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BUNDESTAG/5994: Heute im Bundestag Nr. 508 - 09.09.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 508
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 09. September 2016, Redaktionsschluss: 09.41 Uhr

1. Gefahren bei Stickoxiden umstritten
2. US-Experte attackiert deutsche Firmen
3. Grüne thematisieren Integrationskurse
4. Völkische Siedlerbewegung
5. Salafistische Propaganda thematisiert
6. Zurückweisung minderjähriger Flüchtlinge
7. Islamische Gemeinschaft Milli Görüs


1. Gefahren bei Stickoxiden umstritten

5. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/stu) Die gesundheitlichen Gefahren von Stickoxiden aus Dieselabgasen für die Gesundheit der Bevölkerung ist unter Experten umstritten. Bei einer Anhörung vor dem Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestages sagte Prof. Annette Peters vom Helmholtz Zentrum München am Donnerstag, es gebe zu dem Thema immer mehr Studien und immer mehr Argumente, Stickstoffdioxid (NO2) ernst zu nehmen. Es gebe einen Zusammenhang zwischen einer hohen NO2-Langzeitbelastung sowie Atemwegs- und Herz-Kreislauferkrankungen bis hin zu Todesfällen. Aus Sicht von Peters ist der Effekt klein, aber statistisch belastbar. Die Epidemiologin plädierte für eine Senkung der NO2-Grenzwerte, die in der EU gelten und sich an den Vorgaben der Weltgesundheitsorganisation WHO von 2005 orientieren.

Ähnlich äußerte sich Denis Pöhler, Umweltphysiker von der Universität Heidelberg. Stickoxide seien der Luftschadstoff Nr. 1 in Deutschland und stark toxisch. Pöhler beklagte, es gebe zu wenige Messstationen an stark belasteten Orten in deutschen Städten. Auch habe sich gezeigt, dass Belastung mit Stickoxiden trotz immer strengeren Vorgaben bis zur aktuellen Euro-Norm 6 gleich hoch geblieben sei. Gründe seien unter anderem auch mehr Verkehr und ein erhöhter Anteil von Dieselautos am Verkehrsaufkommen.

Der Münchner Toxikologe Helmut Greim widersprach den Einschätzungen. NO2 habe eine relativ geringe Wirkintensität. Er würde an den Grenzwerten nicht zweifeln. Auch Prof. Thomas Koch vom Karlsruher Institut für Kolbenmaschinen sagte, es seien keine strengeren Grenzwerte nötig. Nach Ansicht von Koch ist die Stickoxidproblematik seit zwei bis drei Jahren technologisch durch moderne Vorrichtungen bei der Abgasnachbehandlung gelöst. Der Diesel sei ein umweltfreundlicher Antrieb und werde es noch lange bleiben. Einig waren sich Koch und Pöhler aber, dass es zu viele Grauzonen für die Autohersteller gebe, um Grenzwerte einzuhalten. Hier hätte man mehr Druck machen können, um Schlupflöcher zu schließen. Koch nannte die Regelungen "wachsweich", etwa zu den sogenannten Thermofenstern. Dabei wird die Abgasreinigung bei niedrigen oder hohen Temperaturen abgeschaltet, angeblich zum Motorschutz.

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2. US-Experte attackiert deutsche Firmen

1. Untersuchungsausschuss (NSA)/Ausschuss

Berlin: (hib/wid) In Deutschland ansässige Technologiefirmen ermöglichen nach den Worten eines IT-Experten aus den USA autoritären Regimen weltweit die Bespitzelung und Überwachung ihrer Bürger. "Deutschland ist nicht unschuldig, auch an Ihren Händen klebt Blut", sagte der Informatiker Christopher Soghoian am Donnerstag in einer Anhörung vor dem 1. Untersuchungsausschuss (NSA).

Der heute 35-jährige gebürtige Kalifornier ist als "Cheftechniker" bei der American Civil Liberties Union (ACLU) tätig, der größten und zweitältesten Bürgerrechtsorganisation in den Vereinigten Staaten. Er gilt als Experte für Angriffe auf das Internet durch Behörden und als Kritiker von Softwarefirmen, die dem Staat die dafür erforderlichen Mittel an die Hand geben. In Deutschland hätten Unternehmen ihren Sitz, die "einige der repressivsten Staaten der Welt" mit Spionagesoftware belieferten, sagte Soghoian. Als Beispiel nannte er die britisch-deutsche Gamma Group. Dem Ausschuss empfahl er, sich bei Gelegenheit die Kundenlisten dieser Firmen anzuschauen.

Zum Verhältnis zwischen Telekommunikationsanbietern und Geheimdiensten in den USA sagte Soghoian, dieses sei seit jeher außerordentlich eng: "Die Telekomfirmen nehmen die Bedürfnisse der Nachrichtendienste sehr ernst und sind ihnen gewogen." Das habe zum Teil historische Gründe aus Zeiten, in denen Telefongesellschaften ein "Arm der Regierung" gewesen seien. Es habe aber auch mit der starken Regulierung zu tun, der die Anbieter in den Vereinigten Staaten unterlägen. Die zuständige Bundesbehörde, die Federal Communications Commission (FCC), die jedes neue Kabel zu genehmigen habe, nutze diese Befugnis, um die Unternehmen auf maximales Entgegenkommen gegenüber Ausspähwünschen der Dienste festzulegen: "Die FCC kann sie geschäftlich fördern oder ruinieren."

