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BUNDESTAG/4759: Heute im Bundestag Nr. 624 - 03.12.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 624
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 03. Dezember 2014, Redaktionsschluss: 13.45 Uhr

1. Agrarausschuss stimmt gegen Hofabgabe-Antrag
2. Schellnhuber: CO2 bis 2070 auf Null senken
3. BRH empfiehlt Entlastung für 2013
4. Renteneintrittsalter deutlich gestiegen
5. Grüne: Über neue Straßen informieren
6. Grüne Infrastruktur ist Thema



1. Agrarausschuss stimmt gegen Hofabgabe-Antrag

Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft

Berlin: (hib/EIS) Der Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft hat einen Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Abschaffung der Hofabgabe-Klausel abgelehnt. Der Ausschuss stimmte mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD gegen das Votum der Grünen und der Fraktion Die Linke. Die Grünen hatten gefordert, dass der Bezug der Rente aus der Alterssicherung der Landwirte nicht mehr von der Hofabgabe abhängig gemacht werden darf. Der Zwang zur Abgabe eines landwirtschaftlichen Unternehmens auf Grundlage der sogenannten Hofabgabeklausel müsse abgeschafft werden, weil die Regelung nicht mehr zeitgemäß und ungerecht sei. Die Grünen forderten, dass Landwirte, die Jahrzehnte ihre Beiträge eingezahlt haben, ab dem 65. Lebensjahr ihren Rentenanspruch wahrnehmen können, obwohl sie den Hof weiterführen. Auch in anderen Berufsgruppen gibt es Regelungen, die über das Renteneintrittsalter hinaus Möglichkeiten zur Weiterarbeit einräumen, hieß es von der Fraktion.

Aus Sicht der CDU/CSU hat sich die Hofabgabeklausel jedoch bewährt. Pro Jahr würden rund 25.000 Hofübergaben an jüngere Nachfolger ohne Probleme erfolgen. Im Koalitionsvertrag sei vereinbart worden, dass die Klausel geändert, aber nicht abgeschafft wird. Die SPD hingegen erklärte, dass die Reform der Hofabgabe eine Frage der sozialen Gerechtigkeit ist: "Aus unserer Sicht ist die Klausel in der derzeitigen Form nicht haltbar." Die Gespräche über die Neuregelung würden derzeit laufen. Die Linke kritisierte, dass das Reformvorhaben viel zu lange dauert. "Betriebsübergaben funktionieren auch mit dem Bezug aus der Alterssicherung", sprach sich die Linksfraktion für die Abschaffung der Hofabgabe aus. Es sei zu restriktiv, zwangsweise den Hof verkaufen zu müssen, um eine Rente beziehen zu können. "Deutschland ist das einzige Land in der EU, das so eine strenge Regelung hat", monierte die Fraktion. Ein Vertreter der Bundesregierung erklärte, dass der Meinungsbildungsprozess zur Neugestaltung der Regelung läuft. Eine Abschaffung stehe jedoch nicht zur Diskussion.

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2. Schellnhuber: CO2 bis 2070 auf Null senken

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Fachgespräch

Berlin: (hib/JOH) Der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU), Professor Hans Joachim Schellnhuber, sieht eine Absenkung der weltweiten fossilen Kohlenstoff-Emissionen (CO2) auf Null bis spätestens 2070 als dringend notwendig an, um die Erderwärmung auf maximal zwei Grad zu begrenzen. "Spätestens im Jahr 2030 müssen die globalen Emissionen ihren Scheitelpunkt erreicht haben, auch in den Entwicklungsländern", forderte der Klimaforscher in einem öffentlichen Fachgespräch am Mittwochmittag im Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit.

Der CO2-Ausstoß sei insbesondere nach dem Zweiten Weltkrieg regelrecht explodiert, erklärte Schellnhuber. Mache die Weltgemeinschaft weiter mit "business as usual" wäre eine globale Enteisung die Folge. Der Ostantarktische Eisschild würde kollabieren, es drohe ein Meeresspiegelanstieg von etwa 70 Metern. Der Forscher forderte daher im Namen des WBGU, das Zwei-Grad-Ziel rechtsverbindlich zu verankern. Bisher sei dieser 2010 in Cancun getroffene Beschluss in keiner Weise völkerrechtlich abgesichert.

