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BUNDESTAG/6022: Heute im Bundestag Nr. 536 - 21.09.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 536
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 21. September 2016, Redaktionsschluss: 17.56 Uhr

1. Konzerndaten werden bald ausgetauscht
2. Horst Köhler fordert neue Afrika-Politik
3. Grüne: Handlungsbedarf beim Waffenrecht


1. Konzerndaten werden bald ausgetauscht

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung wird bald Daten von multinational tätigen Unternehmen mit anderen Staaten austauschen können, um der Ausnutzung unterschiedlicher Steuersätze entgegenzuwirken. Der Finanzausschuss stimmte am Mittwoch dem von der von der Regierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zu der Mehrseitigen Vereinbarung vom 27. Januar 2016 zwischen den zuständigen Behörden über den Austausch länderbezogener Berichte (18/8841) zu. Für den Entwurf stimmten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD sowie die Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen. Die Linksfraktion enthielt sich.

Wie die Bundesregierung erläuterte, würden multinational tätige Unternehmen würden im Vergleich zu national tätigen Unternehmen die unterschiedlichen Steuersysteme der Staaten ausnutzen, um Einkünfte in den Staaten nachzuweisen, die besonders günstige Besteuerungskonditionen bieten würden. "Das schafft die Möglichkeit für multinationale Unternehmen, ihre Steuerlast durch günstige Steuergestaltungen erheblich zu reduzieren." Außerdem werde die Wettbewerbsfähigkeit von nur lokal agierenden Unternehmen beeinträchtigt.

"Auf der Grundlage dieser Vereinbarung sollen zukünftig länderbezogene Berichte ('Country-by-Country Reports') zwischen den Steuerbehörden der Vertragsstaaten ausgetauscht werden", heißt es in dem Gesetzentwurf weiter. Ein solcher Austausch zwischen zwei Vertragsstaaten beginne aber erst dann, wenn beide Vertragsstaaten alle Voraussetzungen erfüllt und zugesichert hätten, die jeweiligen Anforderungen an den Datenschutz zu beachten. Durch die Abgabe der länderbezogenen Berichte und durch den Austausch zwischen den Staaten würden die betroffenen Steuerverwaltungen Informationen über die globale Aufteilung der Erträge und die entrichteten Steuern sowie über weitere Indikatoren der Wirtschaftstätigkeiten der größten international tätigen Unternehmen erhalten. "Dadurch können steuerrelevante Risiken, insbesondere im Bereich der Verrechnungspreise, besser abgeschätzt werden", heißt es im Entwurf. Die Bundesrepublik Deutschland werde zukünftig nicht nur die länderbezogenen Berichte deutscher Konzerne erhalten und auch ins Ausland weitergeben, sondern Deutschland werde auch die länderbezogenen Berichte von großen ausländischen Konzernen erhalten, die im Inland durch Tochtergesellschaften oder Betriebsstätten tätig seien. Bisher wollen sich nach Regierungsangaben 44 Länder an dem Datenaustausch beteiligen.

Die Daten würden nur den Steuerbehörden des jeweiligen Landes übermittelt und nicht veröffentlicht, versicherte die Regierung. Eine Veröffentlichung der Daten lehnte auch die CDU/CSU-Fraktion in der Sitzung ab. Insgesamt bezeichnete die Unionsfraktion den Entwurf als gute Grundlage, Steuervermeidungsstrategien bekämpfen zu können. Auch die SPD-Fraktion sprach von einem "guten ersten Schritt".

Die Fraktion Die Linke sprach von einer überfälligen Maßnahme zur Bekämpfung der Steuervermeidung durch internationale Konzerne. Negativ zu bewerten sei, dass Daten von mittelgroßen Konzernen nicht ausgetauscht würden. Auch für Bündnis 90/Die Grünen handelt es sich bei dem Gesetz um eine "absolute Notwendigkeit". Allerdings verlangte die Fraktion, dass relevante Daten von den Konzernen wie Umsatzangaben veröffentlicht würden. Das seien keine Steuerdaten.

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2. Horst Köhler fordert neue Afrika-Politik

Europa/Ausschuss

Berlin: (hib/JOH) Der afrikanische Kontinent hat nach Ansicht des früheren Bundespräsidenten Horst Köhler alle Chancen, zu einem neuen globalen Wachstumspol zu werden. Voraussetzung dafür seien jedoch neue Antworten von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, betonte der CDU-Politiker am Mittwochnachmittag im Europaausschuss. Unter anderem müsse sich die Europäische Union stärker für Frieden und Sicherheit in Afrika engagieren und ihre Wirtschaftsbeziehungen mit dem Kontinent überarbeiten. Ziel müsse es sein, Wachstum und Beschäftigung zu fördern und Perspektiven für die Jugend zu schaffen.

