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BUNDESTAG/5796: Heute im Bundestag Nr. 310 - 30.05.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 310
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 30. Mai 2016, Redaktionsschluss: 17.11 Uhr

1. Kritik an komplizierter Vereinfachung
2. Regierung will Legal Highs verbieten
3. Gewässerzustand in Schleswig-Holstein
4. Entwicklung der Stickoxidemissionen


1. Kritik an komplizierter Vereinfachung

Arbeit und Soziales/Ausschuss

Berlin: (hib/CHE) Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zu Vereinfachungen im System der Grundsicherung sorgt in der Summe nicht unbedingt für eine Entlastung der Jobcenter. Diese Befürchtung äußerte eine Mehrheit der Sachverständigen in einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag. Sehr kritisch bewertet wurden außerdem geplante Änderungen bei den sogenannten "temporären Bedarfsgemeinschaften", also auf Grundsicherungsleistungen angewiesenen Alleinerziehenden, deren Kinder sich zeitweise auch bei dem anderen Elternteil aufhalten. Einige Sachverständige äußerten zudem Unverständnis über die Beibehaltung der Sanktionsregeln für Leistungsempfänger, die jünger als 25 Jahre sind. Positiven Anklang fanden dagegen Pläne, den Bewilligungszeitraum für den Bezug von Hartz IV von sechs auf zwölf Monate zu verlängern und die Möglichkeit der nachgehenden Betreuung auch nach dem Wegfall der Hilfebedürftigkeit.

Mit dem Gesetzentwurf für ein Neuntes Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (18/8041) sollen zahlreiche Regelungen des SGB II vereinfacht und neu strukturiert werden. Die Neuregelungen betreffen unter anderem Fragen der Einkommensanrechnung, der Berechnung der Kosten für Unterkunft und Heizung und die Beratung der Leistungsberechtigten. Der Entwurf legt auch fest, dass ein minderjähriges Kind, das sich wechselweise in beiden Haushalten der getrennt lebenden Eltern aufhält, als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft beiden Haushalten für den gesamten Monat angehört. Der Regelsatz des Kindes soll entsprechend der Gesamtzahl der Anwesenheitstage im jeweiligen Haushalt aufgeteilt werden.

Für den Deutschen Städtetag betonte Markus Mempel, dass die Jobcenter dringend mehr Resourcen brauchen, weshalb er den Entwurf grundsätzlich unterstütze. Jedoch sei er nicht "vollkommen glücklich", denn es entstünden durch ihn auch erhebliche bürokratische Mehrbelastungen zum Beispiel durch die Regelung für die "temporären Bedarfsgemeinschaften" und die Beibehaltung der Sanktionen für Leistungsempfänger bis zum Alter von 25 Jahren. Frank Jäger vom Erwerbslosenverein Tacheles e. V. nannte die hier geplanten Änderungen "bürokratischen Irrsinn". Bisher gebe es eine tageweise Abrechnung des Regelsatzes bei Alleinerziehenden nur, wenn beide Elternteile hilfebedürftig seien. Durch die Ausdehnung dieser Methode auch auf Elternpaare, in den nur ein Elternteil SGB-II-Leistungen bezieht, werde die Zahl der Fälle deutlich steigen, sagte Jäger. Stefan Sell, Professor für Sozialpolitik an der Universität Konstanz warnte, die Änderungen würden die Situation von Alleinerziehenden deutlich verschlechtern. Er regte an, einen Unterhaltsmehrbedarf für den umgangsberechtigten Elternteil einzuführen, der SGB-II-Leistungen bezieht.

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) verteidigte dagegen die Sanktionsregeln. Deren Abschaffung würden dem Prinzip des Fördern und Forderns widersprechen und würden die Hilfebedürftigen in der Regel nicht überfordern, sagte BDA-Vertreterin Anna Robra. Für den Deutschen Caritasverband merkte Birgit Fix an, dass die Sanktionierung junger Leistungsempfänger ein "äußerst konfliktträchtiges Verfahren" sei, in dessen Folge viele Jugendliche komplett aus dem System fallen würden. Deren Wiedereingliederung sei oft sehr schwierig, betonte sie. Sowohl BDA als auch Caritasverband wie auch einige andere Sachverständige sprachen sich für die Einführung von Bagatellgrenzen bei Rückforderungen durch die Jobcenter aus, um aufwändige Erstattungsbescheide auch bei Kleinstbeträgen zu vermeiden.

