsweise die Ausgleichszahlungen für stromintensive Industrien aus dem Fonds gestrichen werden. Um die Maßnahmen und Programme zur Unterstützung und Beschleunigung der Energiewende schnellstmöglich auf eine solidere Finanzgrundlage zu stellen, empfahl er unter anderem eine ambitioniertere Form des Emissionshandels auf europäischer Ebene und eine leichte Anhebung von ökologischen Lenkungssteuern wie Kernbrennstoffsteuer und Heizstoffsteuer.

Auch Felix Matthes vom Öko-Institut geht davon aus, dass es in den kommenden Jahren im EKF einen Zuschussbedarf gibt. Um die Einnahmesituation in den kommenden Jahren jedoch zu verbessern, schlug er unter anderem die Einführung von Mindestpreisen für CO2-Zertifikate und die Einführung der Marktstabilitätsreserve bereits ab 2015 vor.

Christine Wörlen, arepo consult, begrüßt den veranschlagten Zuschuss "grundsätzlich", da eine gesicherte Finanzierungsgrundlage für die erfolgreiche Durchführung von Klimaschutzprogrammen essentiell sei, um negative Effekte aus "suboptimal planbaren Förderprogrammen" zu verhindern. Sie kritisierte allerdings, dass im Gesetzentwurf der Bundesregierung das Gesamtvolumen des EKF "nach wie vor nicht definiert" sei. Zudem könnten die vorgesehenen Maximalbeiträge zu einer Deckelung des EKF auf einen möglicherweise niedrigeren Wert als heute führen, schreibt sie. Nur bei Ausnutzung der Maximalbeiträge und Eintreten der aus heutiger Sicht leicht optimistischen Erlösannahmen bleibe das heutige Niveau von 1,7 Milliarden Euro erhalten. Dieses Niveau liege bereits deutlich unter den ursprünglichen Planungen von drei Milliarden Euro.

Sachlich zielführender im Sinne einer Planbarkeit der Klimaschutzprogramme wäre, ein angestrebtes Gesamtvolumen gesetzlich festzuschreiben, im Gesetz die erwarteten Beiträge aus dem Haushalt auf der Basis klar deklarierter Annahmen für die Zertifikatspreise zu beschreiben. Zudem sei eine Indizierung auf steigende beziehungsweise schwankende Zertifikatspreise zu beschließen, so dass eine konstante Ausgabenhöhe resultiert, die sinnvolle Ausgabenplanungen ermögliche, heißt es in ihrer Stellungnahme.

*

4. Unabhängigkeit der Datenschutzaufsicht

Inneres/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/STO) Das Amt der Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit soll den rechtlichen Status einer obersten Bundesbehörde erhalten, die eigenständig und unabhängig ausgestaltet ist. Das sieht ein Gesetzentwurf der Bundesregierung (18/2848) vor, der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht.

Wie die Regierung in der Vorlage ausführt, untersteht die Bundesbeauftrage gegenwärtig der Dienstaufsicht des Bundesinnenministeriums (BMI), während die Rechtsaufsicht durch die Bundesregierung ausgeübt wird. In der Praxis finde keine Dienst- oder Rechtsaufsicht statt und die Unabhängigkeit werde nicht eingeschränkt. Der Wortlaut des Bundesdatenschutzgesetzes entspreche jedoch im Wesentlichen den bisherigen Vorschriften für die Kontrollstellen der Länder, die nach Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) mit europarechtlichen Vorschriften nicht vereinbar sind. Insbesondere in Urteilen vom 9. März 2010 und 16. Oktober 2012 habe der EuGH die Anforderungen an die Unabhängigkeit der datenschutzrechtlichen Kontrollstellen präzisiert. Mit dem Gesetzentwurf solle "diesen Anforderungen Genüge getan" und zugleich die Datenschutzaufsicht auf Bundesebene insgesamt gestärkt werden.

Danach soll die Bundesbeauftragte mit Dienstsitz in Bonn künftig ausschließlich parlamentarischer und gerichtlicher Kontrolle unterstehen. Auf eine Rechtsaufsicht der Bundesregierung und Dienstaufsicht des BMI soll verzichtet und die organisatorische Anbindung an das Ministerium aufgehoben werden. Gewählt werden soll die Bundesbeauftrage laut Vorlage vom Bundestag; ihren Amtseid soll sie vor dem Bundespräsidenten leisten.

*

5. Zusammenarbeit mit Ägypten und Tunesien

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Sicherheitszusammenarbeit mit Ägypten und Tunesien" lautet der Titel einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/2719). Darin erkundigt sich die Fraktion danach, welchen Stand "die Verhandlung eines Abkommens zur Polizeizusammenarbeit mit Ägypten" hat. Auch möchten die Abgeordneten wissen, wie die Bundesregierung gegenwärtig zu einem Abschluss des Abkommens steht. Ferner fragen sie unter anderem, inwiefern es zutrifft, "dass auch mit Tunesien ein Sicherheitsabkommen verhandelt wird".

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 510 - 13. Oktober 2014 - 16.55 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 15. Oktober 2014