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BUNDESTAG/4696: Heute im Bundestag Nr. 561 - 05.11.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 561
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 05. November 2014, Redaktionsschluss: 17.30 Uhr

1. Erste Änderungen im Wirtschaftsetat
2. Kritik an europäischer Versicherungsbehörde
3. Gesetzliche Regelungen für Open-Data gefordert
4. Grüne für nachhaltige Liegenschaftspolitik
5. Koalitionsvorstoß für Binnenschifffahrt
6. Lage der Ausländer in Deutschland



1. Erste Änderungen im Wirtschaftsetat

Haushaltsausschuss

Berlin: (hib/MIK) Der Haushaltsausschuss hat am Mittwochnachmittag erste Änderungen am Regierungsentwurf zum Haushalt 2015 (18/2000) im Bereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (Einzelplan 09) vorgenommen.

So wurde auf Antrag der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD unter anderem das Programm zum Technologie- und Innovationstransfer um 1,43 Millionen Euro auf 28,23 Millionen Euro erhöht. Außerdem richteten die Abgeordneten ein neues Programm in Höhe von fünf Millionen Euro zur Förderung von Innovationen der Verteidigungsindustrie ein. Zudem wurden 4,5 Millionen Euro mehr für die Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und die FuE-Förderung in Ostdeutschland eingestellt. Dafür sind jetzt insgesamt 204 Millionen Euro eingeplant. Weiter stehen für das Zukunftsprojekt Industrie 4.0 nun 3,8 Millionen Euro mehr zur Verfügung, die das Projekt um intelligente Dienstleistungen erweitern soll.

Um die Erhöhungen gegenzufinanzieren wurde unter anderem der Ansatz für das Projekt Fachkräftesicherung für kleine und mittlere Unternehmen im Ausland um 3,5 Millionen Euro auf 15,97 Millionen Euro gesenkt. Auslaufen sollendabei bis zum 31. Dezember 2015 die Pilotprojekte mit den Beratungs- und Informationsangeboten in Indonesien, Indien und Vietnam. Die Koalition begründete dies damit, dass die seit 2013 laufenden Projekte in diesen drei ostasiatischen Ländern bisher wenig Erfolg gezeigt hätten.

Während die Anträge der Koalition alle angenommen wurden, hatte die Opposition mit ihren insgesamt 29 Änderungsanträgen keinen Erfolg. So forderte die Linksfraktion unter anderem eine Erhöhung des zentralen Innovationsprogramms Mittelstand (ZIM) um 50 Millionen Euro auf 593,47 Millionen Euro und ebenfalls 50 Millionen Euro mehr für die Gemeinschaftsaufgabe "Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur". Dagegen wollte die Fraktion die Zuschüsse im Bereich Luft- und Raumfahrt wesentlich kürzen.

Auch Bündnis 90/Die Grünen beantragten erfolglos unter anderem, die Aufwendungen für Luft- und Raumfahrt um 73,35 Millionen Euro abzusenken. Dafür sollten für die Erforschung erneuerbarer Energien insgesamt 300 Millionen Euro aufgewendet werden. Dies hätte eine Erhöhung um 137,53 Millionen Euro bedeutet.

Insgesamt stimmten dem geänderten Etatentwurf die Koalition zu; die Opposition lehnte ihn ab.

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2. Kritik an europäischer Versicherungsbehörde

Finanzausschuss/Öffentliches Fachgespräch

Berlin: (hib/HLE) In der deutschen Wirtschaft und Wissenschaft gibt es Unmut über die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA). In einem öffentlichen Fachgespräch des Finanzausschusses am Mittwoch zur Umsetzung der gesetzlichen Normen und Ziele durch die Versicherungsaufsicht berichtete Professor Meinrad Dreher (Johannes Gutenberg-Universität Mainz) von schwierigen Erfahrungen mit der EIOPA. So habe die Aufsichtsbehörde Leitlinien zum Beschwerdemanagement für Versicherungen erlassen, die nicht vom europäischen Recht gedeckt gewesen seien. Damit werde letztendlich neues Recht geschaffen, das zudem an der Wirklichkeit vor allem von kleinen Versicherungsunternehmen vorbeigehe. Auch die jüngst erlassene Leitlinie zur Produktaufsicht sei ohne Rechtsgrundlage erfolgt. Dies sei eine "Entmündigung des Gesetzgebers", so Professor Dreher.

Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) erklärte in seiner Stellungnahme, die Leitlinien von EIOPA würden in vielen Fällen über das verbindliche europäische Recht hinausgehen. "Die Leitlinien-Kompetenz darf nicht dazu führen, dass eine Aufsichtsbehörde faktisch an die Stelle des europäischen beziehungsweise nationalen Gesetzgebers tritt", warnte der Verband.

Der Vertreter der EIOPA, Gabriel Bernardino, verwahrte sich gegen die Vorwürfe. Es gebe Rechtsgrundlagen, sagte er und berief sich dabei auf Angaben der EU-Kommission. Die Leitlinien würden zusammen mit den nationalen Aufsichtsbehörden aus Europa erstellt. Er sei stolz, dass es die Leitlinien zum Verbraucherschutz gebe, die von allen EU-Ländern umgesetzt worden seien, sagte Bernardino.

Zu den unerfreulichen Auswüchsen auf dem Versicherungsmarkt wie Zahlungen für Daten von potenziellen Kunden oder Belohnungen für Versicherungspersonal mit teuren Reisen erklärte ein Vertreter der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), solche Vorfälle würden sich nie ganz verhindern lassen. Es werde immer Missstände geben. Aber man könne aus den vergangenen Fällen lernen und zu einer Verschärfung von Standards kommen. Bezogen auf die heutigen Aufgaben sei die Ausstattung der BaFin ausreichend, und die für Regelungen nach Solvency II (unter anderem Eigenmittelausstattung der Unternehmen) notwendige Expertise sei bei der BaFin vorhanden.

Dagegen kritisierte der Vertreter des Bundes der Versicherten (BdV) die Arbeit der BaFin. Zwar gebe es funktionierende Versicherungsunternehmen, die aber nicht funktionierende Produkte hätten. So würden die meisten Lebensversicherungen vorzeitig gekündigt. Außerdem kritisierte der Versichertenbund, dass Staatsanleihen aus dem Euroraum, in die Versicherungen Kundengelder investieren würden, per se als risikolos eingestuft werden würden. Das könne gefährlich werden, und die nächste Krise könne ihren Ausgangspunkt in der Versicherungswirtschaft haben. Von der BaFin hieß es in diesem Zusammenhang, es sei fahrlässig, das Risiko einer plötzlichen Zinswende zu ignorieren. Auf Nachfragen nach der Einstufung von europäischen Staatsanleihen hieß es außerdem, diese habe auch politische Hintergründe.

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3. Gesetzliche Regelungen für Open-Data gefordert

Ausschuss Digitale Agenda

Berlin: (hib/HAU) Um zu größtmöglicher Transparenz bei Daten zu kommen, bedarf es einer gesetzlichen Regelung. Diese Ansicht vertraten die zu einem öffentlichen Fachgespräch des Ausschusses Digitale Agenda am Mittwoch geladenen Experten. Ina Schieferdecker vom Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme (Fokus) plädierte dafür, ein Daten- und Informationsgesetzbuch zu erarbeiten. Dies wäre sowohl für die Anbieter datenbasierter Informationsdienstleistungen aber auch für die Nutzer ideal, sagte sie. Christian Heise, Beisitzer im Vorstand der Open Knowledge Foundation Deutschland, sprach sich für ein Nationales Transparenzgesetz aus. Bei dessen Entwicklung könne man die in Hamburg gemachten Erfahrungen umsetzen, sagte er.

Über die Erfahrungen mit dem seit Oktober 2012 im Hamburg geltenden Transparenzgesetz sprach Renate Mitterhuber, Leiterin des Referats E-Government und IT-Steuerung bei der Finanzbehörde Hamburg. Grundvoraussetzung um eine solches Gesetz auf den Weg zu bringen sei zum einen der politische Wille tatsächlich "Open" zu sein. "Und zwar nicht nur als Label sondern mit echtem Willen." Man müsse aber auch die Verwaltung so weiterentwickeln, damit diese sich im Stande sehe, transparent und offen zu sein. Auf die Frage, ob Freiwilligkeit oder gesetzliche Verpflichtung der richtige Weg seien, plädierte Mitterhuber für Letzteres. "Gesetze umsetzen kann die Verwaltung", sagte sie. Seien die Vorgaben nicht verbindlich, stelle sich für viele Mitarbeiter die Frage, "ob sie dies denn tun müssen und ob sie dies auch tun dürfen".