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2. Regierung will Legal Highs verbieten

Gesundheit/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/PK) Mit dem Verbot von sogenannten Neuen psychoaktiven Stoffen (NPS) will die Bundesregierung der zunehmenden Verbreitung dieser Drogen entgegenwirken. Die in immer neuen chemischen Varianten auf den Markt gebrachten Stoffe stellten eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit dar, heißt es in dem Gesetzentwurf (18/8579) der Bundesregierung, der jetzt im Bundestag beraten wird.

Mit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10. Juli 2014, wonach bestimmte NPS nicht unter den Arzneimittelbegriff fallen, könnten diese Stoffe in der Regel nicht mehr im Sinne des Arzneimittelgesetzes (AMG) eingeordnet werden. Dadurch sei eine Regelungs- und Strafbarkeitslücke entstanden, die noch nicht in die Anlagen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) aufgenommen worden sei. Es bestehe dringender Handlungsbedarf.

Das Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) sieht ein Erwerbs-, Besitz- und Handelsverbot vor. Zudem soll die Weitergabe solcher Substanzen unter Strafe gestellt werden. Das Verbot bezieht sich auf ganze Stoffgruppen, um eine Verbreitung in immer neuen Varianten zu verhindern.

Die Bundesregierung warnt schon länger vor dem Konsum solcher Substanzen, die auch als "Legal Highs" bezeichnet werden. Die Suchtstoffe werden mitunter als Kräutermischungen, Badesalze, Dünger oder Raumlufterfrischer vertrieben.

Nicht alle "Legal Highs" fallen unter das Betäubungsmittelgesetz, obgleich sie schwere oder gar tödliche Nebenwirkungen entfalten können. So werden die Stoffe in ihrer chemischen Struktur gezielt so verändert, dass sie nicht mehr den Verbots- und Strafvorschriften des BTM unterliegen.

Bei den NPS werden nach Angaben der Regierung bekannte chemische Grundstrukturen von Cannabinoiden, Cathinonen, Phenethylaminen, Tryptaminen und Piperazinen synthetisch abgewandelt, wobei in allen Fällen eine starke Wirkung auf die Psyche erhalten bleibt. Besonders riskant ist der Mischkonsum verschiedener Stoffe.

Wie die Bundesregierung im Herbst 2014 mitteilte, sind seit 2010 insgesamt 503 Vergiftungen und 20 Todesfälle im Zusammenhang mit dem Konsum von NPS bekannt geworden. Typische negative Begleiterscheinungen beim Konsum solcher Stoffe seien Herzrasen, Unruhe, Bewusstlosigkeit und Halluzinationen.

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3. Gewässerzustand in Schleswig-Holstein

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antwort

Berlin: (hib/SCR) 40 von 61 Grundwasserkörper in Schleswig-Holstein befinden sich gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) in einem guten chemischen Zustand. 21 Grundwasserkörper erreichten diesen Zustand aufgrund von Nitratbelastung 2009 nicht. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung (18/8512) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/8330) hervor. Bei 429 von 705 Oberflächenwasserkörpern wurden im Bewirtschaftungsplan 2009 Ausnahmen von der Erreichung der WRRL-Ziele aufgrund des ökologischen Zustandes beantragt. Die Bundesregierung weist in der Antwort darauf hin, dass die Umsetzung der WRRL in die Zuständigkeit der Länder falle.

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4. Entwicklung der Stickoxidemissionen

Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit/Antwort

Berlin: (hib/SCR) Deutsche Kohlekraftwerke haben 2014 175 Kilotonnen Stickoxid ausgestoßen. Der Höchststand seit 2005 wurde laut Umweltbundesamt 2007 mit 199 Kilotonnen erreicht. Dies geht aus einer Antwort der Bundesregierung (18/8540) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/8350) hervor. Daten zu einzelnen Kraftwerken liegen der Bundesregierung demnach nicht vor. Aufsicht und Kontrolle der Kraftwerksemissionen gemäß Bundes-Immissionsschutzgesetz lägen in der Verantwortung der Länder, heißt es in der Vorbemerkung.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 310 - 30. Mai 2016 - 17.11 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 1. Juni 2016

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