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BUNDESTAG/6634: Heute im Bundestag Nr. 387 - 21.06.2017


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 387
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 21. Juni 2017, Redaktionsschluss: 15.35 Uhr

1. Finanz-TÜV abgelehnt
2. Fraktionen für Nachhaltigkeit bei Anlagen
3. Fraktionen für bessere Suizidprävention
4. 158.500 Beschäftigte in der Fleischbranche
5. Fischmehlverbrauch in Aquakulturen


1. Finanz-TÜV abgelehnt

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Einen "Finanz-TÜV" für eine obligatorische Zulassungsprüfung für Finanzanlagen soll es nicht geben. Der Finanzausschuss lehnte in seiner Sitzung am Mittwoch einen entsprechenden Antrag der Fraktion Die Linke (18/9709) ab. Für den Antrag stimmte die Fraktion Die Linke, die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD stimmten dagegen, während sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen enthielt. Der "Finanz-TÜV" sollte nach Vorstellung der Linksfraktion über Zulassung oder Nichtzulassung einer Anlage entscheiden und dabei die Zulassung entlang "gesellschaftlicher/volkswirtschaftlicher sowie verbraucherschutzrelevanter Kriterien prüfen". Der "Finanz-TÜV" sollte bei der Europäischen Behörde für Wertpapieraufsicht angesiedelt werden. Nur von diesem "Finanz-TÜV" genehmigte Produkte hätten gehandelt werden dürfen.

In der Aussprache betonte die Unionsfraktion zwar die Notwendigkeit, Finanzprodukte zu regulieren, lehnte jedoch die Einführung eines "Finanz-TÜV" als Überregulierung ab. Eine solche Einrichtung sei nicht praktikabel und könne möglicherweise auch zum Verbot von Produkten führen, die von Anlegern ganz bewusst nachgefragt würden. Zudem suggeriere ein "Finanz-TÜV" eine Sicherheit, die nicht garantiert werden könne. Auch die SPD-Fraktion wies darauf hin, dass der "Finanz-TÜV" nur eine Scheinsicherheit simuliere. Dennoch solle überlegt werden, wie der Anlegerschutz weiter verbessert werden könne.

Die Linksfraktion verteidigte ihren Antrag mit dem Hinweis, auch zehn Jahre nach Beginn der Finanzkrise sei die Schaffung eines "Finanz-TÜV" sinnvoll und notwendig. Dies gelte auch, obwohl die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zusätzliche Kompetenzen erhalten habe. Kleinanleger hätten viel Geld verloren, erklärte die Fraktion. "Ein Finanz-TÜV würde dafür sorgen, dass für Verbraucherinnen und Verbraucher schädliche beziehungsweise hochriskante Kapitalanlagen nur schwerlich in deren Hände gerieten", begründen die Abgeordneten ihren Antrag. Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erklärte, es sei unklar, ob es nur um eine Zulassungskontrolle oder auch um laufende Kontrollen gehe. In diesem Punkt seien Konkretisierungen erforderlich. Eine einmalige Zulassung dürfe nicht den Anschein erwecken, dass ein Finanzprodukt immer geeignet sei.

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2. Fraktionen für Nachhaltigkeit bei Anlagen

Finanzen/Ausschuss

Berlin: (hib/HLE) Bei Finanzanlagen soll künftig der Grundsatz der Nachhaltigkeit eine größere Bedeutung erhalten. In diesem Ziel waren sich am Mittwoch die Fraktionen im Finanzausschuss einig, auch wenn ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/12381) für eine Finanzwende keine Mehrheit fand. In dem Antrag fordert die Fraktion, bei Finanzanlagen der öffentlichen Hand solle Nachhaltigkeit künftig neben Liquidität, Stabilität und Rendite als gleichberechtigtes Anlagekriterium gelten. "Divestment" müsse bei den großen öffentlichen Rücklagenportfolios sichergestellt werden. Für den Antrag votierte neben der Fraktion Bündnis 90/die Grünen auch die Fraktion Die Linke, die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD lehnten ab.

