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BUNDESTAG/4763: Heute im Bundestag Nr. 628 - 03.12.2014


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 628
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 03. Dezember 2014, Redaktionsschluss: 19.10 Uhr

1. Selbstanzeige wird verschärft
2. Deutsch-französische Kulturpolitik
3. Experten für Urheberrechtsreform
4. Solvency II: Sorge um kleine Versicherer
5. Experten üben Kritik an Mietpreisbremse
6. Präventionsstrategie gegen Islamismus



1. Selbstanzeige wird verschärft

Finanzausschuss

Berlin: (hib/HLE) Der Finanzausschuss hat den Weg zu Änderungen am System der strafbefreienden Selbstanzeige im Steuerrecht frei gemacht. Die Vorschrift soll erheblich enger gefasst werden als bisher. Der Ausschuss stimmte am Mittwoch dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und des Einführungsgesetzes zur Abgabenordnung (18/3018) zu. Für den Entwurf waren die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Fraktion Die Linke enthielt sich.

Vorgesehen sind unter anderem niedrigere Grenzwerte. So soll die Grenze, bis zu der eine Steuerhinterziehung ohne Zahlung eines zusätzlichen Geldbetrages bei Selbstanzeige straffrei bleibt, von 50.000 auf 25.000 Euro gesenkt werden. Der zu zahlende Geldbetrag soll abhängig vom Hinterziehungsvolumen gestaffelt werden. "Hervorzuheben ist auch die vorgesehene generelle Ausdehnung des Berichtigungszeitraums auf zehn Jahre für eine wirksame Selbstanzeige. Bisher besteht diese Verpflichtung nur in Fällen einer besonders schweren Steuerhinterziehung", heißt es im Entwurf.

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2. Deutsch-französische Kulturpolitik

Ausschuss für Kultur und Medien

Berlin: (hib/AW) Die Kulturausschüsse der französischen Nationalversammlung und des Bundestages wollen ihre Zusammenarbeit vertiefen, um gemeinsamen kulturpolitischen Überzeugungen auf europäischer Ebene mehr Geltung zu verschaffen. Dies verabredete der Kulturausschuss des Bundestages mit einer sechsköpfigen Delegation des französischen Ausschusses unter ihrem Vorsitzenden Patrick Bloche bei ihrer heutigen gemeinsamen Sitzung in Berlin. Der Vorsitzende des Kulturausschusses des Bundestages, Siegmund Ehrmann (SPD), und Bloche forderten die Abgeordneten auf, zu den aktuellen kulturpolitischen Herausforderungen über die Parteigrenzen hinweg gemeinsame Standpunkte zu finden und zu formulieren. Im Frühjahr 2015 wollen sich die beiden Ausschüsse auf Einladung Bloches zu einer weiteren gemeinsamen Sitzung in Paris treffen.

Die deutschen und französischen Parlamentarier aller politischen Strömungen betonten in der Sitzung, dass die Kultur in ihren Ländern einen besonderen Stellenwert genieße. Zwar stelle die Kreativwirtschaft auch einen erheblichen ökonomischen Faktor dar, Filme und Bücher seien aber in erster Linie Kulturgüter und nicht Wirtschaftsgüter, lautete das einhellige Credo. Auch Kulturstaatsminister Monika Grütters (CDU), die ebenfalls an der Sitzung teilnahm, lobte die gute deutsch-französische Zusammenarbeit in der Kulturpolitik auf europäischer Ebene. In den meisten Fällen wüssten sich Paris und Berlin in kulturellen Streitpunkten auf der gleichen Seite. Als Beispiele nannte sie das gemeinsame Eintreten für eine Schutzklausel für den Kulturbereich im Rahmen des Freihandelsabkommen TTIP. Zudem setze man sich in der EU gemeinsam für den ermäßigten und gleichen Mehrwertsteuersatz für gedruckte und elektronische Bücher ein. Dies stoße allerdings auf den Widerstand vor allem Großbritanniens, räumte Grütters ein. Frankreich habe dies in der nationalen Gesetzgebung bereits im Alleingang umgesetzt, erläuterte Patrick Bloche. Grütters verwies darauf, dass dies eigentlich gegen EU-Recht verstoße und durch den Rat für Wirtschaft und Finanzen (Ecofin) genehmigt werden müsse.

Neben TTIP und dem ermäßigten einheitlichen Steuersätzen für gedruckte und elektronische Bücher tauschten sich die Parlamentarier beider Länder über Fragen des Urheber- und Leistungsschutzrechtes im digitalen Zeitalter sowie die Bewahrung und Digitalisierung des nationalen und europäischen Kulturerbes aus.

