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BUNDESTAG/5596: Heute im Bundestag Nr. 110 - 24.02.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 110
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mi., 24. Februar 2016, Redaktionsschluss: 09.53 Uhr

1. Ausschuss macht Weg für Asylpaket frei
2. Streit über Schutz gefährdeter Flüchtlinge
3. Bildung einer Rettungsgasse bei Unfällen
4. Fracking-Technik soll verboten werden


1. Ausschuss macht Weg für Asylpaket frei

Inneres/Ausschuss

Berlin: (hib/STO) Der Innenausschuss hat grünes Licht für das sogenannte Asylpaket II der schwarz-roten Regierungskoalition gegeben. Gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen billigte das Gremium am Dienstagabend den entsprechenden Gesetzentwurf der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion "zur Einführung beschleunigter Asylverfahren" (18/7538).

Danach sollen bestimmte Asylbewerber wie etwa Antragsteller aus sicheren Herkunftsstaaten in besonderen Aufnahmeeinrichtungen untergebracht werden können und ihre Verfahren innerhalb von maximal drei Wochen durchgeführt werden. Für die Dauer des Verfahrens und im Fall einer Einstellung oder Ablehnung auch bis zur Ausreise oder Rückführung soll ihr Aufenthalt auf den Bezirk der Ausländerbehörde begrenzt werden, in dem die zuständige Aufnahmeeinrichtung liegt.

Ferner sollen der Vorlage zufolge "Abschiebungshindernissen aus vermeintlich gesundheitlichen Gründen" abgebaut werden. Danach sollen "grundsätzlich nur lebensbedrohliche und schwerwiegende Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, die Abschiebung des Ausländers hindern können". Zudem sollen qualifizierte Kriterien geschaffen werden, denen eine ärztliche Bescheinigung genügen muss, um eine Erkrankung des Ausländers glaubhaft zu machen. Darüber hinaus soll der Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten für zwei Jahre ausgesetzt werden.

Die CDU/CSU-Fraktion betonte in der Ausschusssitzung, dass in der Anhörung zu dem Gesetzentwurf Vorwürfe hinsichtlich der Rechtmäßigkeit der Neuregelung entkräftet worden seien. Mit dem Gesetz leiste man einen Beitrag, die Verfahren zu beschleunigen und den Zugang zu reduzieren.

Die SPD-Fraktion wandte sich gegen Kritik, dass es zu der Vorlage einen Mangel an Beratungsmöglichkeiten gegeben habe. Man müsse nun im Gesetzesvollzug sehen, wie die Regelungen wirkten.

Die Fraktion Die Linke bemängelte, dass das Gesetzgebungsverfahren im Bundestag "durchgepeitscht" werden solle. Sie wandte sich entschieden gegen die geplanten beschleunigten Verfahren sowie die Einschränkungen beim Familiennachzug und kritisierte zudem, dass die Standards bezüglich der Abschiebungshindernisse bei kranken Flüchtlingen gesenkt werden sollten.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen lehnte den Gesetzentwurf ebenfalls "in Gänze" ab. Sie verwies unter anderem darauf, dass die von den Einschränkungen beim Familiennachzug betroffenen Familien nach Darstellung mehrerer Sachverständiger wahrscheinlich länger als zwei Jahre getrennt sein werden.

Ebenfalls gegen die Stimmen der Opposition verabschiedete der Ausschuss zudem einen Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern (18/7537) in modifizierter Fassung. Ziel des Gesetzentwurfes ist es zudem, Asylsuchenden, die Straftaten begehen, konsequenter die rechtliche Anerkennung als Flüchtling zu versagen. Dem Entwurf zufolge soll das Interesse des Staates an einer Ausweisung künftig bereits dann schwer wiegen, wenn ein Ausländer wegen Straftaten "gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum" oder wegen Widerstand gegen Polizisten zu einer Freiheitsstrafe - auch auf Bewährung - verurteilt worden ist und die Tat mit Gewalt oder List oder unter Androhung von Gefahr für Leib oder Leben begangen wurde. Beträgt die Freiheitsstrafe für solche Taten - unabhängig ob zur Bewährung ausgesetzt oder nicht - mindestens ein Jahr, soll das Ausweisungsinteresse als "besonders schwerwiegend" gewichtet werden. Asylsuchenden soll bei einer solchen Verurteilung zur einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr die Rechtsstellung als Flüchtling versagt werden können, weil sie wegen der begangenen Delikte eine "Gefahr für die Allgemeinheit bedeuten".

Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen hatte der Ausschuss zuvor einen Änderungsantrag der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion zu dem Gesetzentwurf angenommen. Danach sollen die für die Einleitung eines Strafverfahrens zuständigen Stellen unverzüglich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von einer Anklageerhebung wegen der genannten Delikte und Tatmodalitäten zu unterrichten haben, wenn eine Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr zu erwarten ist. Eine solche Unterrichtungspflicht soll auch bei Anklageerhebungen gelten, bei denen eine Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren zu erwarten ist, sowie bei der Erledigung entsprechender Strafverfahren.