Anders liege der Fall von Internet-Unternehmen wie Google, Facebook oder Microsoft. Diese legten dem libertären Geist des Silicon Valley gemäß im Prinzip Wert auf Staatsferne. Ihnen sei aber das Treiben der Geheimdienste im Internet lange Jahre gleichgültig gewesen. Sie hätten lediglich selbst emsig die Daten ihrer Kunden gesammelt. Sie hätten wohl auch die Kosten der Investition in verlässliche Verschlüsselungstechniken gescheut. Dies habe sich erst 2013 nach den Enthüllungen des Geheimdienstkritikers Edward Snowden über die Schnüffelaktivitäten der National Security Agency (NSA) schlagartig geändert: "Egal, was die Sicherheitsleute von Google jetzt wollen, die bekommen alles."

Für Soghoian liegt die Antwort auf rechtsstaatlich bedenklichen Überwachungseifer von Geheimdiensten nicht so sehr in neuen und schärferen Gesetzen wie in der Entwicklung effizienter und wasserdichter Verschlüsselungssoftware. "Die Regulatoren müssen mutig vorgehen und Cybersicherheit über die Bedürfnisse der eigenen Sicherheitsbehörden stellen", forderte er vor dem Ausschuss.

Soghoian räumte ein, dass daraus ein Dilemma erwachsen könne, wenn Terroristen sich mit Methoden der Kryptographie dem Zugriff der Ermittler entzögen: "Die Politik muss eine Entscheidung treffen, wovor man mehr Angst hat, und was man stärker schützen möchte. Wollen wir eine Gesellschaft, in der keine Kommunikation vor der Polizei sicher ist, oder eine Gesellschaft, in der keine Kommunikation überwacht wird." Es gebe im übrigen keine Verschlüsselungstechnik, die nicht mit einigem Aufwand doch zu knacken sei. Nur stiegen dann die Kosten, was die Behörden dazu anhalten werde, auf anlasslose Massenüberwachung zu verzichten und sich auf die wirklichen Verdachtsfälle zu konzentrieren.

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3. Grüne thematisieren Integrationskurse

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen möchte von der Bundesregierung wissen, wie viele Menschen in den Jahren 2015 und 2016 an einem Integrationskurs teilgenommen haben. Ferner erkundigt sie sich in einer Kleinen Anfrage (18/9491) danach, wie hoch die Auslastungsquote der Integrationskurse im Jahr 2016 war. Auch fragt sie unter anderem danach, wann und wie Asylbewerber auf die Möglichkeit hingewiesen werden, schon während des Asylverfahrens an einem Integrationskurs teilzunehmen.

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4. Völkische Siedlerbewegung

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Völkische Siedlerbewegung" lautet der Titel einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/9507). Wie die Fraktion darin schreibt, versuchen Rechtsextreme "seit längerer Zeit, den ländlich gering besiedelten Raum für sich zu vereinnahmen". Wissen will sie, welche spezifischen Gemeinden im ländlichen Raum der Bundesregierung bekannt sind, "die als Siedlungsschwerpunkt von Neonazis und anderen Rechtsextremen zu charakterisieren sind". Auch erkundigt sie sich unter anderem danach, inwieweit die Bundesregierung eine gezielte Strategie von Rechtsextremen hinter ländlicher Siedlungstätigkeit erkennen kann.

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5. Salafistische Propaganda thematisiert

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Um "salafistische Propaganda gegenüber Flüchtlingen" geht es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Die Linke (18/9497). Darin erkundigt sie sich danach, inwiefern Anwerbe- beziehungsweise Beeinflussungsversuche von Salafisten nach Kenntnis der Bundesregierung auf Resonanz unter Flüchtlingen stoßen. Auch will sie unter anderem wissen, für wie hoch die Bundesregierung die Zahl von Salafisten unter Flüchtlingen hält und wie viele Flüchtlinge nach Kenntnis der Regierung von Salafisten erfolgreich angeworben werden konnten.

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6. Zurückweisung minderjähriger Flüchtlinge

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) "Zurückweisungen und Zurückschiebungen durch die Bundespolizei bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen" thematisiert die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in einer Kleinen Anfrage (18/9492). Darin erkundigt sie sich danach, welche Rechtsgrundlage nach Auffassung der Bundesregierung für die Durchführung von Zurückweisungen und Zurückschiebungen unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge einschlägig ist. Auch möchte sie von der Bundesregierung unter anderem wissen, nach welchen Kriterien entschieden wird, ob ein unbegleiteter Minderjähriger zurückgewiesen beziehungsweise zurückgeschoben wird.

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7. Islamische Gemeinschaft Milli Görüs

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/STO) Eine "mögliche Einflussnahme des türkischen Präsidenten Erdogan in Deutschland über Organisationen wie der Islamischen Gemeinschaft Milli Görüs" (IGMG) beschäftigt die Fraktion Die Linke in einer Kleinen Anfrage (18/9504). Darin erkundigt sich die Fraktion danach, inwieweit es nach Kenntnis der Bundesregierung zutrifft, dass die IGMG 323 Moscheen in Deutschland unterhält. Auch möchte sie unter anderem wissen, wie viele Imame in den Moscheen der IGMG in der Bundesrepublik nach Kenntnis der Bundesregierung von der türkischen Religionsbehörde Diyanet entsandt sind beziehungsweise von dieser bezahlt werden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 508 - 9. September 2016 - 09.41 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. September 2016

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