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3. Experten für Urheberrechtsreform

Ausschuss Digitale Agenda

Berlin: (hib/HAU) Das Leistungsschutzrecht für Presseverleger muss abgeschafft werden. In dieser Forderung waren sich die am Mittwoch zu einem öffentlichen Fachgespräch im Ausschuss Digitale Agenda geladenen Experten einig. Gleichzeitig sprachen sie sich für eine Reformierung des Urheberrechts aus. Dabei ist es nach Ansicht der Mehrheit der Experten nicht sinnvoll, eine große Generalrevision anzustreben. Vielmehr sollte die Politik kleine Baustellen bearbeiten anhand einer Prioritätenliste, wie beispielsweise Professor Thomas Hoeren von der Universität Münster forderte. Als Beispiel benannte er die Filmförderung, die so ausgestaltet werden könnte, dass nur dann gefördert werde, wenn zugleich sichergestellt sei, dass ein festgelegter Teil auch bei den Urhebern ankommt.

Hoeren sagte vor den Abgeordneten weiter, das Urheberrecht sei "aus den Fugen geraten und nicht mehr handhabbar". Das habe zum einen damit zu tun, dass inzwischen "fast alles geschützt wird". Dazu kämen "weit überhöhte" Schutzdauern "bis 70 Jahre nach dem Tod". Das Urheberrecht müsse gesellschaftlich akzeptiert werden, sonst laufe es ins Leere, sagte Professor Axel Metzger von der Humboldt Universität Berlin. Die wesentlichen Fragen, so Metzger, würden zwar auf europäischer Ebene entschieden. Doch bei den durch Deutschland zu regelnden Fragen habe der Gesetzgeber in den letzten Jahren nicht gerade zu einer steigenden Akzeptanz beigetragen, befand er und verwies auf das Leistungsschutzrecht, welches "unausgegoren, kurzatmig und lobbygetrieben" sei.

Judith Steinbrecher, beim IT-Branchenverband als Bereichsleiterin Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht tätig, kritisierte, dass die Bundesregierung mit einer Evaluation des Gesetzes über die Leistungsschutzrechte für Presseverleger bis zum Schiedsgerichtsspruch des Patent- und Markenamtes Mitte nächsten Jahres warten wolle. "Das Gesetz richtet Tag für Tag Schaden an", sagte sie. Es führe zu einem Marktversagen, dessen Leidtragenden die Urheber ebenso wie die Verbraucher seien. Philipp Otto, Redaktionsleiter bei iRights.info sagte, das Leistungsschutzrecht sei "völliger Quatsch und nicht europarechtskonform".

Bei einer Reform des Urheberrechts, so Otto weiter, die ganz wichtig für dessen Legitimität sei, müssten die Belange der Urheber "ganz vorn" berücksichtigt werden. Sein Vorschlag sei, das "per se" 75 Prozent aus den Erlösen, die die Vertragspartner ausgehandelt hätten, an die Urheber fließen sollen. Aus Sicht von Professor Hoeren kein gangbarer Weg. Die 75 Prozent seien willkürlich gewählt und für allen Branchen im gleichen Maße nicht machbar. Auch eine von Professor Gerald Spindler von der Universität Göttingen ins Spiel gebrachte Abgabe auf Datenströme bewertet er kritisch. Es sei völlig unklar, wer das kassieren solle. Eine weitere Institution wie die GEZ wolle schließlich niemand.

Spindler begründete seinen Vorschlag unter anderen damit, dass sich die Geräteabgaben "im Großen und Ganzen" bewährt hätten, da eine "Austarierung der Interessen" dahinter stecke. Eine Abgabe über Datenströme würde die bewährte Regelung fortsetzen. Den Einwand, man wolle keine zweite GEZ ließ Spindler nicht gelten. Die existierenden Verwertungsgesellschaften könnten dies durchaus übernehmen, befand er.

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4. Solvency II: Sorge um kleine Versicherer