Beide Gesetzentwürfe stehen am Donnerstagvormittag zur abschließenden Beratung auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums.

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2. Streit über Schutz gefährdeter Flüchtlinge

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Ausschuss

Berlin: (hib/AW) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist mit ihrer Initiative für einen besseren Schutz besonders gefährdeter Flüchtlinge wie Frauen, Kinder oder Homosexuelle im Familienausschuss gescheitert. Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD lehnte der Ausschuss den entsprechenden Antrag (18/6646) gegen das Votum der Linksfraktion und der Grünen am Dienstag Abend ab. Der Bundestag wird über den Antrag im Rahmen der Beratungen über das Asylpaket II am Donnerstag abschließend abstimmen.

Die Grünen hatten argumentiert, dass gemäß der EU-Aufnahmerichtlinien bei der Unterbringung von Asylsuchenden und Flüchtlingen in Erstaufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften geschlechts- und altersspezifische Aspekte berücksichtigt und geeignete Maßnahmen ergriffen werden müssen, um sexuelle Übergriffe und Belästigungen zu verhindern. Die Einrichtung von Gemeinschaftsunterkünften müsse an eine Betriebserlaubnis gebunden werden und den Trägern ein angemessener Zeitraum zur Erfüllung der Auflagen eingeräumt werden. Es sei peinlich, monierten die Grünen, dass die Bundesregierung nicht einmal die Empfehlungen des Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauch, Johannes-Wilhelm Rörig, umsetze.

Union und SPD bestätigten zwar übereinstimmend, dass sie das Anliegen der Grünen prinzipiell unterstützten, dem Antrag wollten sie dennoch nicht zustimmen. Länder und Kommunen seien im Rahmen ihrer Möglichkeiten bei der getrennten Unterbringung von Frauen und Männern bereits auf einem guten Weg, hieß es aus der Unionsfraktion. In Berlin sei beispielsweise jetzt auch eine Unterkunft für homosexuelle Flüchtlinge eröffnet worden, um diese vor Übergriffen zu schützen. Sie verwies zudem auf das Hilfetelefon für Frauen, die von Gewalt und Übergriffen betroffen seien. Beim Hilfetelefon stünden Dolmetscher für 15 Sprachen bei Bedarf zur Verfügung. Die Anstrengungen des Bundes, der Länder und Kommunen müssten gewürdigt werden. Die Probleme müssten vorrangig vor Ort gelöst werden. Die Sozialdemokraten verwiesen auf das Projekt des Familienministeriums, in dessen Rahmen KfW-Kredite im Umgang von 200 Millionen Euro für die Errichtung spezieller Schutzräume für Schutzbedürftige zur Verfügung gestellt würden. Zudem hab das Ministerium auch in Zusammenarbeit mit Unicef ein Konzept zum besseren Schutz von Frauen und Kindern in den Unterkünften erarbeitet.

Die Linke hingegen unterstütze das Anliegen der Grünen. Immer wieder käme es zu gewaltsamen und sexuellen Übergriffen auf Kinder und Frauen in den Unterkünften. Vor allem Notunterkünfte böten keinen ausreichenden Schutz. Das Argument, Länder und Kommunen seien angesichts der hohen Flüchtlingszahlen überfordert, habe man im vergangenen Jahr noch akzeptieren können, jetzt aber nicht mehr.

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3. Bildung einer Rettungsgasse bei Unfällen

Petitionsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Der Petitionsausschuss unterstützt Bemühungen, die Bildung einer Rettungsgasse bei Unfällen auf deutschen Straßen und Bundesautobahnen zu erleichtern. Während der Sitzung am Mittwochmorgen beschlossen die Abgeordneten daher einstimmig, eine dahingehende Petition dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur als Material zu überweisen und den Landesparlamenten zuzuleiten. Zugleich machte der Ausschuss deutlich, dass Teile der Petition, wie etwa die Forderung nach einem Überholverbot für Lkw ab 3,5 Tonnen bei Staubildung, nach Hinweisschilder für ausländische Verkehrsteilnehmer oder dem Einsatz von sogenannten Dashcams zur Beweissicherung keine Unterstützung finden.

Wie aus der Begründung zur Beschlussempfehlung des Ausschusses hervorgeht, ist schon jetzt in der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) geregelt, dass auf Bundesautobahnen und Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen in der Mitte der Richtungsfahrbahn eine frei Gasse gebildet werden müsse, wenn der Verkehr stockt. So solle gewährleistet werden, dass bei Verkehrsunfällen Fahrzeuge der Polizei, des Rettungsdienstes und Abschleppfahrzeuge zur Unfallstelle gelangen können.

Wer gegen diese Pflicht verstößt, so schreibt der Ausschuss weiter, begehe entsprechend der StVO eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldbuße geahndet werden könne, die in der Regel bei 20 Euro liege. Eine deutliche Anhebung der Regelgeldbuße bewerten die Abgeordneten als "rechtlich bedenklich". Insbesondere in einer besonders komplexen Situation oder bei stockendem Verkehr könne dem einzelnen Fahrzeugführer oftmals kein großer Tatvorwurf gemacht werden, heißt es in der Vorlage.

