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BUNDESTAG/6190: Heute im Bundestag Nr. 704 - 30.11.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 704
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 30. November 2016, Redaktionsschluss: 14.00 Uhr

1. Weg frei für Verkehrswegeplan 2030
2. Neuausrichtung der Türkei-Politik
3. Kein Flüchtingsabkommen mit Ägypten


1. Weg frei für Verkehrswegeplan 2030

Verkehr und digitale Infrastruktur/Ausschuss

Berlin: (hib/HAU) Der Verkehrsausschuss hat die drei Ausführungsgesetze zum Bundesverkehrswegeplan 2030 (BVWP) (18/9350) verabschiedet. In der Sitzung am Mittwoch stimmten die Fraktionen von CDU/CSU und SPD für das von der Bundesregierung vorgelegte Fernstraßenausbaugesetz (18/9523), das Bundesschienenwegeausbaugesetz (18/9524) sowie das Gesetz über den Ausbau der Bundeswasserstraßen (18/9527), in denen die geplanten Projekte und deren Priorisierung aufgeführt sind, jeweils in der durch den Ausschuss geänderten Fassung. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen lehnte die drei Vorlagen ab. Das Fernstraßenausbaugesetz wurde auch von der Linksfraktion abgelehnt, während die Fraktion bei den beiden anderen Entwürfen mit Enthaltung votierte.

Keine Mehrheit fanden Anträge der Oppositionsfraktionen. Die Fraktion Die Linke (18/8075) hatte gefordert, den BVWP zurückzuziehen, weil er nicht darauf ausgelegt sei, die Klimaschutzziele zu erreichen. Die Grünen hatten ein Moratorium gefordert, bis der BVWP zu einem Bundesnetzplan weiterentwickelt sei.

Der Ausschuss hat damit die Beratungen zum Bundesverkehrswegeplan 2030 abgeschlossen. Am kommenden Freitag entscheidet der Bundestag in zweiter und dritter Beratung über die Vorlagen. Der Verkehrsausschuss hatte sich in den vergangenen Wochen intensiv mit dem BVWP sowie den dazu gehörenden Ausführungsgesetzen in mehreren nicht-öffentlichen Sitzungen befasst und insgesamt vier Expertenanhörungen stattfinden lassen. Vergangenen Mittwoch stimmte der Ausschuss dann über mehr als 550 Änderungsanträge ab. In der Sitzung am heutigen Mittwoch gab es allein im Bereich des Fernstraßenausbaugesetzes weitere 25 Änderungsanträge der Koalitionsfraktionen, die alle angenommen wurden.

Vor der Abstimmung im Ausschuss nannte der Vertreter der Unionsfraktion den BVWP eine hervorragende Grundlage, um die Infrastruktur nachhaltig weiterzuentwickeln. Er enthalte eine realistische Zusammenstellung der notwendigen Maßnahmen für die kommenden 15 Jahre. Dabei seien die Prioritäten richtig gesetzt worden - auch bei der Gewichtung der Verkehrsträger, hieß es von Seiten der Unionsfraktion.

Aus Sicht der Linksfraktion hat es hingegen eine deutliche Benachteiligung der Schiene gegeben. So hätten beispielsweise Umwelt- und Nachhaltigkeitsziele bei der Bewertung der einzelnen Projekte keine Rolle gespielt, da sie nicht in den Kosten-Nutzen Faktor einberechnet worden seien, kritisierte die Fraktionsvertreterin.

Die Zweifel an der Plausibilität des Kosten-Nutzen Faktors teilt die SPD-Fraktion nicht, wie deren Vertreter deutlich machte. Mit Blick auf die tatsächliche Verkehrsleistung der drei Verkehrsträger sei in die Schiene sogar überinvestiert worden. Sehr positiv zu bewerten ist aus Sicht des Fraktionsvertreters, dass die in der Grundkonzeption enthaltenen Richtlinien, wie etwa die Festlegung "Erhalt vor Neubau", bis zum Schluss durchgehalten worden seien.

Benötigt werde eine Infrastrukturpolitik aus einem Guss, hieß es von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Der BVWP und seine Ausführungsgesetze seien jedoch ein Sammelsurium von Einzelprojekten, die nicht durchfinanziert seien und so für Frust sorgen würden, sagte die Grünen-Vertreterin. Aus ihrer Sicht kann der BVWP lediglich die Grundlage für den benötigten Bundesnetzplan sein.