Finanzausschuss/Öffentliche Anhörung

Berlin: (hib/HLE) Sachverständige haben eine Zuordnung der Rückstellungen für die Beitragsrückerstattung (RFB) zu den Eigenmitteln der Lebensversicherungen völlig unterschiedlich beurteilt. In einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses zu dem von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Finanzaufsicht über Versicherungen (18/2956, 18/3252) bezeichnete Professor Hans-Peter Schwintowski (Humboldt-Universität Berlin) die Benutzung von Kundengeldern als Eigenkapital, obwohl die Kunden keine Eigentümer seien, als Verstoß gegen das Grundgesetz. Außerdem wandte er sich gegen eine Bevorzugung der Aktionäre im Vergleich zu Versicherungsnehmern. Versicherten dürfe nach den Vorschriften keine Überschussbeteiligung zugewiesen werden, solange nicht ein Gewinn in Höhe von mindestens vier Prozent des Grundkapitals verteilt worden sei. Aktionäre bekämen also zunächst vier Prozent vom Bilanzgewinn, während die Versicherten, mit deren Geld die vier Prozent erwirtschaftet worden seien, erst danach an die Reihe kämen. "In jedem anderen Unternehmen ist es umgekehrt", so Schwintowski in seiner Stellungnahme. Auch der Bund der Versicherten konnte nicht nachvollziehen, dass die Rückstellungen für die Beitragsrückerstattung, die ausschließlich den Kunden gehören würden, als Risikokapital verwendet werden könnten.

Dem widersprach Professor Fred Wagner (Institut für Versicherungswissenschaften an der Universität Leipzig). Die RFB-Mittel würden durch Überschüsse entstehen. Die Versicherten würden dieses Geld auch in aller Regel erhalten. Sie würden allerdings erst nach etwa zwei Jahren von den freien RFB in die gebundenen RFB überführt und damit den Versicherten direkt zugeordnet. Die freien RFB seien eine Art Risikopuffer. Auch gebe es keine Garantien für Aktionäre. Auch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bezeichnete die Verwendung von RFB als Eigenmittel als nicht neu. Das System habe schon immer sehr gut funktioniert.

In der Anhörung wurde der Bundesregierung auch vorgehalten, bei der Neuregelung der Versicherungsaufsicht zum Teil weit über die europäischen Vorgaben hinauszugehen und kleine Versicherer zu benachteiligen. Mit dem Gesetzentwurf, der die europäische Solvabilität II-Richtlinie (Solvency II) umsetzt, soll die Aufsicht über die Versicherungen gestärkt und es soll dem Aufbau von Risiken im Bereich der Versicherungsunternehmen frühzeitig entgegengewirkt werden. Kern der Neuregelung sind umfassendere, risikoorientierte Eigenmittelvorschriften für die Versicherungsunternehmen.

Professor Hermann Weinmann vom Institut für Finanzwirtschaft an der Hochschule Ludwigshafen sagte, mittelständische Versicherer könnten durch die Neuregelungen in einen "Schicksalskampf" geraten. Er erklärte, Aufgabe des Gesetzgebers sollte es sein, börsennotierte große Konzerne nicht über Gebühr zu bevorteilen und auch dem "Mittelstand" der Versicherer eine aussichtsreiche Zukunftsoption zu eröffnen. Professor Dietmar Pfeifer (Universität Oldenburg) empfahl in seiner schriftlichen Stellungnahme, die Vorgaben der Richtlinie im Zweifelsfall grundsätzlich zu Gunsten der kleinen und mittleren Unternehmen auszulegen. Der deutsche Versicherungsmarkt werde im Gegensatz zu einigen anderen EU-Ländern in erheblichem Maß von Versicherungsvereinen auf Gegenseitigkeit (VVaG) geprägt. Kleine Unternehmen hätten zum Teil nur einen zweiköpfigen Vorstand, so dass sich die personelle Trennung von Funktionen wie Revision, Organisation und andere "nicht ohne erheblichen und gegebenenfalls substanzgefährdenden Kostenaufwand durchführen" lasse.

Der Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) kritisierte in seiner Stellungnahme, die geplante Testierpflicht durch externe Wirtschaftsprüfer könne die Prüfung durch die Aufsichtsbehörde nicht ersetzen. Der Einsatz externer Abschlussprüfer führe zu "hohem bürokratischen Aufwand ohne Mehrwert bei den Unternehmen". Professor Meinrad Dreher (Gutenberg-Universität Mainz) sah "nationales Draufsatteln" und kritisierte die Testierpflichten. Professor Wagner widersprach den Behauptungen von der Benachteiligung kleiner Versicherer. Er kenne keine Studie, die zeige, dass große Versicherer eine bessere Performance hätten als kleine.

Thema in der Anhörung waren auch die Kapitalanlagen der Versicherer. So warnte die Deutschen Bundesbank in ihrer schriftlichen Stellungnahme vor "Fehlanreizen durch die Privilegierung von Staatsanleihen" unter Solvency II. Eine Abschaffung dieser Privilegien würde die Risiken aus dem Risikoverbund zwischen Staaten und dem Finanzsystem mittelfristig verringern. Der Bund der Versicherten erklärte, man habe Bauchschmerzen angesichts der Einstufung von griechischen Staatsanleihen als "risikofrei".