Mit Blick auf die Forderung nach mehr Informationskampagnen, macht der Ausschuss darauf aufmerksam, dass die Bildung der Rettungsgasse in Deutschland bereits seit dem Jahr 1982 Pflicht und das "Verhalten gegenüber Sonderfahrzeugen" seitdem Bestandteil der Fahrschüler-Ausbildungsordnung sei. Das angesprochene Überholverbot für Lkw ab 3,5 Tonnen bei Stau wird ebenfalls kritisch bewertet. Ein solches Verbot würde dem Fahrzeugführer nach Ansicht der Abgeordneten "in unzumutbarer Weise einen Beurteilungsspielraum einräumen". Schließlich lasse sich der Begriff "Stau" im Straßenverkehrsrecht nicht legal definieren.

Nicht zu folgen vermag der Petitionsausschuss auch der Forderung nach Aufstellung von entsprechenden Hinweisschildern für ausländische Autofahrende. Diese hätten sich vor ihrer Einreise über die hier geltenden Verkehrsregeln zu informieren.

Was die Forderung angeht, Einsatzkräfte zur Beweissicherung mit Kameras auszustatten, so stellt der Ausschuss fest, dass der Einsatz sogenannter Dashcams sich nach dem Bundesdatenschutzgesetz richte und "nicht grundsätzlich verboten ist". Eine Entscheidung über ihren Einsatz könne aber nicht generell getroffen werden, sondern müsse sich immer am Einzelfall orientieren und die jeweiligen Umstände der Situation miteinbeziehen.

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4. Fracking-Technik soll verboten werden

Wirtschaft und Energie/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/HLE) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen strebt ein Verbot der Fracking-Technik in Deutschland an und hat dazu den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bundesberggesetzes zur Untersagung der Fracking-Technik (18/7551) vorgelegt. Damit soll das Verbot des Einsatzes dieser Technik zur Aufsuchung und Gewinnung von Kohlenwasserstoffen im Bundesrecht verankert werden. Ziel des Gesetzes sei der Schutz von Umwelt und Menschen vor den durch Fracking verursachten Gefährdungen sowie die Umstellung auf eine das Klima und die Umwelt schonende Energieversorgung, erläutern die Abgeordneten in der Begründung des Gesetzentwurfs.

Wie im Entwurf weiter erklärt wird, bezeichnet das Fracking-Verfahren eine Technik, mit der künstliche Risse im Gestein geschaffen werden, indem unter hohem Druck ein Gemisch aus Wasser, Quarzsand und teils giftigen Chemikalien in eine Horizontalbohrung gepresst werde. Diese Technik bringe eine Reihe von Gefahren für Umwelt und Gesundheit mit sich. Dazu gehörten Verunreinigungen des Grundwassers, Bodenabsenkungen und Erdbeben sowie die ungeklärte Frage der Entsorgung giftiger Abwässer. Die Erdgasförderung stehe zudem im Verdacht, für Gesundheitsprobleme wie zum Beispiel erhöhte Krebsraten, ein erhöhtes Frühgeburtsrisiko oder Herzprobleme hervorzurufen. Verschiedene Gutachten würden auf eine Vielzahl von Risiken durch das Fracking hinweisen. "Das Risiko, Böden, Trinkwasservorräte und die Gesundheit der betroffenen Bevölkerung schwer und dauerhaft durch den Einsatz der Fracking-Technik zu beeinträchtigen, rechtfertigt insbesondere nicht die Förderung vergleichsweiser geringer Erdgas- und Erdölmengen. Die mit dem Einsatz der Fracking-Technik unweigerlich einhergehende Verlängerung des fossilen Zeitalters steht im Widerspruch zu den Klimazielen des Paris-Abkommens zur Begrenzung des Klimawandels auf deutlich unter zwei Grad Celsius", heißt es in dem Gesetzentwurf.

Die Abgeordneten kritisieren Bundesregierung und Koalition, denen es bisher nicht gelungen sei, eine Einigung über ihren am 23. April 2015 eingebrachten Gesetzentwurf zur Regelung der Fracking-Technik herzustellen. Weder hätten Ausschüsse über Erkenntnisse aus den Expertenanhörungen abschließend beraten noch sei eine Entscheidung des Bundestages erfolgt. "Dieser Zustand ist unhaltbar. Der derzeit herrschende politische Stillstand ist auf Grund der damit verbundenen Rechtsunsicherheiten für alle Betroffenen nicht vertretbar", wird kritisiert und gefordert: "Wir brauchen endlich ein eindeutiges Verbot der Fracking-Technik in Deutschland, um den Anforderungen an den Schutz von Umwelt und betroffenen Menschen gerecht zu werden."

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 110 - 24. Februar 2016 - 09.53 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Februar 2016

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