In der Aussprache wies der Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen darauf hin, dass die Debatte über die Nachhaltigkeit bei Finanzanlagen mit großer Intensität geführt werde. Als Beispiel nannte er eine Nachhaltigkeitsinitiative der Deutsche Börse AG, an der sich Banken und Umweltorganisationen beteiligen und die sich für nachhaltige Infrastrukturen auf dem Finanzmarkt einsetzt. Mehrere Finanzunternehmen hätten angekündigt, nicht mehr in Kohle-Anleihen investieren zu wollen. "Wir haben eine Nachhaltigkeitsstrategie, aber bei Geldanlagen tun wir so, als gebe es keine", begründete der Sprecher der Fraktion den Antrag.

Darin heißt es, allein beim Fonds für Beamtenpensionen und den Rücklagen der Bundesanstalt für Arbeit müssten Aktien fossiler Unternehmen im Wert von rund 100 Millionen Euro verkauft werden und die Beträge nachhaltig investiert werden. Darüber hinaus fordert die Fraktion, "die anstehende Anlage des Atommüll-Fonds an Nachhaltigkeitskriterien auszurichten und somit nicht in Unternehmen der fossilen Energiewirtschaft zu investieren". Die Bundesregierung wird aufgefordert, "grüne Bundesanleihen" herauszugeben, um nachhaltige Investitionen zu finanzieren. Außerdem soll die Finanzierung von Kohleprojekten durch die staatliche KfW Bank beendet werden Unternehmen sollen über ihre Maßnahmen zur Minimierung von Klimarisiken berichten und Finanzinstitute Nachhaltigkeitsrisiken in ihren Kapitalanlagen und Kreditvergaben benennen. Nach Angaben der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sind derzeit Milliardenbeträge auf den Finanzmärkten in Unternehmen investiert, deren Geschäftsmodell im Wesentlichen auf der Ausbeutung und der Nutzung fossiler Ressourcen beruhe. Wenn es gelinge, die Milliardeninvestitionen aus klimaschädlichen Unternehmen abzuziehen und stattdessen in klimafreundliche Wirtschaftsbereiche zu investieren (Divestment), sei dies ein "zentraler Schlüssel zur Lösung der Klimakrise", begründete die Fraktion ihren Antrag.

Die CDU/CSU-Fraktion betonte ebenfalls das Ziel der Nachhaltigkeit. Notwendig sei aber ein abgestimmtes Vorgehen auch auf europäischer Ebene. Die SPD-Fraktion nahm den Appell auf, dass man sich mehr mit der Nachhaltigkeit befassen müsse. Sie verwies darauf, dass immer mehr Anleger fragen würden, wo ihr Geld investiert werde. Die Linksfraktion unterstützte den Antrag und bezeichnete Nachhaltigkeit bei Finanzanlagen als Teil der Klimaschutzbewegung. So seien etwa Finanzprodukte des Energiekonzerns RWE nicht nur aus Klimaschutzgründen abzulehnen, sondern hätten sich außerdem als verlustreich erwiesen.

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3. Fraktionen für bessere Suizidprävention

Inneres/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/PK) Die Suizidprävention muss nach Ansicht der Fraktionen von CDU/CSU, SPD und Bündnis 90/Die Grünen gezielt gestärkt werden. In Deutschland seien jährlich rund 10.000 Todesfälle auf einen Suizid zurückzuführen. Nach Schätzungen liege die Zahl der Selbstmordversuche sogar zehn Mal so hoch, heißt es in einem gemeinsamen Antrag (18/12782) der drei Fraktionen.

Daher müssten weitere Anstrengungen unternommen werden, um Suizide und Suizidversuche zu verhindern und betroffenen Menschen und Angehörigen frühzeitig Auswege, etwa in Form einer Therapie, aufzuzeigen.

