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BUNDESTAG/5742: Heute im Bundestag Nr. 256 - 03.05.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 256
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Dienstag, 03. Mai 2016, Redaktionsschluss: 13.06 Uhr

1. Zu wenig Mittel für Palästinenser-Hilfe
2. Türkei: Rückschritte bei Pressefreiheit
3. Neue Zähler für 1,3 Millionen Haushalte
4. Nutzungszweck muss angegeben werden
5. Rüstungsexporte und Nullbescheide
6. Kenntnisse über Verein Turan e. V.


1. Zu wenig Mittel für Palästinenser-Hilfe

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Zwischen 2012 und 2014 haben sich insgesamt 473.733 Menschen neu beim Hilfswerk der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) registrieren lassen. Wie aus einer Antwort der Bundesregierung (18/8201) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/8001) hervorgeht entfiel der Hauptanteil dieser Registrierungen auf Jordanien, gefolgt von Syrien und dem Westjordanland. Das UN-Hilfswerk könne dank eines Netzwerks von mehr als 4.000 lokalen Mitarbeitern in syrischen Gebieten, in denen palästinensische Flüchtlinge ansässig sind (Damaskus, Hama, Homs, Latakia, Aleppo und Dera'a) regelmäßige Nothilfe leisten.

Das Hilfswerk schätze, dass rund 430.000 palästinensische Flüchtlinge in Syrien von UNRWA-Hilfsleistungen abhängig sind, um ihre humanitären Grundbedarfe zu decken, schreibt die Bundesregierung. 2015 habe sich der UNRWA-Hilfsaufruf für Syrien auf rund 415 Millionen US-Dollar belaufen, wovon allerdings nur 54 Prozent durch Geberbeiträge gedeckt worden seien. "Auf Grund dieser Unterfinanzierung passte UNRWA ihr Programm an", heißt es in der Antwort weiter. Zu den größten Gebern für sämtliche UNRWA-Hilfen in Jordanien, Libanon, Syrien, Westjordanland und Gaza gehörten den Angaben zufolge 2015 die USA (rund 381 Millionen US-Dollar), die EU (rund 137 Millionen US-Dollar), Großbritannien (knapp 100 Millionen US-Dollar), Saudi-Arabien (96 Millionen US-Dollar) und Deutschland (knapp 92 Millionen US-Dollar).

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2. Türkei: Rückschritte bei Pressefreiheit

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/EB) In der Türkei unterliegen Meinungs- und Pressefreiheit zunehmenden Einschränkungen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (18/8217) auf eine Kleine Anfrage (18/7933) der Fraktion Die Linke hervor. Seit Verabschiedung des Türkei-Fortschrittsbericht der Europäischen Kommission im November 2015 habe sich die Situation von Medien und Journalisten dort weiter verschlechtert.

Insgesamt 29 Journalisten befinden sich derzeit in der Türkei in Haft oder Untersuchungshaft, heißt es in der Antwort. Den meisten von ihnen würde vorgeworfen, dass sie terroristische Organisationen unterstützen. Dazu zähle die türkische Regierung insbesondere die Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) sowie Anhänger des Predigers Fethullah Gülen.

Seit Amtsantritt von Präsident Recep Tayyip Erdogan im August 2014 seien 1845 Klagen wegen Präsidentenbeleidigung erhoben worden. Über die genaue Anzahl der davon betroffenen Journalisten würden der Bundesregierung keine Kenntnisse vorliegen. Jedoch geht aus der Antwort hervor, dass sie insbesondere das Vorgehen gegen das Verlagshaus der Tageszeitung "Zaman" sowie gegen den ehemaligen Chefredakteur der Tageszeitung "Cumhuriyet" und seinen Ankara-Vertreter mit Sorge betrachte. Die Redakteure Can Dündar und Erdem Gül seien wegen "Spionage, Offenlegung von Staatsgeheimnissen und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung" angeklagt. Der Prozessauftakt am 25. März sei vom deutschen Botschafter in der Türkei beobachtet worden.

Die Einschränkungen der Meinungsfreiheit beträfen die Kopenhagener Kriterien, bei denen der EU-Fortschrittsbericht insgesamt eine Verlangsamung des Reformtempos festgestellt habe. Die Kopenhagener Kriterien sind politische und wirtschaftliche Voraussetzungen, die EU-Beitrittskandidaten erfüllen müssen, um den EU-Vollmitgliedsstatus zu erhalten.

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3. Neue Zähler für 1,3 Millionen Haushalte

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Rund 1,3 Millionen Haushalte mit einem Jahresstromverbrauch von mehr als 6.000 Kilowattstunden werden angesichts der geplanten Digitalisierung der Energiewende mit intelligenten Stromverbrauchszählern ausgerüstet werden. Dies ergibt sich aus der Antwort der Bundesregierung (18/8218) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/7975). Gemessen an der Gesamtzahl aller Zählpunkte von Haushaltskunden liege der Anteil damit bei rund drei Prozent.