Nicht nur die Nutzer, sondern auch die Verwaltung hätte einen Vorteil von Transparenz bei Daten, fand die Informatikprofessorin Schieferdecker. Verwaltungsarbeit sei so für die Öffentlichkeit besser sichtbar und könne zu höherer Wertschätzung führen. Von einer Verbesserung der Qualität der Verwaltung sprach die Hamburger Verwaltungsmitarbeiterin Mitterhuber. Vorgesetzte würde schärfer als bislang darauf schauen, "ob auch alle Daten korrekt eingestellt sind".

Bislang, so Christian Heise von der Open Knowledge Foundation Deutschland, fehle es in Deutschland in Sachen Open-Data am politischen Willen und einer zentralen Steuerung. Stattdessen sei ein Kompetenzgerangel zwischen Innen- und Wirtschaftsministerium zu verzeichnen. Heise sprach von einem Wendepunkt an dem man sich derzeit befinde. "Wenn wir jetzt nicht die Rahmenbedingungen für die Bereitstellung und Nutzung offener Daten schaffen, wird das Thema von anderer Stelle oder eben gar nicht diktiert."

In Sachen offene Daten fehle es derzeit auch an Rechtssicherheit, sagte Mathias Schindler, langjähriger Projektmanager bei Wikimedia Deutschland. In vielen Fällen könne man die Daten ungefragt nutzen, ohne dass dies zu rechtlichen Konsequenzen führen würde. Wer sich jedoch rechtstreu verhalten möchte und fragt, ob er Daten nachnutzen könne, stoße regelmäßig auf Ablehnung, "Auch von Einrichtungen, die nie ihr Recht durchsetzen würden." Dieses Paradoxem müsse aufgelöst werden, "damit nicht der schlechter dasteht, der sich rechtstreu verhält", forderte Schindler und regte an, dies beispielsweise durch ein Open-Data Gesetz zu regeln.

Was die Kosten für die Bereitstellung der Daten angeht, so machte Justus Haucap, ehemaliger Vorsitzender der Monopolkommission darauf aufmerksam, dass diese für jeden zusätzlichen Nutzer gegen Null gehen würden. Gleichwohl könne eine Gebühr bei der Verwaltung den Anreiz zu nutzerfreundlichem Verhalten erhöhen und sei daher nicht grundsätzlich abzulehnen, sagte der Wirtschaftswissenschaftler.

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4. Grüne für nachhaltige Liegenschaftspolitik

Haushalt/Antrag

Berlin: (hib/MIK) Für eine nachhaltige und zukunftsweisende Liegenschaftspolitik des Bundes setzt sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einem Antrag (18/3044) ein. Darin fordert sie die Bundesregierung unter anderem auf, eine nachhaltige Liegenschaftspolitik für die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zu etablieren und mit der Aufnahme von Flüchtlingen in BImA-Liegenschaften die Kommunen und Länder zu unterstützen. Weiter fordert sie von der Bundesregierung, eine nachhaltige Konversion durch Perspektivplanung und langfristige Konzepte voranzutreiben und zu fördern. Schließlich solle Konversion für den Naturschutz und das nationale Naturerbe genutzt werden.

Der Verkauf von Immobilien der BImA stellt vor Ort oftmals ein Politikum dar, heißt es zur Begründung. Die wohnungs- und stadtentwicklungspolitischen Herausforderungen und Problemlagen würden beim Bieterverfahren selten beachtet oder nach Verkauf zu wenig berücksichtigt. In Städten mit einem hohen Bedarf an bezahlbaren Wohnungen führten hohe Verkaufspreise auf Basis von Bieterverfahren oder nach Verkehrswert zum Verlust bezahlbaren Wohnraums und zur Verdrängungen von Bewohnern. Auch der Verkauf von ehemals militärisch genutzten Liegenschaften, durch den Abzug alliierter Truppen und die Bundeswehrreform, lösten vor Ort zahlreiche kontroverse Debatten aus.