Die Bundesbank hatte in ihrer Stellungnahme auch erklärt, die kürzlich von der europäischen Versicherungsaufsichtsbehörde EIOPA vorgeschlagenen Absenkungen der Anforderungen für Kapitalanlagen insbesondere für sogenannte Kreditverbriefungen (ABS) seien "kritisch zu sehen". Die BaFin bezeichnete den Kauf von ABS-Papieren durch Versicherungen als "bedenklich". Das Geld der Versicherten in Verbriefungen zu stecken, gleiche einem "Spiel mit dem Feuer".

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5. Experten üben Kritik an Mietpreisbremse

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz/Anhörung

Berlin: (hib/JBB) Viel Nachbesserungsbedarf sahen die eingeladenen Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung des Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz des Bundestags am Mittwoch an der geplanten Mietpreisbremse. Dem Ziel des Gesetzentwurfs stimmten sie zwar zu, die Ursache des Wohnungsmangels und der hohen Mieten bekämpfe der Entwurf aber nicht. Besonders kritisiert wurde die ortsübliche Vergleichsmiete als Referenzpunkt. Sie war für viele Sachverständige zu ungenau, ein qualifizierter Mietspiegel sei besser geeignet. Nach dem Gesetzentwurf (18/3121) der Bundesregierung soll nämlich die Miete bei Wiedervermietung künftig nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen. Auch soll künftig derjenige die Maklergebühren bezahlen, der den Makler beauftragt. Einig waren sich die elf Sachverständigen darin, dass es gut sei, dass der Paragraf fünf des Wirtschaftsstrafgesetzbuches nicht, wie im Referentenentwurf ursprünglich vorgesehen, gestrichen wurde. Mit diesem habe man schon eine gute Waffe gegen hohe Mieten, doch müsse er gestärkt werden.

Norbert Portz von der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände sagte, der Entwurf bekämpfe nur die Symptome, nicht die Ursache der hohen Mieten. Deshalb müsse die Städtebauförderung des Bundes dauerhaft erhöht werden, Bauland preiswerter, das Wohngeld an die tatsächliche Mietentwicklung angepasst, die Baukosten gesenkt und bundeseigene Immobilien nicht mehr nur zum Höchstpreis verkauft werden. Ballungsrandgemeinden sollten in die Wohnungsbauförderung einbezogen werden. Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen e.V. (GdW), sagte, es sei gut, dass Neubauten und Wohnungen nach umfangreichen Modernisierungen von der Mietpreisbremse ausgenommen worden seien. Allerdings sei die Definition von "Modernisierung" der Wohnungen sowie des "angespannten Wohnungsmarktes" verbesserungswürdig, diese müssten schärfer sein. Gedaschko kritisierte die ortsübliche Vergleichsmiete als ungenauen Referenzpunkt, wobei ihn mehrere Sachverständige unterstützten. Die Vergleichsmiete sie rechtsunsicher und streitfällig, ein qualifizierter Mietspiegel sei da ein belastbarerer Vergleichspunkt. Das sah Ulf Börstinghaus, Richter am Amtsgericht Dortmund, genauso. Insgesamt träfen die Regelungen des Gesetzes die Falschen, die meisten Mieterhöhungen kämen ehrlich und fair zustande.

Markus Artz von der Universität Bielefeld, Forschungsstelle für Immobilienrecht, kritisierte, dass der Entwurf die Vermieter unter Generalverdacht stelle. Besonderen Nachbesserungsbedarf sieht Artz in der Regelung, dass, falls die Vormiete höher als die ortsübliche Vergleichsmiete plus zehn Prozent ist, es nach dem Gesetz erlaubt sei, die Vormiete bei Wiedervermietung als Miete festzulegen. Christian Bruch, Bundesgeschäftsführer des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e.V. (BFW), sagte, die Ausnahme der Neubauten sei die wichtigste Veränderung des Gesetzentwurfs im Vergleich zum Referentenentwurf. Er begrüßte, dass im Gesetz Kriterien für einen angespannten Wohnungsmarkt genannt würden. Das helfe den Unternehmen, Investitionsentscheidungen zu fällen.