Nach wie vor sei der CO2-Verbrauch in den Industriestaaten, "bei den Reichen und Mittelschichten", aufgrund der starken Mobilität am höchsten, sagte Schellnhuber. Doch auch die Menschen in den Entwicklungs- und Schwellenländern würden immer mobiler und produzieren demzufolge immer mehr Treibhausgas. In 40 Jahren drohe daher eine Erderwärmung von vier bis sechs Grad. Um dies zu verhindern, müssten die Menschen und Staaten, die über die meisten Mittel verfügen, bei der Transformation vorangehen. "Die Wohlhabenden müssen die Wende hin zu den Erneuerbaren Energien, zur Elektromobilität vollziehen", stellte der Klimaforscher klar.

Seiner Ansicht nach hätten die politischen Entscheidungsträger dafür inzwischen einen starken Auftrag einer zunehmend klimabewussten "Weltbürgerbewegung" erhalten. "Es formiert sich gerade weltweit eine soziale Bewegung, die der Politik ein sehr starkes Mandat überträgt in Richtung eines effektiven Klimaschutzes", zeigte sich Schellnhuber überzeugt. Er verwies dabei auch auf ein aktuelles Sondergutachten des WBGU mit dem Titel "Klimaschutz als Weltbürgerbewegung". Die Stabilisierung des Weltklimas sei ein großes Thema in der Gesellschaft geworden, betonte der Professor, "das sollte die Politik sehr ernst nehmen".

Beispielhaft verwies er auf Entwicklungen in China. Die Führung dort habe gerade angekündigt, absolute Obergrenzen für Treibhausgasemissionen festzulegen. Der Umschwung in der Klimapolitik sei allein durch die starke Luftverschmutzung zustande gekommen, die besonders für die Menschen in Großstädten wie Peking jeden Tag unmittelbar erfahrbar sei, erklärte Schellnhuber. Die Kinder könnten dort oft nicht mehr ins Freie gehen, weil sofort Nasenbluten bekämen. "Da fängt die Bevölkerung zu Morden an. Und keine Regierung, sei sie demokratisch oder autokratisch, kann die Stimmen der Bevölkerung permanent überhören."

Die Entwicklungen in China, aber auch in den USA hält Schellnhuber für ein "außerordentlich ermutigendes Zeichen". Sie gäben Hoffnung vor allem im Hinblick auf die UN-Klimakonferenz Ende 2015 in Paris, wo die Vertragsstaaten ein neues, verbindliches und umfassendes Klimaschutzabkommen für die Zeit ab 2020 beschlossen wollen. "Die Großwetterlage hat sich seit ein, zwei Jahren gewandelt. Über ungeahnte Verbündete hat sich der Klimaschutz wieder zurückgeschlichen auf die Titelseiten der Medien und auf die Regierungstische", so der Klimaforscher. Er hält es aber in Zukunft für erforderlich, die Wissenschaft in die Klimaverhandlungen "fest und formell" einzubinden. "Ohne Kompass kann ich ein Schiff nicht lenken", appellierte Schellnhuber an die Abgeordneten. Die Wissenschaft stelle diesen Kompass mit ihren Erkenntnissen über den Klimawandel zu Verfügung.

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3. BRH empfiehlt Entlastung für 2013

Haushalt/Unterrichtung

Berlin: (hib/MIK) Der Bundesrechnungshof (BRH) hat keine für die Entlastung der Bundesregierung wesentlichen Abweichungen zwischen den in den Rechnungen und in den Büchern aufgeführten Beträgen im Haushaltsjahr 2013 festgestellt. Dies geht aus den Bemerkungen des Bundesrechnungshofes 2014 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes (einschließlich der Feststellungen zur Haushaltsrechnung 2013) hervor, die der BRH als Unterrichtung (18/3300) vorgelegt hat.

Im Haushaltsvollzug hätten die Gesamtausgaben 2013 mit 307,8 Milliarden Euro um 2,2 Milliarden Euro unter dem Soll des Nachtragshaushalts von 310 Milliarden Euro gelegen. Die Einnahmen (ohne Nettokreditaufnahme und Münzeinnahmen) hätten um 0,9 Milliarden Euro höher gelegen als im Nachtragshaushalt veranschlagt. Die strukturelle Nettokreditaufnahme habe im vorläufigen Ist bei 3,6 Milliarden Euro gelegen, heißt es weiter. Dies seien 0,14 Prozent des Bruttoinlandsproduktes gewesen.