Über den Antrag will der Bundestag erstmals am Freitag beraten.

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5. Koalitionsvorstoß für Binnenschifffahrt

Verkehr und digitale Infrastruktur/Antrag

Berlin: (hib/MIK) Die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) soll zukunftsfest gestaltet werden. Dies fordern die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD in einem Antrag (18/3041), der am Freitag erstmals im Bundestag beraten wird.

Um dieses Ziel zu erreichen, soll die Bundesregierung im Rahmen verfügbarer Haushaltsmittel durch entsprechenden Ausbau sowie die Nutzung verkehrstechnischer Möglichkeiten die Erreichbarkeit der deutschen See- und Binnenhäfen optimieren, weil diese für die Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland unterverzichtbar seien. Weiter soll die geplante Einrichtung von 18 neuen Wasserstraßen- und Schifffahrtsämtern mit dem Ziel der regionalen Entscheidungskompetenzen gemeinsam mit den Beschäftigten zügig umgesetzt werden.

Zur Deckung des Fachkräftebedarfs sollen Aus-, Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten sowie die gesetzlichen und tariflichen Regelungen genutzt werden, fordern die Abgeordneten weiter. Schließlich soll die Bundesregierung die zuständigen Fachausschüsse jährlich über den Fortschritt und weitere Maßnahmen bei der Umsetzung der WSV-Reform informieren.

Die Bundeswasserstraßen sind ein unverzichtbarer Wachstumsmotor für die deutsche Volkswirtschaft, schreiben die Abgeordneten zur Begründung. Mit der Verwaltung der See- und Binnenwasserstraßen des Bundes und mit der Gewährleistung der Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs sei die WSV betraut. Aufgrund der komplexen Aufgaben sei die WSV dringend auf Arbeitskräfte mit bestimmten Fachkenntnisse angewiesen.

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6. Lage der Ausländer in Deutschland

Inneres/Unterrichtung

Berlin: (hib/STO) Jede fünfte Person in Deutschland weist einen Migrationshintergrund auf. Dies geht aus dem als Unterrichtung (18/3015) durch die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, Aydan Özoguz (SPD), vorliegenden "Zehnten Bericht über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland" hervor. Danach beziffert der Mikrozensus 2012 die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund auf 16,3 Millionen und damit auf 20 Prozent der Gesamtbevölkerung. Zwei Drittel der Menschen mit Migrationshintergrund sind dem Bericht zufolge nach Deutschland eingewandert und ein Drittel hierzulande geboren.

Wie es in der Vorlage weiter heißt, liegt die Armutsgefährdungsquote bei Menschen mit Migrationshintergrund nach dem Mikrozensus 2012 mit 26,8 Prozent mehr als doppelt so hoch wie bei Personen ohne Migrationshintergrund (12,3 Prozent). Als armutsgefährdet gelte in der Bundesrepublik, dessen verfügbares Einkommen weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens beträgt.

Der Bildungsstand hat den Angaben zufolge kaum Auswirkungen auf die Armutsgefährdungsquote. Der Unterschied zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrund werde auch mit einer höheren Bildung nicht geringer. Die Armutsgefährdungsquote bei Menschen mit Migrationshintergrund bleibe auch dann hoch, wenn sie Abitur haben. Die Quote liege mit 20,1 Prozent mehr als doppelt so hoch als bei Personen ohne Migrationshintergrund und Abitur, bei denen der Wert 8,9 Prozent betrage.

Auffallend ist laut Vorlage, dass über alle Alterskohorten hinweg die Armutsgefährdungsquote bei Menschen mit Migrationshintergrund und Abitur (20,1 Prozent) deutlich höher sei als bei Personen ohne Migrationshintergrund und Hauptschulabschluss (14,9 Prozent). Das "auffallend hohe Ungleichgewicht" sei mitunter auf den Zugang zum Arbeitsmarkt sowie den Unterschieden in den Einkommen zurückzuführen. Menschen mit Migrationshintergrund seien fast doppelt so häufig von Arbeitslosigkeit betroffen als Personen ohne Migrationshintergrund.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 561 - 5. November 2014 - 17.30 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. November 2014