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4. Nutzungszweck muss angegeben werden

Wirtschaft und Energie/Antwort

Berlin: (hib/HLE) Bei der Ausfuhr von Gütern, die sowohl zivil als auch militärisch (Dual Use) verwendet werden können, müssen sowohl der Ausführer als auch der Endverwender den beabsichtigten Nutzungszweck angeben. So müsse der Ausführer im Ausfuhrantrag die beabsichtigte Endverwendung der Dual-Use-Güter beschreiben und angeben, ob es sich beim Empfänger um eine Einrichtung des Militärs oder der Polizei handelt, berichtet die Bundesregierung in ihrer Antwort (18/8219) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/8025). Der Endverwender müsse in einer Endverbleibserklärung den beabsichtigten Nutzungszweck mitteilen.

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5. Rüstungsexporte und Nullbescheide

Wirtschaft und Energie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Wenn es Zweifel gibt, ob für ein Ausfuhrvorhaben Verbote oder Genehmigungspflichten gelten, können exportierende Unternehmen beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle einen "Nullbescheid" beantragen und wissen im Fall einer positiven Nachricht, dass das Ausfuhrvorhaben weder verboten noch genehmigungspflichtig ist. Diese Praxis macht die Fraktion Die Linke zum Thema einer Kleinen Anfrage (18/8177). Die Regierung soll angeben, wie viele dieser Nullbescheide seit 2011 erteilt wurden und ob Nullbescheide auch für Motoren von Kriegsschiffen und Militärfahrzeugen erteilt worden seien.

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6. Kenntnisse über Verein Turan e. V.

Inneres/Antwort

Berlin: (hib/STO) Der Verein "Turan e.V." ist ein Thema der Antwort der Bundesregierung (18/8249) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (18/8071) mit dem Titel "Türkisch-nationalistische Aufzüge". Wie die Bundesregierung darin darlegt, orientiert sich "Turan e.V." ideologisch an der rassistisch-nationalistischen, rechtsextremistischen "Ülkücü"-Ideologie, die das Türkentum als überlegene Rasse versteht und alles Türkische überhöht. Der Begriff "Turan" ist den Angaben zufolge ein zentraler Terminus der "Ülkücü"-Ideologie und bezeichnet ein fiktives Land, in dem alle Türken und Turkvölker zusammenleben sollen. Je nach Auslegung umfasse dieses Land "Turan" ein Gebiet vom Balkan über den Kaukasus bis nach China oder sogar Japan.

Wie aus der Antwort ferner hervorgeht, orientieren sich Anhänger des "Turan e. V." an den Bekleidungs- und Ordnungsregeln von Rockern. Der Verein sei vermutlich im April 2015 gegründet worden; eine Eintragung im Vereinsregister liege nicht vor. Die Gruppierung habe ihren Aktivitätsschwerpunkt in Deutschland in Nordrhein-Westfalen. Über die Mitgliederzahlen liegen der Bundesregierung laut Vorlage keine Erkenntnisse vor.

Die ideologische Orientierung der Gruppierung "Turan e.V." an der "Ülkücü"-Ideologie zeigte sich zuletzt im Zusammenhang mit einer Demonstration am 26. März 2016 in Duisburg, wie die Bundesregierung weiter ausführt. Dort hätten rund 400 Personen unter dem Motto "Wir unterstützen den Anti-Terrorkampf der türkischen Sicherheitsbehörden" demonstriert. Organisiert worden sei die Demonstration vom "Turan e.V.", der zuvor nicht als Organisator solcher Veranstaltungen in Erscheinung getreten sei. Die Teilnehmer seien aus dem gesamten Bundesgebiet angereist, etwa 100 auch aus den benachbarten Niederlanden.

Die Demonstrationsteilnehmer skandierten der Regierung zufolge Parolen wie "Die Märtyrer sind unsterblich, das Heimatland ist unteilbar", "Nieder mit der PKK" und "Unser Ziel ist Turan". Im Demonstrationszug seien Fahnen der Türkei, "Turans" und "Ostturkistans" - im Sprachgebrauch türkischer Rechtsextremisten umfasst dieses Gebiet laut Vorlage das Uigurische Autonome Gebiet Xinjiang in der Volksrepublik China - geschwenkt worden. Immer wieder sei auch der "Wolfsgruß" gezeigt worden, das Erkennungszeichen der rechtsextremistischen "Ülkücü"-Bewegung.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 256 - 3. Mai 2016 - 13.06 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Mai 2016

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