Nach aktuellen Forschungsergebnissen hätten mehr als 90 Prozent der Selbstmörder an einer psychischen Erkrankung gelitten, mehr als 80 Prozent der Opfer seien nicht behandelt worden. Um Suiziden entgegenzuwirken, benötigten Menschen in psychischen Krisen niedrigschwellige und schnelle Hilfe.

Männer verüben den Angaben zufolge deutlich öfter Selbstmord als Frauen. Besonders gefährdet seien Männer im Alter zwischen 45 und 60 Jahren sowie zwischen 70 und 80 Jahren.

Wie es in dem Antrag weiter heißt, leben in Deutschland mindestens 1,5 Millionen Kinder, deren Eltern an einer Psychose oder schweren Depression leiden oder alkohol- beziehungsweise drogenabhängig sind. Hinzu kämen Kinder, deren Eltern unter Angst-, Zwangs und Persönlichkeitsstörungen litten. Diese Kinder hätten durch ihre familiäre Situation ein erhöhtes Risiko, selbst psychische Störungen zu entwickeln.

In der Altersgruppe der 15 bis 29-Jährigen stelle der Suizid eine der häufigsten Todesursachen dar. Der Suizid stehe an zweiter Stelle der Todesursachen junger Männer zwischen 18 und 25 Jahren.

Die Abgeordneten sprechen sich in dem Antrag dafür aus, offener über psychische Erkrankungen zu sprechen und Aufklärungskampagnen zu unterstützen, Möglichkeiten der Prävention zu stärken sowie auch die Forschung zu diesem Thema zu fördern.

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4. 158.500 Beschäftigte in der Fleischbranche

Ernährung und Landwirtschaft/Antwort

Berlin: (hib/EIS) Im Juni 2016 waren 158.500 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte im Bereich "Schlachten und Fleischverarbeitung" in 8.700 Betriebsstätten erfasst. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (18/12726) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/12458) zu Arbeitsbedingungen in der deutschen Fleischwirtschaft hervor. Betrieb im Sinne des Meldeverfahrens zur Sozialversicherung sei eine regional und wirtschaftsfachlich abgegrenzte Einheit, in der mindestens ein sozialversicherungspflichtig Beschäftigter tätig ist. Ein Unternehmen mit Filialen in verschiedenen Gemeinden bestehe aus verschiedenen Betrieben, die jeweils eine eigene Betriebsnummer hätten. Des Weiteren merkt die Bundesregierung an, dass der Deutsche Bundestag am 1. Juni 2017 das Gesetz zur Änderung des Bundesversorgungsgesetzes und anderer Vorschriften (18/12611) beschlossen habe. Mit dem darin enthaltenen Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft soll die Umgehungen der Pflicht zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen durch die Beauftragung von Nachunternehmern in der Fleischwirtschaft verhindert werden. Damit sei eine Unternehmerhaftung für Subunternehmerketten hinsichtlich der Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge eingeführt und der Schutz der Arbeitnehmer verbessert worden. Das Gesetz bedürfe aber noch der Zustimmung des Bundesrates.

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5. Fischmehlverbrauch in Aquakulturen

Ernährung und Landwirtschaft/Antwort

Berlin: (hib/EIS) Die kontrollierte Aufzucht von Fischen in Aquakulturen verursacht einen großen Verbrauch von Fischmehl und Fischöl. Nach Schätzungen der International Fish Meal and Fish Oil Organisation (IFFO) wurden im Jahr 2010 weltweit etwa 73 Prozent des Fischmehls und 71 Prozent des Fischöls für die Erzeugung von Futtermitteln für die Aquakultur eingesetzt. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung (18/12737) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (18/12440) über die ökologischen Effekte der Fischmehlproduktion hervor. In der Antwort heißt es dazu weiter, dass die Bundesregierung die Notwendigkeit der Verringerung des Fischmehlanteils im Futtermittel sehe und durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung die Forschung zu Alternativprodukten fördere. Allerdings sei beispielsweise der Anbau von Soja als alternativer Proteinersatz mit erheblichen Umweltproblemen verbunden.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 387 - 21. Juni 2017 - 15.35 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Juni 2017

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