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BUNDESTAG/6232: Heute im Bundestag Nr. 746 - 15.12.2016


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 746
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 15. Dezember 2016, Redaktionsschluss: 16.37 Uhr

1. Gabriel Deutschland war kein Bremser


1. Gabriel Deutschland war kein Bremser

5. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/STU) Die Bundesregierung war nach Darstellung von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) Treiber und nicht Bremser bei der Festlegung neuer europäischer Abgasgrenzwerte. Nach dem Bekanntwerden des Dieselskandals bei Volkswagen Mitte September 2015 sei er für eine möglichst schnelle Verabschiedung der Grenzwerte für das für Herbst 2017 geplante Testverfahren auf der Straße gewesen, sagte Gabriel am Donnerstag im Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Die Werte sollten "ehrgeizig, real und umsetzbar" sein.

Die europäischen Staaten hatten sich Ende Oktober 2015 auf neue Grenzwerte für die Straßentests (RDE/Real Driving Emissions) verständigt. Dreh- und Angelpunkt waren die sogenannten Konformitätsfaktoren, die besagen, um wieviel der Labor-Grenzwert auf der Straße überschritten werden darf. Die drei Ressorts Wirtschaft, Umwelt und Verkehr einigten sich auf einen Faktor von 1,95 für die erste Stufe. Am Ende stand in Brüssel ein Faktor von 2,1. Gabriel wertete dies dennoch als Erfolg, weil insbesondere Italien, Tschechien und andere osteuropäische Länder deutlich höhere Werte durchsetzen wollten. Laut Gabriel einigten sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Staatspräsident François Hollande auf 2,1, vor allem, um den italienischen Vorschlag abzuwehren. Der europäische Automobilverband ACEA wollte einen Faktor von über 3,0. "Ein Nachgeben im Sinne der Autoindustrie hat es somit nicht gegeben", betonte Gabriel.

Der Wirtschaftsminister bestritt, vor dem Auffliegen des VW-Skandals etwas von illegalen Abschalteinrichtungen gehört zu haben, mittels derer die Werte auf dem Prüfstand manipuliert werden können. Er habe die Meldungen als alarmierend befunden und bei einem Unternehmen mit der Reputation von VW nicht für möglich gehalten. Gabriel sprach von einer "Zäsur". Das Vertrauen in VW sei in Frage gestellt gewesen, aber auch der Ruf der deutschen Autoindustrie und der Marke "Made in Germany".

Er habe von VW eine rasche und lückenlose Aufklärung gefordert. Die hauptsächliche Ressortzuständigkeit beim Verkehrsministerium stellte Gabriel nicht in Frage. Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte im September 2015 eine Untersuchungskommission eingerichtet, an der andere Ressorts nicht beteiligt waren. Details der Ergebnisse erfuhr das Wirtschaftsministerium erst mit der Veröffentlichung im April 2016. Gabriel hat nach eigener Aussage keine Anhaltspunkte dafür, dass der Bericht geschönt oder gekürzt wurde.

Gabriel war in einer Doppelrolle als Wirtschaftsminister und ehemaliger Umweltminister Zeuge im Untersuchungsausschuss. In letzterer Funktion initiierte sein Haus Felduntersuchungen, um das Auseinanderklaffen der Emissionen im Labor und auf der Straße unter die Lupe zu nehmen. Im Konzept sei als Option enthalten gewesen, einem möglichen Verdacht auf Abschalteinrichtungen nachzugehen. Warum das nicht getestet worden sei, wisse er nicht. Die Feldüberwachungen lagen nach Gabriels Amtszeit als Umweltminister.

Gabriel stellte sich generell hinter die Dieseltechnologie. Man sei nicht klug beraten, eine Weiterentwicklung des Diesels nicht für möglich zu halten und dessen Beitrag zum Klimaschutz zu unterschätzen. Der Minister wandte sich dagegen, Daten für ein Ende von Verbrennungsmotoren zu nennen, wie es der Bundesrat getan hat. Gleichwohl müsse die Elektromobilität vorangebracht werden. Es werde der Tag kommen, an dem die chinesische Regierung Städte für Verbrennungsmotoren sperre.

Nach Gabriel war Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) im Ausschuss geladen. Auch Altmaier hat von illegalen Abschalteinrichtungen erst durch einen Botschaftsbericht aus Washington zum Fall VW am 18./19. September 2015 erfahren, wie er aussagte. Mit dem Auseinanderfallen der Emissionen im Labor und auf der Straße war Altmaier nach eigener Aussage in seiner Zeit als Umweltminister nur einmal befasst. Bei seinem Amtsantritt bei der Deutschen Umwelthilfe (DUH) habe Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch darauf hingewiesen. Resch habe dazu aber keine Unterlagen oder Beweise geliefert. Auch habe die DUH das Thema in der Folge seiner Ministerzeit nicht mehr angesprochen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 746 - 15. Dezember 2016 - 16.37 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. Dezember 2016

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