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BUNDESTAG/5038: Heute im Bundestag Nr. 239 - 06.05.2015


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 239
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 06. Mai 2015, Redaktionsschluss: 18.15 Uhr

1. Uno soll Welterbe besser schützen
2. Von der Leyen für europäische Armee
3. Lob für Aktienrechtsnovelle
4. 50 Jahre diplomatische Beziehungen zu Israel
5. Deutsche Verantwortung für Israel
6. Beziehungen zwischen EU und Lateinamerika


1. Uno soll Welterbe besser schützen

Ausschuss für Kultur und Medien

Berlin: (hib/AW) Die vorsätzliche Zerstörung von Welterbestätten soll zukünftig als Kriegsverbrechen geächtet und strafrechtlich verfolgt werden können. Einen entsprechenden Resolutionsentwurf soll die Generalversammlung der Vereinten Nationen Ende Mai verabschieden. Darüber informierte die Vorsitzende des Unesco-Welterbekomitees, Staatsministerin Maria Böhmer (CDU), am Mittwoch den Kulturausschuss. Der Resolutionsentwurf sei gemeinsam mit dem Irak eingebracht worden. Böhmer ist als Staatsministerin im Auswärtigen Amt zuständig für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. Sie verwies auf die Zerstörung von Welterbestätten in Syrien und im Irak durch die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Die UN-Resolution könne ein "massives Zeichen" gegenüber dem IS setzen. Bestandteil der Resolution soll zudem auch ein Einfuhrverbot von Kulturgütern aus Syrien und dem Irak sein. Ein solches Einfuhrverbot gilt bereits in der Europäischen Union.

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2. Von der Leyen für europäische Armee

Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union

Berlin: (hib/JOH) Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat die Bildung einer europäischen Armee erneut als wichtiges Fernziel bekräftigt und eine vertiefte Integration auf dem Feld der Sicherheits- und Verteidigungspolitik angemahnt. "Wenn Europa auf diesem wichtigen Gebiet relevant sein will in der Welt, muss es sich besser organisieren und militärisch enger verzahnen", forderte sie am Mittwochnachmittag im Europaausschuss.

Von der Leyen betonte, dass einzelne Mitgliedsländer der EU gemäß den EU-Verträgen schon jetzt die Möglichkeit hätten, ihre Armeen miteinander zu verflechten. Deutschland habe mit der Deutsch-Französischen Brigade, dem Deutsch-Niederländischen Korps in Münster und dem Multinationalen Korps Nordost in Stettin bereits solche multinationalen Kooperationen auf den Weg gebracht. Zudem hätten die Niederländer eine Brigade dauerhaft unter deutsches Kommando gestellt, erklärte sie. Im kommenden Jahr solle Polen erstmals das Kommando über ein Bundeswehr-Bataillon übernehmen. Von der Leyen betonte zudem, dass auch Deutschland bereit sei, "in besonderen Fällen einer anderen Nation Truppenteile zu unterstellen". Solche Verflechtungen seien wichtig, um praktische Erfahrungen zu sammeln und Vertrauen aufzubauen.

Die Ministerin schlug außerdem vor, die Reaktionsfähigkeit der EU-Battlegroups zur schnellen militärischen Krisenreaktion zu verbessern. Sie sollten in die Lage versetzt werden, Eintrittsoperationen schneller durchzuführen. Dieses Anliegen hätten auch die Verteidigungsminister von Frankreich und Polen unterstützt, sagte sie mit Verweis auf einen im März gemeinsam unterzeichneten Brief in Vorbereitung auf EU-Gipfel am 25. und 26. Juni. Darin hätten sie und ihre Ministerkollegen ihre Positionen in den Bereichen der europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik dargestellt.

Von der Leyen räumte ein, dass eine europäische Armee schwierige Fragen aufwerfe, etwa im Hinblick auf den Parlamentsvorbehalt des Bundestages. "Das ist keine trivial zu lösende Frage", betonte die Ministerin. Sie versicherte jedoch, dass die Bundeswehr eine Parlamentsarmee bleiben werde. Zu klären sei aber, "welches Parlament in welcher Form" über die Einsätze der gemeinsamen Armee entscheiden solle.

Aus den Reihen der Unionsfraktion erhielt von der Leyen Unterstützung. Es sei wichtig, die Vision einer gemeinsamen europäischen Verteidigungspolitik zu entwickeln, hieß es. Voraussetzung dafür sei jedoch eine gemeinsame Außenpolitik. Auch die Zusammenarbeit mit anderen nationalen Armeen sollte nach Ansicht der Fraktion intensiviert werden. Das würde dazu führen, dass die Bundeswehr nicht mehr alle militärischen Fähigkeiten vorhalten müsse. Das gleiche gelte auch für die Beschaffung von Rüstungsgütern.