Konkret schlug Köhler vor, den Privatsektor stärker in die Entwicklungszusammenarbeit einzubeziehen und den Dialog zwischen europäischen und afrikanischen Unternehmern zu fördern. Auch sollte der deutsche und europäische Bankensektor die afrikanischen Staaten beim Aufbau lokaler Finanzstrukturen unterstützen, damit sich die Investitionsbedingungen verbessern könnten. Mit Blick auf die Afrikanische Entwicklungsbank warb der CDU-Politiker vehement für eine Kapitalerhöhung.

Kritik übte Köhler an den Wirtschaftspartnerschaftsabkommen der EU mit Afrika (EPA). Auf afrikanischer Seite sei durch die Verhandlungsführung der Europäer der Eindruck entstanden, diese handelten vor allem aus kurzfristigem Eigeninteresse. Auch hätte es die EU versäumt, die negativen Auswirkungen der europäischen Agrarpolitik zu realisieren.

Um die zunehmende Migration aus Afrika nach Europa in Zukunft einzudämmen, nannte es Köhler essentiell, bessere Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten zu schaffen. Er verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass die Hälfte der afrikanischen Bevölkerung 18 Jahre alt oder noch jünger sei. Zudem werde die Bevölkerung auf dem Kontinent sich bis 2050 nahezu verdoppeln. Biete man diesen Menschen keine Perspektive, werde dies zu Revolten und Migrationswellen ganz neuer Dimension führen, warnte er.

An die Abgeordneten gewandt appellierte Köhler, die Afrika-Politik als Querschnittsaufgabe für alle Politikressorts zu begreifen und die Kontakte auch auf parlamentarischer Ebene zu verstärken. Wichtig sei es zu verstehen, dass der Nachbarkontinent relevant für die europäische und deutsche Zukunft ist.

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3. Grüne: Handlungsbedarf beim Waffenrecht

Inneres/Antrag

Berlin: (hib/STO) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sieht "Handlungsbedarf im Waffenrecht für mehr öffentliche Sicherheit". Die Verfügbarkeit scharfer Schusswaffen habe für die innere Sicherheit erhebliche Bedeutung, schreibt die Fraktion in einem Antrag (18/9674), der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Das hätten auch die jüngsten Ereignisse wieder gezeigt.

Besorgniserregend seien die hohen Zahlen von Tötungsdelikten in Europa, die mit Schusswaffen begangen werden, heißt es in der Vorlage weiter. Zugleich sei der Verbleib von nahezu einer halben Million Schusswaffen, die verloren gegangen oder gestohlen worden seien, in der Europäischen Union ungeklärt. Die Anschläge in Paris auf "Charlie Hebdo" und am 13. November 2015 hätten ebenso wie die Morde in München erneut ein Schlaglicht auf die Notwendigkeit einer effektiven EU-weiten Kontrolle des Waffenhandels geworfen.

In dem Antrag fordert die Fraktion die Bundesregierung auf, einen Entwurf zur Reform des Waffengesetzes vorzulegen, der "regelmäßige qualifizierte Eignungs- und Zuverlässigkeitsprüfungen und entsprechende Kontrollen des privaten Waffen- und Munitionsbestands einschließlich deren Lagerung vorsieht" und "die besondere Missbrauchsgefahr angemessen berücksichtigt, die aus der gleichzeitigen Verfügbarkeit von schussfähigen Waffen und Munition in Privathaushalten resultiert". Auch soll der Gesetzentwurf nach dem Willen der Abgeordneten unter anderem spezielle Vorschriften für die Aufbewahrung von Waffen vorsehen und "die Verwendung von Großkaliberwaffen und Munition mit besonderen Schusswirkungen im Sinne einer erhöhten Durchschlagskraft oder einem gesteigerten Verletzungspotenzials durch Sportschützen" verbieten.

Ferner soll sich die Bundesregierung der Vorlage zufolge "insbesondere auch im Ministerrat der Europäischen Union" unter anderem dafür einzusetzen, dass Privatpersonen die Nutzung halbautomatischer Schusswaffen verboten wird, wenn diese nach objektiven Kriterien besonders gefährlich sind.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 536 - 21. September 2016 - 17.56 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. September 2016

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