Lukas Siebenkotten, Bundesdirektor des Deutschen Mieterbundes e.V., sagte, es dauere zu lange, bis die Wirkungen für die Mieter zu spüren seien. Außerdem fehle ihm eine Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus. Für ihn sei die ortsübliche Vergleichsmiete ein bewährtes Mittel, zudem gebe es in vielen Städten gar keinen Mietspiegel. Die Ausnahmen der Mietpreisbremse für Modernisierungen sei falsch, der Mieter wisse doch gar nicht, ob oder was modernisiert worden sei. Rolf Gaßmann vom Deutschen Mieterbund Baden-Württemberg sagte, es könnten gar nicht so viele Wohnungen neu gebaut werden, um den Wohnungsmangel zu bekämpfen. Wichtig sei nicht die Orientierung an der Bevölkerung, sondern an den Haushalten. Deren Anzahl steige.

Nicht weit genug ging der Entwurf für Carola Handwerg vom Republikanischen Anwältinnen- und Anwälteverband. Die Mietpreisbremse nütze nicht Menschen mit niedrigem Einkommen oder Menschen, die Transferleistungen bezögen. Die Mietpreisbremse solle bundesweit gelten und habe zu viele Ausnahmen. Der gleichen Meinung war auch Beatrix Zurek vom Mieterverein München. Je mehr Ausnahmen es gebe, umso höher sei die Rechtsunsicherheit.

Jens-Ulrich Kießling, Präsident des Immobilienverbandes Deutschland (IVD), Bundesverband der Immobilienberater, Makler, Verwalter und Sachverständigen e.V., kritisierte vor allem die Änderung des Bestellerprinzips. Das führe zu einer erheblichen Verschlechterung der Situation der Mieter, da die Makler ihnen weniger Wohnungen zeigen würden, um nicht auf "verbrannten Wohnungen" sitzen zu bleiben. Geringeres Angebot führe zu weniger Markt. Dem schloss sich Kai Warnecke vom Haus & Grund, Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer, an. Es werde zu weniger Aufträgen kommen. Für Warnecke jedoch ist der Gesetzentwurf an sich verfassungswidrig. Die Mietpreisbremse sie ungeeignet, ihren Zweck zu erfüllen, der Entwurf ignoriere die Verletzung des Eigentums und sei an vielen Stellen zu unbestimmt.

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6. Präventionsstrategie gegen Islamismus

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dringt auf die "Entwicklung einer zivilgesellschaftlich ausgerichteten Präventions- und Deradikalisierungsstrategie im Bereich des gewaltbereiten Islamismus". Dessen Bekämpfung könne nur erfolgreich sein, wenn sie neben repressiven Maßnahmen im Kern auf Prävention und Deradikalisierung gewaltbereiter Islamisten setzt, schreibt die Fraktion in einem Antrag (18/3417), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. 13 Jahre nach den Anschlägen vom 11. September 2001 gebe es in Deutschland aber immer noch keine nationale Strategie zur Prävention des gewaltbereiten Islamismus und zur Deradikalisierung gewaltbereiter Islamisten.

In der Vorlage fordert die Fraktion die Bundesregierung unter anderem auf, eine "primär zivilgesellschaftlich ausgerichtete und gemeinsam mit zivilgesellschaftlichen Akteuren entwickelte Strategie vorzulegen, die Grundsätze für eine effektive Prävention und Deradikalisierung aufstellt und Maßnahmen staatlicher Organe und zivilgesellschaftlicher Akteure vorschlägt, die geeignet sind, der Entwicklung eines gewaltbereiten Islamismus in Deutschland vorzubeugen beziehungsweise Deradikalisierung und gesellschaftliche Wiedereingliederung zu fördern".

In der Begründung verweisen die Abgeordneten darauf, dass der gewaltbereite Islamismus auch in Deutschland eine erste Gefahr für die öffentliche Sicherheit und das gesellschaftliche Zusammenleben sei. "Die überwältigende Mehrheit der in Deutschland lebenden Muslimas und Muslime sind gut integriert, verhalten sich gesetzestreu und bekennen sich zu unserer verfassungsrechtlichen Grundordnung", heißt es in der Vorlage weiter. Weniger als ein Prozent der Muslime hierzulande gelte nach Einschätzung des Verfassungsschutzes als islamistisch. Unter ihnen befänden sich dem Verfassungsschutz zufolge etwa 6.200 Salafisten. Auch zeige sich, dass rund 90 Prozent hiervon dem Spektrum des sogenannten politischen Salafismus zuzurechnen sind. "Aus dem Bereich dieses grundsätzlich gewaltlosen politischen Salafismus heraus 'radikalisierten sich aber' - so der Verfassungsschutz NRW - 'immer wieder Personen und wenden sich dem Jihad-orientierten Salafismus zu'", legen die Abgeordneten dar. Dies sei ein wichtiger, wenngleich nicht der einzige Ansatzpunkt einer sinnvollen Präventionsarbeit.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 628 - 3. Dezember 2014 - 19.10 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2014