Die SPD-Fraktion sprach sich ebenfalls für das Ziel einer gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik aus. Sie könne Europa nach vorne bringen, hieß es. Allerdings sorgten sich die Sozialdemokraten um die Zukunft des Parlamentsvorbehalts. Auch die Linksfraktion fragte, wie schnellere Eintrittsoperationen der Battlegroups mit dem Parlamentsvorbehalt zu vereinbaren seien.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen forderte, die vom Bundesverteidigungsministerium begonnene Ausarbeitung einer neuen deutschen Sicherheitsstrategie ("Weißbuch") mit der Arbeit an einer europäischen Sicherheitsstrategie zu koordinieren. Beide müssten gemeinsame Antworten finden auf neue sicherheitspolitische Herausforderungen, etwa die Zunahme hybrider Kriegsführung.

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3. Lob für Aktienrechtsnovelle

Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz

Berlin: (hib/SCR) Die von der Bundesregierung vorgelegte Aktienrechtsnovelle 2014 (18/4349) ist bei Experten auf positive Resonanz gestoßen. Bei einer Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am Mittwochnachmittag äußerten die meisten Sachverständigen Lob für die zahlreichen Regelungen in dem Gesetzentwurf, mahnten aber einzelne Nachbesserungen sowie Reformen im Bereich des Beschlussmängelrechts und des so sogenannten Delistings an. Die Aktienrechtsnovelle zielt unter anderem darauf ab, die Finanzierung von Aktiengesellschaften zu flexibilisieren und Stichtagsregelung für Inhaberaktien einzuführen.

Henning Bergmann vom Deutschen Sparkassen- und Giroverband begrüßte im Namen der Deutschen Kreditwirtschaft den Entwurf. Insbesondere die Neureglung des Stichtages bei Namensaktien sei sinnvoll und mit 21 Tagen auch ausreichend, um den Schutz der Aktionäre sicherzustellen. Auch die Neuregelung, stimmenrechtlose Vorzugsaktien künftig auch zur Bildung von Kernkapital heranziehbar zu machen, sei sinnvoll und nach Basel III auch geboten. Bergmann regte allerdings Änderungen im Detail an.

In Bezug auf die im Gesetzentwurf neu vorgesehene Möglichkeit für Gesellschaften, Wandelschuldverschreibungen in Anteile am Grundkapital umzuwandeln, mahnte Mathias Habersack, Rechtswissenschaftler von der Ludwig-Maximilians-Universität München, mehr Klarheit an, da es sich um einen "sensiblen" Bereich handele. Der Entwurf sei im Übrigen "sehr gelungen". Massiven Nachbesserungsbedarf sah Habersack im Beschlussmängelrecht, schränkte aber ein, dass dies wohl nicht mit der Novelle zu machen sei.

Habersack forderte den Gesetzgeber auch dazu auf, sich mit dem Problem des sogenannten Delistings zu beschäftigen. Dabei handelt es sich um den Vorgang, wenn ein Unternehmen sich von der Börse zurückzieht. Dem schlossen sich auch Ulrich Noack, Rechtswissenschaftler von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, und Jens Koch, Rechtswissenschaftler von der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn an. Ähnliches hatte auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme zu dem Gesetz angeregt. Koch verwies allerdings darauf, dass im Gegensatz zu den Regelungen in der vorliegenden Aktienrechtsnovelle die Meinungen zum Umgang mit Delisting in der Wissenschaft noch nicht eindeutig seien. Hier müsse zunächst noch Vorarbeit geleistet werden, bevor der Gesetzgeber tätig werden könne.

Das "Spannungsfeld" zwischen Verschwiegenheits- und Auskunftspflicht, in das Vertreter von Gebietskörperschaften treten, wenn sie Aufsichtsämter in Unternehmen wahrnehmen, an denen auch die Körperschaften beteiligt sind, thematisierte Bochums Stadtkämmerer Manfred Busch. Er regte eine Klarstellung in den entsprechenden Paragrafen an.

Winfried Wegmann vom Bundesverband der Deutschen Industrie zeigte sich mit dem Entwurf ebenfalls zufrieden. Er gab den Abgeordneten mit, über die sogenannte Cooling Off-Periode, eine Karenzzeit für den Wechsel von einem Vorstands- in ein Aufsichtsratsamt, nachzudenken. Diese führe dazu, dass Unternehmen Erfahrungen und Wissen verloren gingen. Denkbar sei, nur für bestimmte Positionswechsel, zum Beispiel von der Spitze des Vorstands an die Spitze des Aufsichtsrates, eine solche Wartezeit einzuführen.