Damit habe die strukturelle Nettokreditaufnahme die erst ab dem Jahr 2016 geltende Obergrenze von 0,35 Prozent des Bruttoinlandproduktes unterschritten. "Die neue Schuldenregel wurde sowohl bei der Aufstellung des Haushalts 2013, im Nachtragshaushalt als auch im Haushaltsvollzug eingehalten", schreibt der BRH.

Zum 31. Dezember 2013 seien aus eingegangenen Verpflichtungen noch 133,4 Milliarden Euro zu leisten gewesen, heißt es weiter. Das dargestellte Vermögen des Bundes einschließlich seiner Sonder- und Treuhandvermögen habe Ende 2013 insgesamt 231 Milliarden Euro betragen. Die Schulden (einschließlich Rückstellungen) hätten bei 1.731 Milliarden Euro gelegen. Nicht enthalten seien darin Vermögen und Schulden rechtsfähiger Einrichtungen der mittelbaren Bundesverwaltung. Außerdem seien wesentliche Vermögenspositionen, wie das Immobilienvermögen einschließlich Infrastrukturvermögen sowie das bewegliche Vermögen noch nicht erfasst.

In seinen Prüfbemerkungen listet der BRH auf 350 Seiten darüber hinaus Steuerverschwendungen des Bundes in Millionenhöhe auf. Damit wird sich der Rechnungsprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages im kommenden Jahr beschäftigen.

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4. Renteneintrittsalter deutlich gestiegen

Arbeit und Soziales/Unterrichtung

Berlin: (hib/CHE) Das durchschnittliche Rentenzugangsalter hat sich seit dem Jahr 2000 um knapp zwei Jahre erhöht und lag im Jahr 2013 bei 64,1 Jahren. Das geht aus dem Rentenversicherungsbericht 2014 hervor, der nun als Unterrichtung (18/3260) vorliegt. Die Unterschiede zwischen Frauen und Männern sind dabei marginal. Deutlich gestiegen ist den Angaben zufolge auch die Erwerbstätigenquote der 60- bis 64-Jährigen. Laut Rentenbericht lag diese im Jahr 2000 noch bei 20 Prozent, im vergangenen Jahr aber bereits bei 50 Prozent. Aus dem Bericht geht weiter hervor, dass die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung bis zum Jahr 2028 auf 21,4 Prozent steigen werden und das Sicherungsniveau vor Steuern von 48 Prozent in diesem Jahr auf 43 Prozent bis zum Jahr 2030 sinken wird. "In Zukunft wird der erworbene Lebensstandard nur dann erhalten bleiben, wenn die finanziellen Spielräume des Alterseinkünftegesetzes und die staatliche Förderung genutzt werden, um eine zusätzliche Vorsorge aufzubauen. Zentrale Säule der Altersversorgung wird aber auch weiter die gesetzliche Rente bleiben", schreibt die Regierung.

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5. Grüne: Über neue Straßen informieren

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/MIK) Welche neuen Straßenbauprojekte im Zeitraum vom Jahr 2009 bis heute durch die Bundesregierung freigegeben wurden, welches Nutzen-Kosten-Verhältnis jeweils errechnet wurde, was die Projekte gekostet haben und ob sie bisher fertiggestellt wurden, interessiert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (18/3358). Weiter soll die Bundesregierung mitteilen, welche tägliche Verkehrsstärke für diese Straßenbauprojekte angenommen wurde und wie hoch die durchschnittlich tägliche Verkehrsstärke der Straßen ist, die entlastet oder ersetzt werden sollen.

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6. Grüne Infrastruktur ist Thema

Verkehr und digitale Infrastruktur/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/MIK) "Grüne Infrastruktur" ist Thema einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/2819). Die Bundesregierung soll mitteilen, wie sie sich das im Koalitionsvertrag angekündigte "Bundeskonzept Grüne Infrastruktur" vorstellt und wie sie den Stand der Umsetzung des Biotopverbunds beurteilt. Weiter interessiert die Abgeordneten unter anderem, was die Bundesregierung plant, um eine Flächenkulisse von zehn Prozent im Biotopverbund sicherzustellen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 624 - 3. Dezember 2014 - 13.45 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2014