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2. Neuausrichtung der Türkei-Politik

Auswärtiges/Antrag

Berlin: (hib/AHE) Die Fraktion Die Linke fordert eine Neuausrichtung der Türkei-Politik. Die bisherige Strategie der Bundesregierung und der Europäischen Union im Rahmen der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei ist gescheitert, heißt es in einem Antrag (18/10472), der am morgigen Donnerstag auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Diese Strategie habe lediglich zur Verschlechterung der Menschenrechtslage in der Türkei geführt. "Auf die blutige Niederschlagung der Proteste im Gezi-Park in Istanbul im Jahr 2013, auf die zunehmende Einschränkung von Meinungs- und Pressefreiheit und auf die Wiederaufnahme des Krieges gegen die kurdische Bevölkerung hatten Bundesregierung und EU nicht mit dem nötigen politischen Druck auf Erdogan reagiert", heißt es weiter. Stattdessen seien die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Öffnung neuer Beitrittskapitel vorangetrieben und mit der Türkei die Erklärung EU-Türkei ("Flüchtlingsdeal") zum Umgang mit den Flüchtlingen, die aus der beziehungsweise über die Türkei in die EU einreisen wollen, abgeschlossen worden.

Die Abgeordneten fordern die Bundesregierung unter anderem auf, sich in der EU für ein Einfrieren der EU-Beitrittsverhandlungen sowie der finanziellen Vorbeitrittshilfen von jährlich rund 630 Millionen Euro und gegen eine Erweiterung der Zollunion mit der Türkei einzusetzen. Die Bundesregierung solle die "Vorgänge in der Türkei klar und unmissverständlich als Weg in die Diktatur" benennen und verurteilen und sich außerdem dafür stark machen, "dass die EU ihren Flüchtlingsdeal mit der Türkei ('Erklärung EU-Türkei'), der die Frage der Visafreiheit mit der Flüchtlingsabschottung koppelt, aufkündigt". Weitere Forderungen zielen auf ein Stopp der Zusammenarbeit mit türkischen Geheimdiensten sowie der deutschen Waffen- und Rüstungsexporte in die Türkei.

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3. Kein Flüchtingsabkommen mit Ägypten

Auswärtiges/Antwort

Berlin: (hib/AHE) Der Bundesregierung sind nach eigener Auskunft keine Pläne auf EU-Ebene zur flüchtlingspolitischen Kooperation zwischen der EU und Ägypten "nach dem Vorbild der EU-Türkei-Erklärung bekannt". Die Europäische Kommission habe im Juni 2016 vielmehr mitgeteilt, mit den Drittstaaten Niger, Nigeria, Senegal, Äthiopien und Mali Migrationspartnerschaften zu verfolgen, heißt es in der Antwort (18/10437) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/10121). Die Bundesregierung setzt sich gleichwohl dafür ein, die migrationspolitische Zusammenarbeit auch mit Ägypten zu intensivieren. "Zum Schutz der EU-Außengrenzen, zur Bekämpfung von Fluchtursachen und für eine bessere Gestaltung und Steuerung von Migration ist es nach Ansicht der Bundesregierung grundsätzlich notwendig, mit Nachbarländern einen Dialog zu führen und die migrationspolitische Zusammenarbeit zu verstärken. Das gilt auch mit Blick auf Ägypten."

Besorgt zeigt sich die Bundesregierung über die menschenrechtliche Lage in Ägypten. "Es gibt zahlreiche Fälle von willkürlichen Verhaftungen, von Haft ohne Anklage und von Prozessen, die rechtsstaatlichen Kriterien nicht genügen", heißt es in der Antwort weiter. Es gebe zudem glaubhafte Berichte über Folter und Misshandlungen in Polizeigewahrsam und von Verschwindenlassen. "Neben den Anhängern der Muslimbrüder geraten zunehmend Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger, Gewerkschaftsvertreterinnen und -vertreter, Journalistinnen und Journalisten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Studentenvertreterinnen und -vertreter, Künstlerinnen und Künstler und friedlich Demonstrierende in den Fokus der Sicherheitsdienste." Menschenrechtsorganisationen seien zudem im Jahr 2016 verstärkt Ziel von repressiven Maßnahmen wie Kontosperrungen, Ausreiseverboten und Ermittlungen geworden.

Die Bundesregierung verweist darauf, dass Ägypten nicht zu den Hauptherkunftsländern der über das Mittelmeer ankommenden Personen gehöre. "Nach Kenntnis der Bundesregierung ist Ägypten bislang hauptsächlich Transitland für Migranten aus anderen afrikanischen Staaten sowie Aufnahmeland von syrischen Flüchtlingen, deren Zahl vom Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) auf etwa 250.000 geschätzt wird", heißt es weiter.

"Für Migrantinnen und Migranten aus Ägypten sind nach Kenntnis der Bundesregierung wirtschaftliche Gründe (Arbeitslosigkeit, niedrige Einkommen und ähnliches) das wichtigste Motiv." Dies gehe auch aus einer im Jahr 2016 veröffentlichten Studie des Nationalen Koordinationskomitees zur Verhütung und Bekämpfung irregulärer Migration der ägyptischen Regierung hervor, in deren Rahmen 1.000 ägyptische Jugendliche befragt worden seien.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 704 - 30. November 2016 - 14.00 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. Dezember 2016

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