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4. 50 Jahre diplomatische Beziehungen zu Israel

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD dringen darauf, die "herausragenden Beziehungen und politischen Verbindungen" zwischen Deutschland und Israel zu vertiefen und zu fördern. In einem Antrag (18/4803) anlässlich des 50. Jahrestages der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen beiden Staaten fordern die Abgeordneten die Bundesregierung unter anderem auf, "weiterhin für die Existenz des Staates Israel und seine legitimen Sicherheitsinteressen als ein zentrales Prinzip der deutschen Außenpolitik einzutreten" und sich Antisemitismus "ob in Deutschland, Europa oder der Welt" entschieden entgegenzustellen. Die Bundesregierung soll dafür Sorge tragen, dass die Erinnerung an die Shoah und die damit einhergehende historische Verantwortung in der Bevölkerung, vor allem unter den jüngeren Deutschen, weiterhin fortbesteht. "Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der Tatsache, dass es immer weniger Zeitzeugen gibt, von großer Bedeutung", heißt es in dem Antrag.

Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung außerdem auf, "sich weiterhin intensiv für den Frieden im Nahen Osten einzusetzen mit dem Ziel der Etablierung von zwei lebensfähigen Staaten in einem sicheren Umfeld mit einem Staat Israel in anerkannten und dauerhaft sicheren Grenzen sowie einem unabhängigen, demokratischen und lebensfähigen palästinensischen Staat, die Seite an Seite in Frieden und Sicherheit leben". Auch die noch engere Zusammenarbeit bei Bildung, Wissenschaft und Forschung, Umweltfragen und beim Jugendaustausch gehört zum Forderungskatalog. "Die Wissenschaft hat zwischen Deutschland und Israel Brücken gebaut zu einer Zeit, in der auf politischer Ebene hieran noch nicht zu denken war", schreiben die Abgeordneten.

Der Antrag steht am morgigen Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums.

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5. Deutsche Verantwortung für Israel

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen setzt sich für das "unverhandelbare Existenzrecht und die legitimen Sicherheitsinteressen des Staates Israel" ein. In ihrem Antrag (18/4818) aus Anlass des 50. Jahrestages der Aufnahme von diplomatischen Beziehungen zwischen Israel und Deutschland fordern die Abgeordneten die Bundesregierung auf, "sich weiterhin dem Gedenken an die Shoa und der Verantwortung Deutschlands für Israel zu verpflichten und für die Fortsetzung der Erinnerungsarbeit und der notwendigen Entschädigungsleistungen und verwandter Leistungen für die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgungs- und Vernichtungspolitik Sorge zu tragen". Zudem soll die Bundesregierung sich "mit Nachdruck für Friedensgespräche und für die Umsetzung einer Zwei-Staaten-Regelung" zwischen Israel und Palästina stark machen und sich "gegenüber allen Akteuren der Region" dafür einsetzen, dass diese das Existenzrecht Israels anerkennen. Außerdem sollen nach dem Willen der Abgeordneten die bilateralen Beziehungen zwischen Deutschland und Israel weiter vertieft werden: Dazu gehörten nicht nur die diplomatischen und parlamentarischen Beziehungen, sondern insbesondere auch der Austausch in Wissenschaft, Kultur, Versöhnungs- und Begegnungsarbeit sowie der Jugendaustausch.

Der Antrag steht am morgigen Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums.

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6. Beziehungen zwischen EU und Lateinamerika

Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Fraktion Die Linke fordert im Vorfeld des EU-Lateinamerikagipfels im Juni eine "Neuausrichtung der wirtschaftlichen Beziehungen" zwischen den beiden Kontinenten. Die Lateinamerika-Strategie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung lege den Schluss nahe, "dass die Bundesregierung weiterhin nicht bereit ist, die verstärkte Zusammenarbeit von Ländern des Südens und ihr wachsendes Gewicht gegenüber den Ländern des Nordens als eine positive Entwicklung in der internationalen Politik wahrzunehmen", heißt es in einem Antrag der Fraktion (18/4799), der am morgigen Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Darin fordern die Abgeordneten die Bundesregierung auf, "sich für eine grundsätzliche Neuausrichtung der Handelspolitik der EU gegenüber Lateinamerika einzusetzen, die komplementären Austausch an die Stelle von Verdrängungswettbewerb setzt, auf Liberalisierungs- und Privatisierungsforderungen verzichtet" und die auf Regulierung statt Liberalisierung von Finanzmärkten setzt. Zudem solle die Bundesregierung "die positive Rolle lateinamerikanischer Staaten bei der Stärkung globaler Süd-Süd-Kooperationen" hervorheben, "auf den Export von veralteten Konzepten" wie Öffentlich Privaten Partnerschaften (ÖPP) verzichten und "sich nicht an der Privatisierung oder Teil-Privatisierung von Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge zu beteiligen".

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 239 - 6. Mai 2015 - 18.15 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 8. Mai 2015

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